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Black Monday

Black Monday

Titel: Black Monday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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kann zwei Herren dienen. Matthäus 6:24.«
    »Ist das dein Buch?«, fragt Gerard laut. »Oder gehörte es zum Inventar der Wohnung? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass du genau dieses Buch zufällig hier vorgefunden hast? Ziemlich gering, würde ich sagen.
    Hmmm. Herausgegeben in England. 1927. Aber damals gab es noch keine Filzstifte, das heißt also, jemand hat es später verschenkt. Der Schenker hat die Widmung geschrieben. Ist der Schenker dir wichtig? Ist er der ›Meister‹, dem du dienst, Bartholomew Young?«
    »Sir?«, meldet sich Pettigout noch einmal. »Arnie sagt, die Leute im Park schwärmen aus.«
    Gerard hat ein Gefühl, als ob das Buch in seinen Händen elektrisch aufgeladen wäre. Mit Handschuhen Seiten umzublättern ist ziemlich schwierig, aber irgendwie gelingt es ihm, während er den Strahl der Taschenlampe auf das Buch richtet. Die Seiten hören auf, sich zu bewegen, als hätten sie einen eigenen Willen. Gerard sieht eine Porträtzeichnung.
    Es sieht aus wie das Gesicht im Zoo.
    Was in Gottes Namen … ?
    Denn der Mann auf dieser Zeichnung ist längst tot. Die Zeichnung wurde vor über fünfundachtzig Jahren angefertigt, als der Mann etwa Mitte zwanzig war. Der Mann auf dem Porträt hat kürzere Haare als der im Zoo, und er trägt eine Frisur, wie sie Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Mode war. Das Deckhaar lang, rechts gescheitelt, die Seiten kurz, die Ohren frei. Das Gesicht wirkt jugendlich mit seiner faltenlosen Haut, dem fein geschwungenen Kinn und Hals. Aber in dem Blick liegt Tiefe. Und Qual. Das linke Auge schielt leicht, vielleicht sieht es eine andere Wirklichkeit. Das rechte Auge blickt geradeaus, als sähe es jede brutale Wahrheit auf der Welt.
    Er hat was von einem Ururgroßvater gesagt.
    Gerard liest den Namen des Mannes auf der Zeichnung.
    Kann das sein?
    »Pettigout, machen wir, dass wir hier rauskommen!«
    Gerard nimmt das Buch und die anderen Beweismittel mit. Auf dem Weg nach draußen bleibt er vor der Tür der Nachbarwohnung stehen, ruft in die Dunkelheit hinein nach der Frau. Nichts rührt sich. Er betritt die Wohnung, versichert ihr, dass er ein Freund ist. Diese Wohnung ist größer, an den Wänden hängen große Landschaftsgemälde, wenn auch schief. Er öffnet eine Tür und geht in die Küche. Der Gasgeruch ist überwältigend. Neben einer umgedrehten Kiste liegt zerbrochenes Porzellan.
    »Herr im Himmel.«
    Der Strahl der Taschenlampe huscht durch die Küche und hält auf einem Paar Schuhe inne, die aussehen, als stünden sie auf den Zehenspitzen. Der Strahl wandert an den Beinen entlang bis zum Backofen, in dem die Frau mit dem Oberkörper steckt.
    Sie kann nicht tot sein. Unmöglich, nach so kurzer Zeit. Aber als Gerard sie aus dem Ofen zieht, sieht er das blau angelaufene Gesicht, die aus den Höhlen getretenen Augen, die heraushängende Zunge. Auf seine Wiederbelebungsversuche reagiert sie nicht.
    Herzversagen.
    Zusammen mit Pettigout rennt er nach unten, sammelt die Kinder ein und hastet nach draußen.
    Inzwischen liegt noch mehr Schnee. In dem kleinen Park auf der anderen Straßenseite sind die Lichtkegel vieler Taschenlampen zu sehen. Gestalten bewegen sich zwischen den Bäumen wie Gespenster. In der Straße neben dem Gebäude hört Gerard die Pferde schnauben, wahrscheinlich haben die Soldaten sie dahin geschafft. Er treibt die Kinder zur Eile an.
    »Aber du hast uns doch hier aufgehalten«, sagt Paulo.
    Sie erreichen den Schlitten. Einer der Soldaten nimmt die Zügel in die Hand und versucht, die Pferde zu beruhigen. Der Mann kann offenbar gut mit Tieren umgehen. Vielleicht ist er auf einer Farm aufgewachsen.
    »Steigen Sie ein, Sir. Beachten Sie die Leute einfach nicht.«
    »Bringen Sie uns in die Marion Street.«
    Die FBI-Leute sind also doch nicht gekommen, denkt Gerard. Womöglich ist das FBI-Hauptquartier genauso verwüstet wie die Wohngebäude hier. Aus Richtung Innenstadt hört er Schüsse. Heute wird er seine Kinder auf keinen Fall noch einmal in Gefahr bringen.
    Ich will nur noch nach Hause. Ich werde den Soldaten im Zoo die Beweismittel übergeben, falls sie noch dort sind. Oder ich rufe Theresa an.
    Als sie losfahren, kommen die Leute aus dem Park über die Straße gerannt. Gerard stellt sich schützend vor die Kinder. Pettigout feuert ein paar Schüsse in die Luft ab, woraufhin die Leute schreiend auseinanderstieben.
    Annie sagt Gerard immer und immer wieder, wie leid es ihr tut, dass sie unbedingt zum Zoo wollte, und dass sie Paulo

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