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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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gesehen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Glaubst du, er hat was damit zu |279| tun?«
    Dad zuckte die Schultern. »Wer weiß?«
    Wahrscheinlich seine Mutter
, überlegte ich,
wahrscheinlich weiß seine Mutter Bescheid.
    Aber ich sagte nichts.

    Ich sagte danach eigentlich gar nichts mehr, sondern hörte nur zu, als Dad zu erklären versuchte, was in den nächsten Tagen zu erwarten sei. John Kesey hatte ihm noch keine Einzelheiten nennen können, doch sie waren sich beide sehr sicher, dass die Polizei über kurz oder lang mit der Befragung von Zeugen beginnen würde und dass ich dabei wahrscheinlich ganz oben auf der Liste stünde.
    »Sie werden mit jedem sprechen wollen, der an dem Abend mit Raymond zusammen war«, erläuterte Dad, »und genauso mit allen, die zu Stella Kontakt hatten. Diesmal wird es eine offizielle Befragung sein, deshalb werden sie dich aufs Revier bestellen und sie werden von dir eine schriftliche Aussage verlangen. Ich hab schon mit deiner Mutter geredet, sie wird dich begleiten.«
    »Kann ich nicht allein gehen?«, fragte ich.
    »Nein.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil es nicht geht«, antwortete Dad bestimmt. »Du musst jemanden dabeihaben und ich kann es nicht sein, also bleibt nur ein Anwalt oder deine Mutter. Und in diesem Stadium möchte ich Anwälte lieber aus der Sache heraushalten. Also wird deine Mutter mitgehen, ob es dir gefällt oder nicht. Okay?«
    »Ja, gut...«
    »John versucht mir Bescheid zu sagen,
wann
sie dich einbestellen |280| werden, aber es kann auch sein, dass er keine Chance hat, es herauszufinden.«
    »Wieso nicht?«
    »Nun ja, es ist kompliziert... gut möglich, dass sie uns offiziell Bescheid geben, aber es ist eine ungewöhnliche Situation, und auch wenn ich eigentlich nichts mit dir besprechen darf, können sie sich wahrscheinlich denken, dass ich es trotzdem tue, deshalb werden sie vielleicht ohne Vorwarnung aufkreuzen. Genau aus diesem Grund erzähl ich dir das jetzt alles.«
    Er erklärte mir weiter, wie die Befragung ablaufen würde – wie sie mit mir reden, was für Fragen sie stellen würden und wie ich mich verhalten sollte. Offenbar musste ich nur Ruhe bewahren und die Wahrheit sagen, dann würde alles gut.
    Kein Grund zur Sorge.
    Absolut kein Problem. So einfach.
    Sag einfach die Wahrheit...
    Und alles ist gut.

    Es war zu heiß zum Schlafen in dieser Nacht, und während ich im Bett lag und über alles Mögliche nachdachte – ich wollte mir darüber klar werden, wieso alles eben doch nicht so einfach war –, fühlte ich mich immer wieder von dem Porzellankaninchen auf der Kommode angezogen. Jedes Mal, wenn ich herüberschaute, sah ich seine Augen in der Dunkelheit schimmern und in der Luft lag ein Flüstern wie von einer Stimme, die näher kam... und jedes Mal, wenn ich wegschaute, hörte das lautlose Flüstern wieder auf. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wenn ich die Augen schloss, sah ich schlimme Dinge – unheimliche Dinge, Kopfgeburten, |281| verstörende Bilder, aufblitzende Lichter –, aber wenn ich die Augen offen ließ, sah ich andere Dinge – Kirmeslichter, Karussells, Kaninchenköpfe, Riesen. Und die ganze Zeit hörte ich irgendwo im Hinterkopf das Brummen von Fliegen.
    Ich lag still da und sog die Hitze der Nacht auf. Ich stellte mir vor, wie ich glühte. Ich breitete die Arme aus und malte mir aus, wie sich die Poren öffneten und mir der Schweiß herauslief und wie zusammen mit dem Schweiß auch die Fliegen aus meinem Kopf herauskämen... und wusste zugleich, dass das alles absurd war – mitten in der Nacht dazuliegen, ausgebreitet wie ein in Schweiß getränkter Jesus –, doch je länger ich dalag, desto weniger absurd schien es, und nach einer Weile spürte ich langsam, dass etwas geschah.
    Mein Kopf leerte sich.
    Die Fliegen verließen mich.
    Ich weiß nicht, wohin sie verschwanden, doch nach ungefähr einer halben Stunde merkte ich, dass die meisten weg waren. Und als ich in mich hineinsah, war das Bild viel klarer geworden – es gab nur noch die Umrisse zweier schwarzer Fliegen. Aber sie waren jetzt beide für sich und sie rührten sich nicht, deshalb konnte ich erkennen, was sie tatsächlich waren.
    Die eine war die Erinnerung an etwas, das ich gehört hatte, eine Stimme... eine Telefonstimme am vergangenen Abend. Es war Erics Stimme, die mich fragte, ob ich der Meinung sei, die Polizei würde mit uns über Stella sprechen wollen. Und als ich ihm gesagt hatte, dass das wahrscheinlich so wäre, hatte er gesagt:
Klar, das müssen

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