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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Stella befreundet gewesen war. Sie hatten zusammen davon geträumt, Stars zu sein, hatten all diese Fantasien geteilt, wie es wohl wäre, und jetzt, als Stella es tatsächlich geschafft hatte, wollte sie mit Nicole nichts mehr zu tun haben. Sie rief nicht an. Sie schickte keine SMS, sie mailte nicht, sie beantwortete keine von Nics Nachrichten. Sie tat so, als würde sie Nic überhaupt nicht kennen.
    Bei Eric lag die Sache etwas anders. Kurz bevor Stella die Schule verließ, ungefähr zu der Zeit, als die Zeitungen anfingen, über sie zu schreiben, war Stella öfter mit Eric ausgegangen. Damals waren sie beide erst vierzehn, weshalb man nicht wirklich von einer Beziehung sprechen konnte, sie trafen sich einfach regelmäßig, gingen zusammen ins Kino... so was in der Art. Dann, eines Abends auf einer Tanzfete zum Trimester-Abschluss, als wir alle in der Aula rumhingen und warteten, dass irgendeine beschissene Provinzband endlich zu spielen begann, ging plötzlich eine Seitentür auf und Stella platzte heulend herein. Die Seitentür führte auf das Schulgelände hinaus, deshalb dachten wir alle, sie sei mit Eric da draußen gewesen und die beiden hätten sich gestritten oder so. Doch dann kam nach ein paar Minuten Eric durch dieselbe Seitentür und er wirkte unglaublich ruhig, geradezu gelassen. Ohne ein Wort zu irgendwem ging er durch die Aula, stieg auf die Bühne und trat ans Mikrofon. Alle schauten plötzlich auf ihn und fragten sich, was er verdammt noch mal vorhatte... alle außer Stella. Als Eric hereingekommen war, hatte sie ihn so hasserfüllt angesehen, |77| wie man es sich nur vorstellen kann. Und als sie sah, wie er auf die Bühne stieg, hatte sie sich umgedreht und war hinausgestürmt. Als Eric anfing ins Mikro zu sprechen, verstand ich, wieso.
    »Ich weiß nicht, ob das hier der richtige Zeitpunkt und der richtige Ort ist«, hatte er mit aus den Lautsprechern dröhnender Stimme verkündet, »und ich will auch gar keine große Sache draus machen. Ich möchte nur alle wissen lassen, dass ich schwul bin.«

    Auf all das spielte Pauly an jenem Abend in der Hütte an. Eric und Stella, ihre ganze Geschichte, die Fotos von ihr im Internet, die Tatsache, dass Eric schwul war... und noch viel mehr, die Folgen nämlich, das alles steckte in diesem einen dämlichen Satz:
Stella Ross, hä?
Du
hast dir ihre Fotos sicher nicht runtergeladen, was?

    Falls Eric sich von Paulys Bemerkung beleidigt fühlte, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Er bedachte ihn nur mit einem kurzen, nachdenklichen Blick, dann schüttelte er den Kopf und wandte sich ab.
    Pauly sah zu mir herüber. »Hast du sie gesehen, Pete?«
    »Wen?«
    »Stellas Fotos... die Fotos im Internet.«
    »Nein«, log ich.
    Er grinste. »Ich wette, du hast.«
    »Verdammt«, knurrte Nicole und reichte mir wieder den Joint.
    Pauly sah sie an. »Was ist?«
    »Du...«
    »Was
ich

    |78| »Du bist
besessen
von ihr.«
    »Ich bin nicht besessen.«
    »Doch, bist du. Du warst schon immer besessen von ihr. Auch bevor sie ihre Titten überall ausgestellt hat –«
    »Hat sie ja gar nicht.«
    »Mann«, sagte Nic, »du hast doch schon mit zwölf feuchte Träume von Stella Ross gekriegt.«
    Pauly grinste nicht mehr. »Ich weiß gar nicht, wovon du redest«, sagte er sauer.
    Nicole starrte ihn an. »Weißt du wohl.«
    Danach wurde alles still. Pauly starrte wieder zu Boden, Nicole zündete sich eine Zigarette an, ich drückte den kalten Joint aus und Raymond saß einfach bloß da und starrte ins Leere. Eric schien wegen irgendetwas besorgt. Die Zigarette zwischen seinen Fingern war zur Kippe heruntergebrannt, aber er merkte es nicht – er saß nur da, starrte in die Ferne und kaute konzentriert an seinem Daumennagel.
    Während ich ihn im flackernden Kerzenlicht beobachtete, schienen sich die Züge seines Gesichts zu verändern und für kurze Zeit sah er genauso aus wie Nicole. Ich hatte das schon einmal bei Eric erlebt. Auch wenn Eric und Nicole Zwillinge waren, sahen sie nicht genau gleich aus, meistens hatte Erics Gesicht sogar nur wenig Ähnlichkeit mit dem seiner Schwester. Physisch glichen sich beide schon sehr – gleiche Nase, gleicher Mund, gleiche Augen –, doch die so gleichen Züge fügten sich nicht zum gleichen Ganzen. Bei Nic wirkten sie schön. Doch bei Eric passten sie aus irgendeinem Grund einfach nicht richtig zusammen und genau das gab seinem Gesicht eine merkwürdige Beinah-Schönheit – weder hässlich noch schön, eher beides zugleich,

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