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Black Mandel

Black Mandel

Titel: Black Mandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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wie ich umständlich aus dem Beichtstuhl herauskletterte. Mit mir stieg auch ein Geruch heraus. Und der Geruch vom Reisinger war ein Nichts dagegen.
    Natürlich hab ich meinem Vater das nicht ausgerichtet, und natürlich hat der Gneissel in meiner Gegenwart auch nie wieder ein Wort über mein Outing verloren, aber ich bin mir sicher, tief in den Annalen unserer Kirchenchronik ist es notiert und wird irgendwann gegen mich verwendet werden. Entweder das Schwulsein oder die Lüge darüber. Oder die Flatulenz. Spätestens beim Jüngsten Gericht.
    Ich habe heute noch ein schlechtes Gewissen. Das können die nämlich. Das haben sie gelernt, dazu hat man sie ausgebildet im Priesterseminar. Und Typen wie der Gneissel sind ihre Elite. Um den Leuten ein schlechtes Gewissen einzureden. Manche Leute wollen sich ein Leben lang von so einem schlechten Gewissen befreien und schaffen es nicht. Mit Gewalt probieren sie es dann, so wie der Mandel in Norwegen. Der wollte den Katholizismus in sich mit aller Gewalt auslöschen.

4: VILDE
    Es war schon fast wieder dunkel, als ich aufwachte. Der Mandel war nicht da. Ich wusste kurz nicht, wo ich war, aber nachdem ich mir den Kopf an dem sinnlos langen Schreibtisch angehauen hatte, fiel es mir wieder ein. Ich griff nach meinem Telefon, um nach der Uhrzeit zu sehen. Es war halb sechs Uhr abends. Ich schrieb Maria eine Nachricht, dann stand ich auf und putzte mir die Zähne. Der Strahl aus dem Duschkopf war so stark, dass ich mich danach wie verprügelt fühlte. Der Mandel hatte seine Sachen schon in den Schrank geräumt, und es blieb nur noch wenig Platz für meine. Ich sah aus dem Fenster hinunter auf den menschenleeren Parkplatz des Studentenheims. Es regnete. Über die Hälfte der Parkflächen war nicht besetzt. Ich verließ das Zimmer und ging den engen und ewigen Gang hinunter. Fast am Ende, auf der rechten Seite, befand sich eine Art Aufenthaltsraum mit einer Gemeinschaftsküche. Die Tür stand offen. Ein paar junge Männer sahen sich ein Fußballspiel an. An der Wand hing eine australische Flagge. Ich sagte Hallo, aber niemand schien mich zu hören. An der hinteren Wand des Aufenthaltsraums stand ein Getränkeautomat. Ich hatte Durst, aber keine Norwegischen Kronen. Ich verließ den Aufenthaltsraum wieder und ging weiter bis zum Aufzug. Wir waren im dreizehnten Stock des Hochhauses in Block D untergebracht, den man auch den Partyblock nannte, wegen seiner ausufernden Studentenfeiern, hat mir jemand im Nachhinein erzählt. Angeblich ging hier dreimal in der Nacht der Feueralarm los, aber in den Nächten, die wir in Block D verbrachten, blieb es totenstill. Es war ja auch Ostern. Als sich die Tür vom Aufzug öffnete, stand der Mandel mit einer Einkaufstüte vor mir. Die Aufzugkabine, aus der er trat, war überall mit schwarzem Edding beschmiert. Über dem Kopf vom Mandel stand God is deaf.
    »Wo warst du denn?«, fragte ich.
    »Im Safari-Supermarkt und bei der Zimmerverwaltung«, sagte der Mandel.
    »Was ist ein Safari-Supermarkt? Hast du einen Tropenhelm gekauft?«
    »So heißt der Supermarkt auf dem Gelände«, sagte der Mandel humorlos.
    »Was hast du gekauft?«, wollte ich wissen.
    »Zigaretten und Dosenbier.«
    Ich sah, dass er einen Schokoriegel in der Hand hielt.
    »Machen wir heute noch was?«, fragte ich.
    »Wir könnten in die Innenstadt fahren«, schlug der Mandel vor.
    Eigentlich wollten wir zu dem netten Hafenviertel, von dem ich gelesen hatte, aber es war schon dunkel und regnete mittlerweile in Strömen, und bei so einem Wetter bringt einem das netteste Hafenviertel nichts. Das Navigationsgerät fand immer noch kein Signal. Es zeigte eine schwarze leere Fläche an und in der Mitte das Symbol für unser Auto. Der Mandel erinnerte sich an den Weg zur Nirvana–Pizzeria, die in der Nachbarschaft vom netten Hafenviertel lag, wie sich herausstellte. Im Nirvana-Orient nahmen wir zwei Portionen vom angeblich besten Kebab der Stadt mit und aßen im Auto. So gut war das Kebab allerdings nicht, vor allem von der Kräutersoße hab ich Stunden später noch aufstoßen müssen. Eigentlich wollten wir danach am Hafen entlanglaufen, aber es regnete immer noch stark.
    Zurück im Hostel setzte sich der Mandel in den Aufenthaltsraum, trank die erste von drei Dosen Hansa-Bier und schaute mit den Australiern Fußball, ohne sich mit ihnen zu unterhalten. Ich nutzte die Zeit, um meinen Laptop aus der Tasche zu holen und ins Internet zu gehen. Der Mandel hatte auf dem Weg zum Safari-Supermarkt

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