Black Mandel
Abbadon sah mich an, als wollte er meine gesamte Verwandtschaft auffressen.
»Das sind schon ganz schöne Affen, da habt ihr natürlich Recht«, sagte ich. »Aber die Sache ist über fünfzehn Jahre her.«
»Aber er hat sich nie entschuldigt«, sagte Abbadon.
Ich sah zu Aasen hinüber, der immer noch seinen Baseballschläger in der Hand hatte.
»Komm schon, Gunarr«, sagte ich.
»Ich muss mich doch von denen nicht als Arschloch bezeichnen lassen.«
»Für sie ist es sicher auch ärgerlich gewesen«, sagte ich.
»Ja, ja, es tut mir leid«, sagte Aasen und schaute in die Luft.
»Kannst du das noch mal laut und ohne das ja, ja wiederholen?«, sagte Abbadon.
»Er hat sich doch jetzt entschuldigt«, sagte ich.
»Lass gut sein, Jonas«, sagte Balrog.
»Fick dich, Aasen«, sagte Abbadon, und das bedeutete wohl: Entschuldigung angenommen. Aasen legte den Baseballschläger zurück ins Regal.
»Gut, dann ziehen wir uns mal alle um. Habt ihr mein Zeug dabei?«, fragte ich Abbadon.
»Komm her, Kleiner. Jetzt machen wir einen Mann aus dir«, sagte Abbadon und schlug mir grob auf den Rücken.
Die beiden hatten die Leichenschminke und einen Teil ihrer Bühnengarderobe mitgebracht. Ich ließ mich von Balrog mit Baalberiths Standard-Make-up anmalen. Die Grundierung war weiß, und um die Augen wurde mir eine schwarze Form geschminkt, die mich ein bisschen an diesen Wrestler aus den Achtzigern erinnerte, Ultimate Warrior. Das Schminken dauerte fast eine halbe Stunde, weil Balrog die Linien um die Augen ganz langsam und konzentriert mit einem feinen Pinsel zog. Danach entschied ich mich für ein Hemd aus glänzendem schwarzem Lederimitat. Abbadon lieh mir eines seiner Nietenarmbänder, von dem die Nägel gute zehn Zentimeter abstanden. Ich krempelte das falsche Lederhemd hoch und legte das Armband an. Es sah gut aus. Balrog schmierte Kunstblut um meinen Mund. Ich zog meine Jeans aus und zwängte mich in eine hautenge schwarze Lederhose, die nichts der Fantasie überließ. Balrog hängte mir ein Kreuz um, das vermutlich aus zwei menschlichen Knochen bestand. Am Querbalken war es mit Paketband zusammengebunden und am unteren Ende an einer Lederschnur festgeknotet, sodass man es nur verkehrt herum umhängen konnte, was sicher niemanden überrascht.
»Verdammt, jetzt haben wir keine Schuhe dabei. Er hat nur diese beschissenen blauen Turnschuhe«, sagte Abbadon zu Aasen, während er auf meine blauen Turnschuhe deutete.
»Ich filme euch eh nur in der Amerikanischen«, sagte Aasen, und das war Fachsprache für einen engeren Bildausschnitt.
»Hast du zufällig einen Spiegel?«, fragte ich Aasen.
»Du kannst durch die Kamera schauen«, sagte er und klappte den kleinen Monitor seiner Kamera nach vorne, sodass ich mich sehen konnte. Ich sah jetzt schon gefährlich aus, dabei hatte ich noch nicht einmal die Perücke auf.
»Ich habe noch keine Perücke«, sagte ich zu Balrog.
»Wir haben dir eine alte von Baalberith mitgebracht«, sagte Balrog und holte eine schwarze Langhaarperücke aus einer Plastiktüte. Ich setzte sie auf und schaute damit noch mal in die Kamera. Gefahr ging von mir aus. Wildheit und Gefahr. Ich konnte eben doch evil aussehen.
»Jetzt stellt euch vor diese Wand. Ich richte die Scheinwerfer aus. In der Post Production setze ich dann einen Wald hinter euch ein. Sigi, du musst in die Mitte, aber mit Abstand hinter den beiden, damit du weniger Licht abbekommst und man dich nicht erkennt.«
»Was soll ich mit meinen Armen machen?«, fragte ich.
»Verschränken«, sagte Abbadon.
»Was sollen wir überhaupt sagen?«, fragte Balrog.
»Ich hab einen Text vorbereitet, allerdings auf Englisch. Ihr müsst ja nur die groben Punkte wiedergeben«, sagte ich.
»Gib her den Scheiß«, sagte Abbadon und nahm mir das Blatt aus der Hand.
»Das ist für’n Arsch. Das ist viel zu sachlich. Wir sagen das so, wie wir wollen. Und auf Norwegisch«, sagte Abbadon.
»Also was denn jetzt?«, fragte Balrog, dessen Make-up nur aus einem weißen Gesicht und einer weißen Glatze bestand. Er erinnerte mich an eine weiße Version der Blue Man Group.
»Lass mich das einfach machen«, sagte Abbadon und rieb sich den Vollbart. Seine Schminke sah aus, als wäre er von einem wilden Tier gerissen worden.
»Und ich sag dann nichts? Ist das nicht ungewöhnlich für einen Bandleader?«, fragte ich.
»Du bist der Sänger, nicht der Bandleader«, sagte Abbadon.
Aasen betrachtete uns skeptisch von seiner Kamera aus.
»Du solltest schon was
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