Black Monday
hat er viel zu viel Wut im Bauch, und Gewalt war für ihn schon immer ein gutes Ventil.
»Los«, flüstert er in sein Mikro.
Von der Barrikade zur Linken hört er Jovitas tiefe, drohende Stimme in seinem Ohrstöpsel.
»Leg die Waffe auf das Autodach. Schön langsam. Und jetzt die Hände hoch.«
Großartig. Genau wie ich's ihr beigebracht habe.
Doch dann hört er zwei unerwartete, laute Geräusche sowohl über Funk als auch durch die Luft vom Auto her.
Eine wütende Männerstimme schreit: »Hilfe!«
Dann kracht ein einzelner Schuss.
Das war nicht vorgesehen, dass die sich wehren!
Als hätte dieser erste Schuss das Startsignal gegeben, krachen jetzt Schüsse an beiden Enden der Straße. Diese Idioten! Warum ergibt sich die Marion Street nicht? Seinen Leuten hat er eingeschärft, keine Munition zu vergeuden und leise aus dem Hinterhalt zuzuschlagen.
»Bleibt hinter den Barrikaden!«, schreit er in sein Mikro.
Verdammt, warum hört nie einer auf ihn?
Gordon wendet sich Basil und Lester zu, die unter ihren Balaklavas kreidebleich geworden sind. Auch sie haben nicht mit Gegenwehr gerechnet. Aber Gordon hat so was schon erlebt.
»Folgt mir«, befiehlt er ihnen. »Und tut, was ich euch sage!«
Gerard springt nackt aus dem Bett, schnappt sich die Beretta, schlüpft in Hose und Schuhe. Marisa ist bereits barfuß aus dem Zimmer gestürzt, die nackte Höhlenmama auf dem Weg, um ihre Höhlenkinder zu retten. Er hört, wie sie ihnen zuruft, die Köpfe unten zu halten. Unten angekommen, zieht er seinen Parka über den nackten Oberkörper, öffnet die Haustür und späht nach draußen.
Sein Herz klopft wie wild. Die Beretta in beiden Händen, hockt er sich zwischen Tür und Rahmen.
Der Strom ist ausgefallen, aber der Mond scheint und lässt den Schnee violett glitzern. Am Ende der Straße liegt eine Gestalt neben dem Honda der Cantonis, in der Dunkelheit weiter hinten blitzt das Mündungsfeuer von automatischen Waffen auf. Gerard erkennt den zweifarbigen Anorak des Mannes, der da im Schnee liegt.
Verdammt. Das ist Neil Kline.
Am anderen Straßenende liegt niemand am Boden, weshalb Gerard hofft, dass Les – der eben seine Schicht angetreten hat – unverletzt ist, aber hinter Gerards Subaru ist ebenfalls Mündungsfeuer zu sehen. Sie benutzen mein schönes Auto als Schutzschild, denkt er aufgebracht. Kugeln pfeifen durch die Luft, Splitter von Dachpfannen und Ziegelsteinen springen vom Haus der Higueras. Die Angreifer belegen das Haus mit Dauerfeuer. Ist Pettigout da drin? Plötzlich wirbeln überall Schneefontänen auf. Die Angreifer schießen wie wild um sich.
»Der Wachposten hat die Waffe fallen lassen!«, ruft einer der Angreifer hinter dem Subaru. »Ich hab sie!«
Gerards Gedanken rasen.
Das kann nicht er sein. Das ist nicht nur einer. Vielleicht eine Bande? Plünderer? Wissen die von unseren Ölvorräten?
Dann sieht er Angreifer in Armeejacken und Balaklavas – Soldaten, schießt es ihm durch den Kopf – um den Subaru herum in die Straße stürmen.
Sind das Meuterer wie in Las Vegas? Oder sind sie hinter den Beweismitteln her? Pastor Young hat gesagt, andere würden kommen.
Gerard lässt sich von der Veranda in die schmale Lücke zwischen Hecke und Haus gleiten. Schnee rieselt ihm in den Kragen und in die Schuhe. Es ist eiskalt. Gerard schlägt den Schnee von den Büschen, um besser sehen zu können.
Drei an Ninjas erinnernde Gestalten laufen durch den freigeschaufelten Weg die Straße hinunter. Sie werden an ihm vorbeikommen wie Schießbudenfiguren auf der Kirmes. Er hebt die Beretta mit beiden Händen. Er kann nicht richtig zielen, da seine Hände vor Aufregung zittern. Er drückt ab. Und noch einmal. Die Schüsse verstärken den allgemeinen Lärm. Eine der Gestalten stürzt. Eine zweite wirft das Gewehr in den Schnee und sackt in sich zusammen. Es sieht aus, als würde der Mann schreien, aber bei dem Tumult kann Gerard nichts hören. Zwei Soldaten hat er also erwischt. Der dritte, von Gerard überrascht, wirft sein Gewehr fort und flüchtet stolpernd zurück hinter die Barrikade.
Auf dieser Seite hab ich sie verjagt.
Vom anderen Ende der Straße sind lautes Geschrei und Schüsse zu hören. Im Schutz von Sträuchern und Hecken schleicht Gerard sich an. Es ist eine gottverdammte Invasion. Nach und nach verschafft er sich einen Überblick. Er sieht zwei Gruppen von Angreifern, die eine kommt um den Honda herum, die andere taucht neben Gails Haus auf. Die müssen durch ihren Garten gekommen
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