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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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haben doch längst Ihr Urteil über ihn gefällt, oder etwa nicht? Er ist ein kleiner
Irrer
, er ist zur selben Zeit verschwunden wie Stella, da
muss
er ihr ja was angetan haben. So ist es doch, oder? So einfach.«
    »Gar nichts ist einfach.«
    »Verdammt wahr«, sagte ich.
    Auf einmal sprang Dad aus seinem Sessel auf, kam zu mir herübermarschiert und ich wusste, dass ich zu weit gegangen war und er mich gleich anschreien würde... Doch als ich zu ihm aufblickte, war ich überrascht, denn er sah überhaupt nicht wütend aus. Er wirkte nur sehr besorgt und ein bisschen erschrocken. Und dann merkte ich plötzlich, dass ich weinte. Und ich war selber ein bisschen erschrocken, denn so hatte ich noch nie in meinem Leben geweint. Ich zitterte nicht oder bebte oder sonst was, sondern saß nur da, ganz still, und die Tränen strömten mir buchstäblich übers Gesicht...
    Und ich konnte einfach nicht rausfinden, ob sich die Tränen heiß oder kalt anfühlten.
    Wie Blut oder Schweiß.
    Und ich verstand nicht, wieso das wichtig war.
    Aber es war wichtig.
    Und das erschreckte mich zu Tode.

    |261| Dad entschloss sich, an diesem Abend nicht zum Dienst zu gehen. Ich sagte ihm, dass mit mir alles in Ordnung sei und er wegen mir nicht zu Hause bleiben müsse, aber er meinte, es sei nicht nur wegen mir, er müsse sowieso mit Mum über ein paar Dinge reden... was stimmen mochte oder auch nicht. Doch es lohnte nicht, darüber zu streiten.
    Jedenfalls rief er im Polizeirevier an und sagte, dass er nicht kommen würde, und danach blieb er fast den ganzen Rest des Abends mit Mum im Wohnzimmer. Eine Weile saß ich bei ihnen, trank Tee und nagte halbherzig an einem Sandwich, dann ging ich nach oben in mein Zimmer.
    Ich stellte den Fernseher an, legte mich auf mein Bett und schaute Nachrichten auf Sky Channel.

    Die einzige aktuelle Nachricht, die sie über Stella brachten, war, dass sie am Sonntagmorgen mit ihren Eltern nach Barbados hätte fliegen sollen, wo sie zusammen den zwanzigsten Hochzeitstag der beiden feiern wollten. Das war auch der Grund, weshalb ihre Eltern sie so früh als vermisst gemeldet hatten. Ihr Flug ging um neun Uhr und sie hatten um sechs Uhr morgens von zu Hause aufbrechen wollen. Als Stella um fünf Uhr immer noch nicht zurück war, hatten ihre Eltern versucht sie übers Handy zu erreichen, doch der Anschluss war tot – keine Antwort, kein Klingelton, keine Mobilbox, gar nichts. Daraufhin hatten sie angefangen herumzutelefonieren und jeden angerufen, der ihnen einfiel und vielleicht wissen könnte, wo Stella war. Nach einer Weile kristallisierte sich heraus, dass sie seit den frühen Morgenstunden von niemandem mehr gesehen worden war. Und da hatten sie die Polizei alarmiert.
    Das und die Tatsache, dass einige Kleidungsstücke an einem |262| Fluss in St Leonard’s gefunden worden seien, wo die Polizei noch immer die Gegend absuche, war das einzig Neue. Ansonsten bestanden die Nachrichten nur aus einem Aufguss aller schon bekannten Dinge. Es gab keine Bestätigung, dass die Kleidungsstücke Stella gehörten, das Blut wurde auch nicht erwähnt, also nahm ich an, dass die Polizei genauere Informationen bewusst zurückhielt. Was die Fernsehreporter natürlich nicht daran hinderte, Mutmaßungen anzustellen. Es gab Mutmaßungen hierüber, es gab Mutmaßungen darüber... Expertenmeinungen, unbestätigte Berichte, Diskussionen, Ansichten, Theorien, Hypothesen und jede Menge Filmmaterial, das Stellas Zuhause zeigte, den Kirmesplatz, den Park, den Auflauf am Ende der Hythe Street...
    Raymond wurde nicht erwähnt.
    Nichts über einen vermissten männlichen Jugendlichen.
    Und ich überlegte, ob das auch etwas war, was die Polizei versuchte geheim zu halten. Oder vielleicht war Raymond, wie es Dad zugegeben hatte, einfach keine
Nachricht
. Doch ich ging davon aus, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er eine war.

    Es war gegen neun, als mein Handy klingelte. Ich lag noch immer auf dem Bett, starrte in den Fernseher und versuchte das Ganze auf die Reihe zu bekommen...
    Ich klappte das Handy auf und hielt es ans Ohr. »Hallo?«
    »Pete?«
    »Ja.«
    »Hier ist Eric. Kannst du sprechen?«
    »Wie bitte?«
    »Kannst du sprechen? Ich meine, dein Vater ist doch nicht |263| bei dir, oder?«
    »Nein, ich bin allein.«
    »Super. Pass auf, ich wollte nur mit dir wegen Samstagnacht sprechen, du weißt schon... wegen der ganzen Scheiße mit Stella. Mist... hast du gesehen, was sie in den Nachrichten bringen? Anscheinend sind

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