Black Rain: Thriller (German Edition)
sorgfältig ab. Er hatte natürlich recht. Gibbs’ wachsende Paranoia hatte diesen veranlasst, Moore nach Washington zurückzurufen. Und wozu? Es hatte nur alles schlimmer gemacht. In Moores Abwesenheit war sie verwundbar und schutzlos, genau wie es Hawker beschrieben hatte. Sie spähte über den Tisch. Vielleicht konnte er ihr tatsächlich helfen. »Sie würden mir also gern beistehen?«
Hawker nickte und verbeugte sich leicht. »Ich biete meine Dienste an, so bescheiden sie auch sein mögen.«
Sie zog unmerklich die Mundwinkel hoch. »Ihre Dienste«, wiederholte sie, nun interessiert. Sie beugte sich vor und rührte mit einem Strohhalm in ihrem Glas. »Und was verlangen Sie im Gegenzug für diese Dienste?«
»Ein Ticket nach Hause.«
»Eine Begnadigung?«, riet sie.
»Begnadigung erfordert eine Anklage und einen Schuldspruch. Nichts davon existiert in meinem Fall.«
»Was dann?«
»Einfach Klarheit.« Er gestikulierte in Ihre Richtung. »Leute wie Sie haben Freunde in hohen Positionen. Im Außenministerium, beim NSC und, ob Sie es zugeben oder nicht, überall in der CIA. Das sind die, die mich auf dem Kieker haben. Wenn die richtigen Worte gesagt, gewisse Zusicherungen gegeben werden, verschwindet das Problem. Dann kann ich wieder nach Hause und anfangen, ein normales Leben zu führen.«
Es fiel schwer, sich ihn als Menschen vorzustellen, der ein normales Leben führte. Es passte nicht zu ihm, es erschien nicht einmal möglich, dass er irgendwo Verwandte, eine Familie und Freunde haben könnte. In seiner Akte waren die entsprechenden Stellen geschwärzt, zum Schutz Unschuldiger natürlich, aber es vermittelte den Eindruck einer Person ohne Vergangenheit, als wäre er aus dem Nichts entstanden, bereits fertig ausgebildet als der Mann, den sie vor sich sah.
»Das ist also das Angebot – Sie helfen mir, die Sache zu Ende zu bringen, und ich bringe gewisse Leute dazu, Ihre Vergangenheit zu vergessen. Damit Sie zurück nach Kansas können, zu Toto, Dorothy und Tante Em? Habe ich das richtig verstanden?«
Er lachte. »Eher etwas mit einem Strand, und falls Dorothy dort ist, sollte sie einen Bikini tragen und ein kaltes Bier mit mir trinken, aber im Großen und Ganzen habe ich es mir so vorgestellt, ja.«
Es kostete sie nichts, das Versprechen abzugeben, aber sie war sich nicht sicher, ob sie es würde halten konnte, und in einem merkwürdigen Anfall von Gewissensbissen wollte sie nicht lügen. »Wie kommen Sie darauf, dass ich das alles bewerkstelligen kann? Ich finde ja nicht einmal heraus, was Sie eigentlich in diese Bredouille gebracht hat.«
»Wenn diese Sache so wichtig ist, wie ich glaube, haben Sie freie Hand. Die haben Sie wahrscheinlich jetzt schon. Sie wissen es nur noch nicht.«
Sie dachte darüber nach. Gibbs’ Besessenheit von dem Projekt legte den Schluss nahe, dass er recht hatte.
Hawker ließ sich weiter darüber aus. »Irgendwo in Washington gibt es eine Akte, die Sie nie zu Gesicht bekommen werden, und in einer Ecke wird ein Stempel sein: ORKF. Das sind die Parameter zur Erreichung des Missionsziels – ORKF: Ohne Rücksicht auf Kosten und Folgen. Es bedeutet, diese Sache ist der Expresszug, und alles andere hat aus dem Weg zu gehen. Sie wollen jemanden schmieren – erledigt. Sie wollen jemanden verschwinden lassen – erledigt. Sie wollen einen Deal mit einem tragisch missverstandenen, auf eine wilde Art gut aussehenden Flüchtling schmieden – schön, bringen Sie uns einfach, was wir haben wollen, und fragen Sie nicht, wieso.«
»Gut aussehend?«
Er sah sie in gespielter Enttäuschung an.
»Na ja, könnte schlimmer sein.«
»Der Punkt ist der, dass sie einem von solchen Dingen nichts sagen, wenn man draußen im Einsatz ist, aber nach einer Weile kapiert man es. Ich wette, Ihr ehemaliger Partner wusste Bescheid.«
Insgeheim gab sie ihm recht. Gibbs hatte ihnen alles bewilligt, was sie verlangten, ohne mit der Wimper zu zucken, alles, außer dass Moore bleiben durfte. Vielleicht hatte Moore tatsächlich zu viel gewusst. »Sie werden im Dunkeln tappen müssen.«
»Unter solchen Umständen bin ich immer am besten«, sagte er. »Verraten Sie mir einfach, was ich Ihrer Meinung nach wissen muss. Sie können damit anfangen, indem Sie mir Informationen über den Kerl liefern, den wir heute Nacht getroffen haben. Ich finde dann heraus, mit wem er zusammenarbeitet. Vielleicht kommen wir dahinter, wer ihn bezahlt hat oder über wen die Bezahlung erfolgte. Er schien ein nervöser Typ zu
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