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Black Jesus

Black Jesus

Titel: Black Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Felice
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nicht?«
    »Entschuldigung. Was schrieb er denn?«
    »Willst du es wirklich wissen?«
    »Wirklich. Bitte erzähl’s mir.«
    »Die Frau, der er die Ehe versprochen hatte, war in Wahrheit eine deutsche Spionin. Und sie machte das so gut, dass man keine Spur Deutsch raushörte, wenn sie Amerikanisch sprach. Aber weil er ein Patriot war, vergiftete er sie, obwohl er sie noch immer liebte. Und dann fuhr er zum Meer und warf ihren Körper hinein.«
    »Und da hat der Wal zugeschnappt?«
    »Nun sei nicht so voreilig.«
    »Entschuldigung.«
    »Wo war ich? Also, er warf sie gerade ins Meer …«
    »Whitey?«
    »Was ist?«
    »Kannst du mich rauslassen? Ich glaub, mir wird gerade schlecht.«
    Und in diesem Moment klopft es an ihrer Tür.
    »Wer ist da?«, fragt sie, wirft ihre Zigarette aus dem Fenster und fährt mit der dünnen Hand durch die Luft, um den Rauch zu vertreiben.
    »Ich bin’s, Ma.«
    »Joe Boy?«
    »Wer nennt dich sonst noch Ma?«
    »Gib mir eine Minute. Ich bin noch nicht richtig angezogen«, lügt sie und humpelt mit ihrer Gehhilfe zur Kommode am Bett, wo sie ein »Georgia Pfirsich«-Raumspray versteckt hat. Doch auf halbem Weg hält sie inne und sagt zu sich selbst: Was für einen Unterschied macht das noch? und ruft ihrem Sohn zu: »Okay, du kannst reinkommen. Ich bin empfangsbereit.«
    Ihr groß gewachsener Sohn tritt ein und sagt mit einem Lächeln: »Ich danke Ihnen, meine Königin.«
    Er schaut sie an, wie sie da in der Mitte des traurigen kleinen Zimmers steht, und als sich ihre Augen treffen, entdeckt er etwas, das er noch nie gesehen hat.
    »Hast du geraucht?«
    »Jawohl, Kommandant«, versucht sie zu scherzen. »Sie haben mich auf frischer Tat ertappt.«
    »Was ist passiert, Mama?«
    Sie lässt sich Zeit mit der Antwort und humpelt zum offenen Fenster, von dem aus sie die Hartriegelbäume im Garten sehen kann, die weißen Blüten und die Blätter im Wind.
    »Er klopft an meiner Tür, Joe Boy.«
    Der Hilfssheriff weiß genau, wovon sie spricht, bringt es aber nicht übers Herz es auszusprechen. »Wovon redest du, Ma?«
    »Ich wollte es dir nicht erzählen, bevor die Auswertung der Untersuchung reinkam und ich mir ganz sicher bin.«
    »Dass du sterben wirst?«
    »Nicht sofort.«
    »Und wann?«
    »Das weiß nur der Große Geist, nicht wir.«
    »Mama, hör bitte mit dem Hokuspokus auf. Bis wann haben sie dir denn gegeben?«
    »Er sagt, dass der Krebs mit ’ner Chemo ganz verschwinden könnte, ich aber zumindest fünf, sechs Jahre bekommen sollte.«
    »Wann fängst du mit der Chemo an?«
    »Ich werde nicht anfangen.«
    »Du machst Scherze.«
    »Nein, Sir. Großes Indianerehrenwort.«
    »Wie kannst du darüber Witze machen?«
    Das belustigte Grienen verschwindet aus ihrem Gesicht. Sie schaut ihren Jungen an, die Nachmittagssonne in ihrem Rücken, der Wind in ihrem silbernen Pferdeschwanz. »Ich weiß keinen anderen Weg, um es dir auf angenehmere Art und Weise beizubringen.«
    Worauf er zu weinen beginnt.
    »Oh, Joe. Bitte. Ich kann’s nicht mitansehen, wenn du traurig bist.«
    Ihr Sohn bringt kein Wort heraus. Dieser stechende Schmerz im Kehlkopf, die trockene Zunge, der unerklärliche Mangel an Sauerstoff – all die Dinge, die wir selbst schon erlebt haben.
    »Die Wunder der Chemotherapie – ich hab sie alle gesehen. Es ist immer das Gleiche: Man stirbt so oder so. Wenn deine Zeit gekommen ist, ist sie gekommen. Hier im Altersheim lernt man Leute kennen und freundet sich an, man sitzt in der Cafeteria, spielt Bridge oder schaut sich vielleicht einen Film im Fernsehzimmer an.« Bea hält inne, ihre Augen wandern zum Boden, feuchte Glaskugeln, mit Erinnerungen gefüllt – ein Kriegsfilm, ein Wagenrennen, ein Starlet, das barfuß am Strand tanzt –, und dann sagt sie: »An einem Tag sitzt man mit ihnen zusammen – und am nächsten Tag sind sie plötzlich weg.«
    Joe hockt auf ihrem Bett und rutscht unruhig hin und her. Die Bettfedern quietschen, eine weiche Decke, der vage Geruch von Pfirsich und Tod. Plötzlich klingelt sein Handy: We will,we will rock you.
    »Geh lieber ran, Joe.«
    Er schüttelt den Kopf, während die Tränen seine hohen indianischen Backenkochen herunterrinnen. We will, we will rock you.
    »Es könnte was Wichtiges sein.«
    »Es ist meine Freundin.«
    »Die vom Dairy Queen?«
    Er nickt.
    »Ich glaube, du solltest mit ihr sprechen«, sagt Bea.
    Joe bemüht sich, sein inneres Gleichgewicht zu finden, und klappt sein Motorola auf.
    »Hallo?«
    »Joe?«
    »Ja, ich bin’s.«
    »Du

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