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Black Mandel

Black Mandel

Titel: Black Mandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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Rock’n’Roll-Ausrüstungen in seinem Leben gesehen, aber selten so eine spartanische. Es imponierte ihm, dass hier auf jegliche Effekte verzichtet wurde. Offensichtlich kam selbst die Verzerrung der Gitarren nur aus dem Verstärker, es wurden keinerlei Fußschalter benutzt.
    Der Mandel ging jetzt zur anderen Seite des Schlagzeugs und öffnete den Gitarrenkoffer von Myklebust. Ein schmuckloser schwarzer Jazzbass von Fender befand sich darin, ein Stimmgerät und ein paar Kabel. Der Mandel hob den Bass leicht an und zog ein Stück Papier unter ihm hervor. Es war ein Computerausdruck mit einem architektonischen Grundriss.

Jemand hatte in unleserlicher Schrift und auf Norwegisch Anmerkungen mit einem schwarzen Kugelschreiber auf die Rückseite geschrieben. Als der Mandel das Blatt zusammenfalten und einstecken wollte, hörte er aus der gegenüberliegenden Ecke der Höhle ein Geräusch. Etwas schabte über den Steinboden. Der Mandel legte den Grundriss wieder in den Koffer und richtete den Strahl der Lampe auf die Ecke. Zunächst sah er nur die nackte Felswand, aber dann richtete er die Lampe nach unten und erschrak, wie er sich selten im Leben erschrocken hatte. Er blickte mitten in das kalkweiße Gesicht von Grimnir, der auf dem Boden lag, den Kopf in die Höhe gerichtet, als ob er sich in dem Strahl der Taschenlampe sonnte. Seine Augen waren leer, er hatte die Pupillen nach oben gedreht. Er hatte etwas von einem großen Insekt an sich. Der Mandel hat zugesehen, wie die Pupillen in Grimnirs Augen zurückgerollt sind und er sich von der Bauchlage aufreizend langsam auf die Knie gezogen hat und auf den Mandel zugekrochen ist wie ein Kleinkind. Seine langen schwarz gefärbten Haare waren nass und sein nackter Oberkörper mit Narben übersät, das war im sezierenden Weißlicht der Taschenlampe deutlich zu sehen. Sein verletzter Arm war nicht mehr verbunden und blutete wieder. Er hatte beide Hände auf den Boden gestützt, und eine davon lag auf dem kurzläufigen Gewehr, das er schon bei dem Anschlag auf die Bischöfin dabeigehabt hatte.
    »Hey, Olaf. Alles gut bei dir?«, fragte der Mandel, und ich weiß nicht, ob die freundliche Art in dem Moment die angebrachte war.
    Grimnir kroch weiter auf den Mandel zu wie ein kranker Hund. Aus seinem Mund lief Flüssigkeit. In einem anderen Kontext hätte man sagen können: Super Show, Gene Simmons weint Tränen der blanken Eifersucht.
    »Olaf? Grimnir?«, sagte der Mandel und wich einen Schritt zurück.
    Grimnir blieb auf den Knien und schleifte mit der einen Hand das Gewehr mit. Dann sang er es wieder. Dam-dam-da-da-da-dam-dam-dam-dam. » In-A-Gadda-Da-Vida « . Der Mandel wich noch weiter zurück und berührte schon fast mit der Kniekehle die Bassdrum. Grimnir hielt jetzt inne, und während er eine Hand auf dem Felsboden aufstützte, hob er mit der anderen das Gewehr in die Luft wie eine Trophäe. Dam-dam-da-da-da-dam-dam-dam-dam. Er schaute den Mandel mit einem Blick an, für den die Bezeichnung »wahnsinnig« schmeichelhaft gewesen wäre. Der Mandel stand vor der Bassdrum und rührte sich nicht. Aber man unterschätzt den Mandel, wenn man ihn für einen ausschließlichen Denker hält, nur weil er mal Journalist war. Der Mandel kann der Handgreiflichste sein, wenn man ihn provoziert, da kann man gerne den Kollegen Ben Nevermann auf den Zwischenfall bei Rock am Ring ansprechen, wenn sich die Gelegenheit mal ergibt. Im Mandel, der ja immer am gelassensten von allen tut, steckt tief drin ein Jähzorn ungeheuren Ausmaßes, auch wenn mir das nie einer glaubt.
    Als der Mandel sah, dass Grimnir dabei war, sich samt Gewehr zu erheben, schüttelte er für einen Moment seine gesamte Angst ab, trotzig wie ein Hund die Nässe vom Regen aus dem Fell, und trat Grimnir mit seinem rechten italienischen Lederstiefel ins Gesicht. Grimnirs Schmerzensschrei war schrill wie der eines kleinen Kindes, er kippte nach hinten und blieb regungslos liegen. Der Mandel muss also ziemlich gut getroffen haben.
    Dann lief der Mandel los, nur um sich gleich wieder auf den Boden zu werfen, durch die Spalte in den ersten Raum zu robben und von der aus im gebückten Gang ganz aus der Höhle hinaus. Er rannte an dem Wohnmobil vorbei in den Wald. Er rannte im Stockdunkeln zwischen skelettartigen Bäumen hindurch, die wie Slalomstangen im Weg herumstanden. Alles, was der Mandel dank seiner Taschenlampe sah, waren die kahlen, dünnen Baumstämme, und die sah er gerade rechtzeitig genug, um ihnen auszuweichen. Nach

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