Black Mandel
ist ein New-Media-Detektiv«, sagte Vilde.
Während der Mandel im bürgerlichen Paralleluniversum des internationalen Black-Metal-Stars Baalberith ermittelte, war ich mit dessen Bandkollegen Abbadon und Balrog in ein kleines Café gegangen. Die beiden hatten sich mit ihren Fantasienamen vorgestellt, und ich habe die echten Namen zwar nachgeschlagen, aber sofort wieder vergessen. Wie soll man sich auch diese Unmenge an Namen merken. Wir bestellten Croissants und schwarzen Kaffee mit kalter Milch in einer kleinen Kanne. Außen an der Bäckerei stand godt brød .
»Wir hätten auch rüber ins Garage gehen können«, sagte ich.
»Nein, bloß nicht. Das endet nur damit, dass irgendwelche Puristen eine Grundsatzdiskussion mit uns anfangen oder ein paar Austauschstudenten ein Autogramm wollen. Nein, danke«, sagte Balrog, der Bassist, der mit seiner Glatze und dem Ziegenbart ein bisschen aussah wie Scott Ian von Anthrax.
Den Gitarristen, Abbadon, fand ich für die Musikrichtung authentischer. Mit seinem buschigen, ergrauten Vollbart und den langen und aschblonden Schnittlauchhaaren sah er grade barbarisch genug aus, um dem Klischee vom norwegischen Rock’n’Roller zu entsprechen. Seine Lederjacke war so verschlissen, als trüge er sie seit Anbeginn der Zeit. Abbadon biss in ein Croissant und sagte: »Scheiße, das ist doch von gestern«, während Balrog konzentriert in seinem Cappuccino herumrührte.
»Wie war denn der Auftritt?«, fragte ich.
»Ganz okay«, sagte Abbadon. »Mir ist die ganze Scheiße ins Gesicht gelaufen. Hätte nicht die billige Clownschminke kaufen sollen. Lektion von früher nicht gelernt.«
»Was nimmt man denn sonst?«, fragte ich, weil es mich interessierte.
»Na, Theaterschminke, blöde Frage«, sagte Abbadon.
»Warst du nicht auf dem Konzert?«, fragte mich Balrog, ohne von seinem Gerühre aufzuschauen.
»Wir hatten ein Problem mit der Gästeliste«, log ich.
»Hättet nur was sagen müssen«, sagte Abbadon und warf sein Croissant nach der Verkäuferin, die sich im letzten Moment duckte.
»Dafür bezahl ich nichts, Anne«, rief Abbadon ihr zu, bevor er sich wieder an mich wandte:
»Wir wollten die alten Kreuze aufstellen und ein paar Models dranheften, aber die Stadt hat uns das in letzter Sekunde verboten, weil irgendwelche christlichen Fundamentalistenarschlöcher Drohbriefe an den Bürgermeister geschrieben haben. Wenigstens haben wir ein paar Schafsköpfe aufgespießt. Allerdings waren die schon geschoren und vorher eingefroren. Wir mussten sie auftauen, und es kam nicht mehr viel Blut raus. Baalberith hat sich zur Wiedergutmachung den Arm aufgeschlitzt wie in alten Zeiten. Die Leute in der ersten Reihe waren voller Blut.«
Abbadon lachte ausgelassen, und ich lachte einfach mit, während Balrog jetzt mit einer Schachtel Streichhölzer spielte, indem er jedem Streichholz millimetergenau mit einem Messer den Kopf abtrennte.
»Wie war Baalberith denn an dem Abend so gelaunt?«
»Sehr gut! Er hat backstage ein paar gute Witze erzählt. Wir haben viel getrunken.«
»Ich nicht«, sagte Balrog, während er die geköpften Hölzer sauber nebeneinander aufreihte.
»Natürlich, du nicht«, sagte Abbadon verächtlich.
»Seine Schwester sagt, Baalberith trinkt gar nicht mehr«, sagte ich.
»Vilde sagt das? Sie muss es ja wissen«, sagte Balrog und schmunzelte in sich hinein.
»Und nach dem Konzert seid ihr alle nach Hause?«, fragte ich.
»Wir waren noch ein, zwei Stündchen backstage, aber dann sind wir alle gegangen. Balrog hat mich mit dem Auto mitgenommen. Wir haben uns alle am Hintereingang verabschiedet. Unser Schlagzeuger, den kannst du fragen, der hat Cristian nach Hause gefahren«, sagte Abbadon.
»Ihr habt nach dem Konzert also nicht mehr woanders weitergefeiert?«, fragte ich.
»Wir haben ja Familien, die den Feiertag mit uns verbringen wollen. Kennst die Scheiße ja sicher«, sagte Abbadon.
»Ja, beziehungsweise eher nein«, sagte ich. »Wer war denn sonst noch hinter der Bühne?«
»Die üblichen Verdächtigen«, sagte Abbadon.
»Wer sind die üblichen Verdächtigen?«
»Ach, ein paar Journalisten, ein paar Fans der ersten Stunde und ein paar Musiker. Etliche Leute von früher.«
»So wie Skull?«
»Ja, stimmt, der war auch da. Das hat mich auch gewundert, denn Skull ist nicht gut auf mich zu sprechen.«
»Warum?«, fragte ich.
»Als wir gerade bekannter wurden, habe ich ihm ein exklusives Vorabhören der neuen Platte abgesagt, weil unser damaliges Management
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