Black, Jenna - Die Exorzistin Bd. 1 - Dämonenkuss
nicht entziffern.
Ich weiß nicht, wie lange ich dort oben in dem Baumhaus saß und vor Kälte und Angst zitterte. Irgendwann war ich mir halbwegs sicher, dass die Eindringlinge nicht zurückkommen würden, kletterte nach unten und schlich mich in mein Haus zurück. Ich rechnete damit, dass jeden Moment irgendjemand hinter einer Hecke hervorspringen würde, aber nichts passierte.
Sie hatten die Haustür abgeschlossen – was mir ziemlich seltsam vorkam für ein Kommando vermummter Einbrecher. Doch ich hatte einen Ersatzschlüssel unter der kleinen Hecke versteckt, die entlang der Hauswand verlief. Nicht unter einem dieser bescheuerten künstlichen Steine, unter dem jeder sofort nachgucken würde, der in das Haus eindringen wollte. Mein Ersatzschlüssel lag unter einem echten Stein.
Als ich wieder im Haus war, holte ich als Erstes meinen Taser und machte ihn feuerbereit. Eine Waffe in der Hand zu haben beruhigte meine Nerven etwas. Dann ging ich ins Wohnzimmer und rief die Polizei.
Die nächsten fünfzehn Minuten verbrachte ich damit nachzusehen, ob irgendetwas im Haus fehlte. Es überraschte mich allerdings herzlich wenig, dass das nicht der Fall war. Wenn das normale Einbrecher gewesen waren, dann war ich der Weihnachtsmann.
Kurz bevor die Polizei eintraf, ging ich schnell nach oben und riss die Notiz ab, die ich mir selbst geschrieben hatte. Ich riss auch gleich die nächsten drei Blätter von dem Block, nur zur Sicherheit. Ich erwartete nicht, dass die Polizei das Haus so gründlich durchsuchen würde, aber ich wollte auf keinen Fall, dass sie die Notiz fand. Sie wäre zu schwierig zu erklären gewesen.
Es war fünf Uhr morgens, als die Polizei das Haus wieder verließ. Ich hatte alles zu Bericht gegeben, woran ich mich erinnern konnte.
Die »Einbrecher« hatten nicht nur die Tür hinter sich abgeschlossen, sondern auch die Alarmanlage wieder eingeschaltet. Es sollte wohl so aussehen, als sei nie jemand da gewesen. Jetzt fiel mir auch auf, dass nicht nur kein einziger Gegenstand im Haus fehlte, sondern auch kein einziges Möbelstück verrückt war. Super. Unsichtbare Einbrecher.
Unsichtbare Einbrecher, die nichts mitgehen ließen, pro Nase zwei Kanonen trugen und in mein Haus eingedrungen waren, ohne die Alarmanlage zu beschädigen. Die Polizei glaubte, dass die Kerle wahrscheinlich meinen Sicherheitscode kannten und die Anlage einfach ausgeschaltet hatten.
Sie können sich darauf verlassen, dass ich den Code genau in dem Augenblick änderte, als der letzte Polizist zur Tür raus war. Sie können ebenfalls sicher sein, dass ich kein Auge zutat, so müde ich auch war. Ich verbrachte die frühen Morgenstunden damit, verängstigt und verwirrt auf meinem Sofa zu sitzen und mit glasigem Blick ins Leere zu starren. Das Schlimmste war, dass es niemanden gab, den ich um Hilfe bitten konnte. Nicht Val, die laut meinem Dämon oder meinem Unterbewusstsein – was immer Ihnen lieber ist -nicht wirklich meine Freundin war. Auch nicht meinen Bruder, aus demselben Grund. Und auch nicht Brian. Wenn mein ohnehin verzocktes Leben gerade dabei war, komplett den Bach runterzugehen, wollte ich wenigstens ihn da rauslassen.
Gegen Abend wusste ich, dass ich meinen Entschluss, Brian zu verschonen, nicht durchhalten konnte. Ich hatte den größten Teil des Tages im Büro verbracht und Berichte zu den Exorzismen angefertigt, die ich an Lisa Walker und Dominic Castello durchgeführt hatte. Ich bin sowieso nicht die Schnellste, was das Erledigen von Papierkram angeht, aber dass ich es trotz meines Schlafmangels schaffte, alles in nur acht Stunden fertigzubekommen, grenzte an ein kleines Wunder.
Normalerweise treffen Brian und ich uns eher selten unter der Woche. Er muss oft bis spät in den Abend hinein arbeiten, und ich bin viel auf Reisen. Und wenn wir beide am nächsten Morgen früh aufstehen müssen, macht es sowieso nur halb so viel Spaß. Aber bei dem Gedanken, nach Hause zu gehen, musste ich sofort an die drei Maskierten denken, die in mein Haus eingebrochen waren und danach sorgfältig hinter sich abgeschlossen hatten. Bei der Erinnerung gefror mir fast das Blut in den Adern.
Wie wahrscheinlich war es schon, dass das Ganze eine einmalige Sache gewesen war? Einbrechen, niemanden antreffen, wieder gehen und wegbleiben. Sicher doch.
Konnte ich darauf zählen, dass mir auch beim zweiten Mal die Flucht gelingen würde? Nein. Letzte Nacht hatte ich Riesenschwein gehabt. Trotz des unterbewussten Frühwarnsystems, das ich
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