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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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ich.
    »Ja«, sagte er lächelnd, »das weiß ich.« Er trank einen großen Schluck Tee, wischte sich den Mund ab, dann stand er auf und rieb sich sein unrasiertes Kinn. »Tja«, meinte er, »dann mach ich mich wohl besser mal auf den Weg.«

    Später, so gegen sechs, als Mum kurz zum Eckladen an der St Leonard’s Road gegangen war, schlich ich mich in den kleinen Raum hinter der Küche, wo Dad seinen Wein hortet, und schnappte mir die am billigsten aussehende Flasche, die ich finden konnte. Dad mag Wein und es lagen eine ganze |45| Menge Flaschen da, deshalb dachte ich, die eine würde er bestimmt nicht vermissen.
    Anschließend ging ich wieder nach oben, versteckte die Flasche und machte mich fertig.
    Ich stellte Musik an –
Nevermind
von Nirvana.
    Duschte noch mal.
    Tat mir Deodorant unter die Arme.
    Wählte Klamotten aus – Combat-Shorts, Schlabber- T-Shirt , Turnschuhe, keine Socken.
    Zog mich beim nächsten Musikstück an –
Elephant
von den White Stripes.
    Betrachtete mich im Spiegel. Wechselte das Shirt, wechselte wieder zurück... wechselte die Shorts, wechselte wieder zurück...
    Und dann hing ich noch ein bisschen weiter rum – lag auf dem Bett und schaute, dass meine Sachen nicht allzu sehr verschwitzen... versuchte mir zu erklären, wieso ich so einen Aufwand trieb, warum mir so wichtig war, wie ich aussah, wieso ich so kribbelig und schräg drauf war...
    Wieso das alles?
    Wieso nicht?
    Pass auf...
    Halt die Klappe.

    Um fünf vor neun ging ich nach unten und schaute kurz ins Wohnzimmer, um mich von Mum zu verabschieden. Sie saß auf dem Sofa und schaute fern.
    »Ich geh dann«, sagte ich.
    »Okay«, antwortete sie lächelnd. »Hast du eine Jacke dabei, falls es regnet?«
    Ich zeigte ihr den Rucksack in meiner Hand und passte |46| auf, dass ich ihn nicht irgendwo anschlug. Ich spürte das Gewicht der Weinflasche in seinem Innern.
    Mum nickte. »Hast du dein Handy?«
    »Extra aufgeladen.«
    »Okay«, sagte sie. »Dann viel Spaß.«
    »Danke.«
    Sie lächelte. »Und tu nichts, was ich nicht tun würde.«
    Das sagt sie jedes Mal, wenn ich weggehe –
tu nichts, was ich nicht tun würde
. Ich hab noch nie verstanden, was das eigentlich heißen soll.

    Raymond wartete am Ende des Gartens auf mich. Black Rabbit war im Stall und Raymond stand bloß da und stierte durch den Garten. Er trug eine billige Jeans und ein schwarzes Kapuzen-Shirt mit Reißverschluss.
    »Ist dir da drin nicht zu warm?«, fragte ich.
    Er sah mich an. »Es soll später regnen.«
    Ich hielt den Rucksack hoch. »Kann ich den bei euch im Schuppen lassen?«
    Er nickte.
    Ich ging hinüber, nahm die Flasche Wein aus dem Rucksack, wickelte sie in eine Plastiktüte und warf den Rucksack in den Schuppen.
    Raymond tätschelte die Tasche an seinem Shirt und strahlte mich an. »Ich hab auch was.«
    »Was denn?«
    Er warf einen verstohlenen Blick aufs Haus, dann wandte er sich ab und beugte sich zu mir. »Rum«, flüsterte er.
    »Rum?«
    Er grinste. »Eine von diesen kleinen Fläschchen, du weißt schon... Taschenformat. Mum trinkt sie mit Milch.«
    |47| Ich starrte ihn an. »Rum mit
Milch

    Er nickte. »Das trinkt sie gern zu einer Schachtel Pralinen.«
    Es klang ziemlich abartig für mich, aber Raymonds Mum war schon immer ziemlich abartig gewesen. Einmal, als Raymond in der Schule sein Mittagessen auspackte, war die ganze Tupperdose voll mit Rosinen. Sonst nichts, nur eine Dose voll mit Rosinen.
    »Komm«, sagte ich zu Raymond. »Lass uns gehen.«
    Wir liefen den Fußweg entlang und dann die Straße hinauf.

    Es war echt schön, wieder mal unterwegs zu sein – die Sonne knallte noch immer herunter, Musik drang aus den offenen Fenstern... es lag so ein richtiges Samstagabendgefühl in der Luft. Es passierte was. Die Leute gingen aus oder machten sich fertig zum Ausgehen. Der Abend erwachte zum Leben.
    »Alles okay?«, fragte ich Raymond.
    Er lächelte mich an. »Ja.«
    Am Ende der Straße gibt es einen Weg mit einer Schranke davor, der zum Fluss hinabführt. Als wir uns näherten, kam ein abgerissener Typ mit schmuddeligen Rastalocken den Weg hoch und kletterte über die Schranke auf die Straße. Er war groß, in den Zwanzigern, hatte Piercings an den Augenbrauen, einen Ring in der Lippe und trug einen abgetragenen weißen Overall mit hochgerollten Hosenbeinen. Ich hatte ihn noch nie gesehen, doch als wir nach links zur St Leonard’s Road abbogen und der Typ an uns vorbei Richtung Hythe Street ging, nickte er Raymond zu. Raymond lächelte

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