Black, Jenna - Die Exorzistin Bd. 1 - Dämonenkuss
Gerade bei jungen, unerfahrenen Dämonen kommt es oft vor, dass sie von ihrer neuen Empfindungsfähigkeit auf besondere Weise fasziniert sind und selbst solche sinnlichen Erfahrungen noch als angenehm wahrnehmen, die ein Mensch als unangenehm oder sogar schmerzhaft empfinden würde.«
Unser Gesprächsthema behagte mir nicht – ich gebe mir zwar Mühe, tolerant zu sein, habe aber nicht immer Erfolg damit –, und ich wollte die Unterhaltung so schnell wie möglich beenden. Leider schien mein Mund von dieser Absicht nichts mitzubekommen und gab Lugh Gelegenheit, sich noch weiter auszulassen.
»Soweit ich es beurteilen kann, hat Adam seinen Spaß daran, wenn andere solche Erfahrungen machen – und nicht etwa er selbst.«
»Ich bin mir sicher, er findet beides faszinierend und aufregend.«
Ich erinnerte mich an die Schmerzensschreie, die Adam von sich gegeben hatte, als Dominic ihn auspeitschte, und daran, dass es mir damals keineswegs so vorgekommen war, als würde Adam das Ganze als »angenehm« empfinden.
Offenbar las Lugh meine Gedanken und gab mir eine Antwort auf die Frage, die ich nicht stellen wollte.
»Selbst für diejenigen, die von solchen Sinneserfahrungen fasziniert sind, existiert normalerweise eine Grenze, bis zu welchem Grad sie sie aushalten können. Ich nehme an, Adam hat Dominic ausdrücklich angewiesen, diese Grenze zu überschreiten. Zweifellos ist ihm sonst kein Weg eingefallen, wie er für sein Verhalten Buße tun könnte.«
Das ergab einen gewissen Sinn. Was sich zwischen den beiden abgespielt hatte, ließ sich nur als Bußritual deuten, und um als solches gelten zu können, musste es für den Büßer unangenehm sein. Ich behaupte nicht, dass ich alles verstand, was Lugh mir zu erklären versuchte. Zumindest kapierte ich jedoch, dass es keinen Sinn machte, Adams Verhalten anhand der menschlichen Psyche zu deuten.
Wahrscheinlich hat es durchaus sein Gutes, zu erkennen, dass man etwas nicht versteht. Es hält einen davon ab, voreilige Schlüsse zu ziehen, und schützt vor groben Fehleinschätzungen. Das hoffte ich zumindest.
»Nachdem du das alles weißt, wirst du freiwillig in Adams Obhut zurückkehren?«, fragte Lugh.
Meine hasenfüßigen Instinkte schrien entsetzt: »Nein!« Laut sagte ich jedoch: »Ich werde darüber nachdenken.«
Lughs Haltung wurde wieder angespannter. »Denk nicht darüber nach. Tu’s einfach.«
Dieser Ton gefiel mir überhaupt nicht. »Du magst König der Dämonen sein, aber meiner bist du nicht. Ich werde darüber nachdenken.«
Lugh stand auf. Das unheimliche Glühen kehrte in seine Augen zurück. »Ich schlage vor, du denkst ganz, ganz schnell nach.«
»Sonst …?«, fragte ich. Das war gar nicht widerspenstig gemeint – ich nahm nur den drohenden Unterton in seiner Stimme wahr und wollte gerne wissen, worin die Drohung bestand.
»Sonst muss ich meine Bemühungen wieder aufnehmen, im wachen Zustand Kontrolle über dich zu gewinnen.«
Ich sprang auf. »Wenn dir das möglich wäre, hättest du sie dir längst genommen.«
»Als es mir zum ersten Mal gelang, deine Träume zu beherrschen, versuchte ich nicht weiter, die Herrschaft über deinen Körper zu gewinnen. Wie dir vielleicht aufgefallen ist, habe ich ziemliche Fortschritte erzielt, was die Beherrschung deiner Träume angeht. Warum sollte ich nicht genauso schnell Forschritte machen, wenn ich mich wieder der Beherrschung deines Körpers widme?«
Meinem Magen gefiel diese Unterhaltung überhaupt nicht. »Du versuchst doch nur, mich einzuschüchtern, damit ich deine Anweisungen befolge. Aber das gelingt dir nicht.«
»Was glaubst du wohl, warum du heute Abend von diesen schrecklichen Kopfschmerzen geplagt wurdest?«
Entsetzt horchte ich auf, fing mich aber sofort wieder. »Das kommt vom Stress.«
»Oder wenn man innerlich mit einem Dämon ringt.«
Ich schluckte trocken. »Du hast versucht, die Kontrolle über mich an dich zu reißen, und deswegen hat mir der Kopf weh getan?«
»Genau. Ich hatte gelobt, mich nicht stärker in dein Leben einzumischen als unbedingt nötig, aber wenn du vor der einzigen Person wegläufst, die dir helfen kann, sehe ich mich gezwungen, dich vor deiner eigenen Dummheit zu schützen.«
Jetzt knurrte ich ihn an. »Ich kann verdammt gut auf mich selbst aufpassen! Halt dich gefälligst da raus.«
»Selbst wenn ich könnte, würde ich das nicht tun. Muss ich dich daran erinnern, dass hier mehr auf dem Spiel steht als dein Leben? Bist du wirklich so engstirnig?«
»Ja!«,
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