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Black Jesus

Black Jesus

Titel: Black Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Felice
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Mädchen, das neben ihm atmete und mit ihren Zähnen knirschte.
    Er warf sich einen Morgenmantel über, ging durch das Loft und setzte sich mit seinem nackten Hintern auf sein Lieblingssofa. Das schwarze Leder fühlte sich angenehm kühl an. Auf dem Kaffeetisch lagen seine großen Kopfhörer. Er stülpte sie über und legte ein neues Album auf, das er schon seit geraumer Zeit immer zur Seite geschoben hatte. Irgendwelche Indie-Rocker aus Montreal. Er hatte seinem Redakteur versprochen, die Rezension heute Morgen zu liefern. Also fing er an, sich ein paar Stichworte aufzuschreiben: überambitioniert, überproduziert, oberflächlich, Leute, die zu viel Roxy Music gehört haben. Als er sich bis zum fünften Track vorgekämpft hatte, fühlte er sich nur noch übel.
    Nun steht er im Badezimmer, seine blassen Füße auf den Fließen, sein Morgenmantel weit offen, wie die Tür zu seinen inneren Geheimnissen. Im großen Spiegel mustert der Kritiker Ross Klein den Kritiker Ross Klein von oben bis unten. Und beide stoßen ein bizarres Lachen aus.
    Am Rand des Waschbeckens steht ein ledernes Rasierset: ein glänzendes Messer und ein Quast in einem abgegriffenen Lederetui. Letztes Jahr hatten sie ein paar Sachen aus Jim Morrisons Nachlass versteigert – Sachen von damals, als man ihn tot im Badezimmer seines Pariser Apartments fand. Und weil er gelangweilt war und voll auf Koks, hatte er sich an der Auktion beteiligt – und den Krempel tatsächlich gewonnen. Es hatte ihn mehr gekostet, als seine Putzfrau im ganzen Jahr verdiente.
    Der schmale Metallgriff des Rasiermessers hat eine elegante Krümmung, fast schon provokant, mit einem leichten Schwung wie eine Tänzerin. Als ihn der Mann im Spiegel zu seinem Gesicht führt, hört er, wie das Mädchen, von dem er noch nie gehört hat, ihm etwas aus dem Bett zuruft. Ihre Stimme klingt wie die eines Kindes, weit weg.
    »Ross«, gurrt sie, aber er antwortet nicht. Stattdessen spricht er mit dem Spiegel. »I’m yourprivate dancer«, singt er mit wirren Augen, »A dancer for money, I’ll do what you want me to do. I’m your private dancer, a dancer for money, any old music will do.«
    »Ross?«, ruft das Mädchen wieder. »Komm wieder ins Bett.«
    Was das Mädchen aus Florida nicht weiß: Unter dem Bett steht eine Kiste mit elfenbeinfarbenen Ballettschuhen, die Kreide noch immer sichtbar.
    »I’m your private dancer«, singt Ross in den Spiegel. »A dancer for money«, singt er und berührt mit der Klinge sein Gesicht. Kein Rasierschaum. Kein Grund zur Sorge. Er drückt zu. Schneidet ins Fleisch. Ins Gesicht, das er hasst. Schnibbel ruhig rum. Du kannst nach Herzenslust schnibbeln. Und schon schießt das Blut, schießt, als käme es aus einem Zapfhahn.

Gay Paris, New York
    GAY PARIS, NEW YORK
    Auf einem fremden Sofa aufzuwachen, ist ein Gefühl, das jeder Tagträumer kennt. Fliege auf deiner Hand. Das ungewohnte Licht. Fliege auf deinen trockenen Lippen. Sieben mittelschwere Albträume, die sich vermischen wie nasse Farbe im Regen, einer alltäglicher als der andere. Fliege auf deinen ungekämmten Haaren.
    Wo bin ich? Riecht seltsam hier. Ein unglaubliches Durcheinander, diese Kisten, der Kleiderständer, die Schaufensterpuppe mit ihrem Chiffon-Kleid und der violetten Perücke – vielleicht weiß sie ja mehr als ich? Es ist totenstill hier, aber nein, da ist das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos, und noch eins. Jetzt wieder völlige Stille. Ein Vogel. Mein Kopf tut weh. Ist das eine Softdrinkmaschine da drüben? Warum habe ich das Gefühl, schon mal hier gewesen zu sein? Wer hat die Decke über mir ausgebreitet?
    »Hallo«, sagt sie in den modrigen Raum hinein, noch immer auf dem Sofa liegend, den Kopf leicht zur Seite gewandt, ihre Augen auf das abgedunkelte Fenster mit den Aluminiumjalousien gerichtet.
    Niemand antwortet. Doch dann hört sie Schritte und Bewegungen über sich. Da oben scheint jemand zu sein. Sie muss an Flowers In The Attic denken, diesen Horrorfilm, und zittert. Sie richtet sich auf, bewegt langsam ihr verletztes Bein und schlägt die alte Strickdecke um ihren Oberkörper.
    »Hallo«, sagt sie noch einmal und reckt ihren Kopf, um der Quelle dieser Geräusche auf die Spur zu kommen. Sie braucht nicht lange zu suchen, um die Öffnung in der Decke zu sehen und die Leiter, die von dort aus hinunter zum Fußboden führt. Und schon kommen die wuchtigen Stiefel hinunter, Sprosse für Sprosse, dann die graue Jogginghose – wie ein zweitklassiger

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