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Black Rose

Black Rose

Titel: Black Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Black Rose
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ersten Mal gehört hatte, diese
Stimme, die man mehr fühlte als hörte, hatte Morrison ihr nicht widerstehen
können. Sie war wie ein warmer Sommerwind, wie er am Abend eines vollkommenen
Tages ins Zimmer weht und die Erinnerung an andere gute Tage weckt – oder mehr
noch: an all die guten Tage, die man verpasst hat. Deshalb begehrte Morrison sie,
das war der Grund, weshalb jeder Mann sie begehrte: Sie war jene eine, die
vorübergeht, die schöne Unbekannte, die man in einer Menge sieht, das Mädchen,
das man nie kennen lernt, die Frau, die alles hätte richtig machen können, die
einen glücklich gemacht hätte. Mit ihr zusammen hätte die ruhelose Suche nach dem
ewigen Neuen und Anderen, das man nie genau definieren kann, ein Ende gehabt.
Sex mit ihr hätte den Beginn einer Liebe einläuten können, den Beginn von
etwas, nach dem sich jeder Mann sehnt.
    »Du warst nie in ihn verliebt, oder?«
    »In Nelson? Nein.«
    »Du warst nie in jemanden verliebt, stimmt’s?«
    »Ja.«
    Morrison knöpfte sein Hemd zu und schlüpfte in seine Hose. Barfuß
und mit zerzausten Haaren tappte er in die Küche, riss die Kühlschranktür auf
und suchte nach etwas zu trinken. Es war nach Mitternacht, und er hatte am nächsten
Morgen einen anstrengenden Prozess vor sich. Wütend über sich selbst, wütend über
die Welt, brummte er ein paar Schimpfworte vor sich hin, knallte die
Kühlschranktür wieder zu und machte sich stattdessen eine Tasse Kaffee. Er
würde sowieso nicht schlafen können, also konnte er genauso gut arbeiten.
    Er hatte ihr gesagt, sie solle sich anziehen und gehen,
doch als sie in die Küche kam, hatte sie nichts weiter an als eines seiner
getragenen Hemden. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, es zuzuknöpfen.
Morrison schüttelte den Kopf. Kaum zu glauben, wie mühelos es ihr immer wieder
gelang, ihn alles vergessen zu machen – mit Ausnahme des einzigen, brennenden
Gedankens an sie.
    »Ich will dich nicht«, sagte er, als sie sich neben ihm auf
einen Stuhl setzte. Sie schlug die langen Beine übereinander. Er nahm einen
Schluck Kaffee. Das heiße Getränk verbrannte ihm die Zunge, die gerechte Strafe
für das, was er getan hatte.
    »Ich will dich nicht«, wiederholte er. Er musste lachen,
weil er genau wusste, wie albern und vergeblich seine Lüge war. »Und das ist
die Wahrheit, fast jedenfalls.«
    »Ich war nicht in Nelson verliebt. Nelson war das egal. Ich
bin nie in jemanden verliebt gewesen, und er wusste, dass ich es auch nie sein
würde. Aber du willst, dass ich in dich verliebt bin, nicht wahr? Du bist zwar
nicht in mich verliebt, aber du könntest es sein – aber nur, wenn ich in dich
verliebt bin?« Ein wissendes Lächeln huschte über ihre weichen Lippen. »Ich
kann mir vorstellen, dass sich viele Frauen in dich verliebt haben. Aber du … warst
du nie in eine von ihnen verliebt?«
    Morrison wollte gerade antworten, als sie ihm den Finger
auf den Mund legte. »Hast du all die vielen Frauen, mit denen du geschlafen
haben musst, immer genauso sehr gewollt wie sie dich? Hast du nie mit einer
Frau geschlafen, von der du wusstest, dass sie in dich verliebt war, für die du
aber nicht das Gleiche empfandst?«
    Sie ließ ihn noch immer nicht antworten. Offenbar hatte sie
das dringende Bedürfnis, sich zu verteidigen. Doch Morrison konnte sich des
Gefühls nicht erwehren, dass sie verdiente, was sie fühlte. Ein paar kurze
Sätze hatten ihr genügt, sein Leben als gescheiterter Liebhaber
zusammenzufassen. Sie beugte sich näher zu ihm heran. Sanft fuhr sie ihm mit
dem Handrücken über die Wange.
    »Hast du nie eine Frau geliebt und dabei für einen ganz
kurzen Moment an etwas anderes gedacht?«
    »Du meinst: an eine andere!« Seine Stimme klang kalt
und entschlossen.
    »Ich habe vorhin nicht an jemand anderen gedacht! Oder
vielleicht habe ich es doch, aber nicht weil ich mir wünschte, mit einem
anderen Mann zusammen zu sein. Im Gegenteil! Nein, heute Abend war das erste
Mal …«
    Danielles Augen trübten sich. Sie wirkte beunruhigt,
nervös. Morrison verfluchte seine Dummheit.
    »Du meinst, das erste Mal seit jener Nacht?«
    »Ja«, erwiderte sie. »Das erste Mal seit der Nacht, in der
er starb.«
    Sie hob den Blick und sah ihn direkt an. Da war keine Reue,
kein Bedauern und erst recht kein Schuldgefühl.
    »Plötzlich war alles wieder da«, begann Danielle zu
erklären.
    »Plötzlich sah ich es wieder vor mir: wie er sich in mir
anfühlte, wie sein ganzer Körper sich in dem Moment versteifte,

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