Black Rose
Danielle St. James ist nicht schuldig. Alles, was sie jetzt will,
ist, in Ruhe gelassen zu werden.«
Morrison hatte nichts Aufregendes verkündet, doch das
schien genug zu sein. Die Fernsehleute hatten die Aufnahme, die sie wollten,
die in den späten Abendnachrichten zu sehen sein und in allen Morgenzeitungen
abgedruckt werden würde: Danielle St. James wenige Minuten nach ihrem
Freispruch von der Anklage des Mordes, eine Frau, die womöglich noch schöner aussah
als zuvor.
»Danielle!«, rief eine Reporterin. »Wollen Sie vielleicht
etwas sagen?«
Danielle sah Morrison an, als wollte sie sein
Einverständnis einholen, und trat dann einen halben Schritt vor. Plötzlich
herrschte absolute Stille.
»Dies ist von Anfang bis Ende eine Tragödie gewesen. Mein Mann
hat sich selbst getötet, und wie ich im Verlauf des Prozesses gesagt habe,
werde ich mir immer die Schuld daran geben. Jetzt möchte ich nach Hause, nach
New York, und mich um mein Kind kümmern.«
Sie trat zurück, um anzudeuten, dass sie nichts weiter
hinzuzufügen hatte, doch das machte die anderen Reporter nur noch entschlossener,
selbst eine Frage loszuwerden.
»Es gibt nichts mehr zu sagen«, rief Morrison. »Die
Geschworenen haben das einzige Urteil gefällt, das sie haben fällen können. Mrs. St.
James begibt sich jetzt nach Hause.«
Morrison hatte ihr den Arm um die Schulter gelegt. Sie
versuchten, das Gebäude schnell zu verlassen.
»Die Geschworenen haben sie vielleicht nicht für schuldig
befunden, aber sonst glaubt jeder, dass sie es getan hat!«
Morrison wirbelte herum. »Wer hat das gesagt?«
»Ich war das«, rief eine Stimme aus der Mitte des Rudels,
das ihnen durch den langen Flur gefolgt war. Die Scheinwerfer der Autos draußen
auf der Straße zeichneten ein verrücktes Muster auf die weißen Wände.
»Sie möchten das Urteil der Geschworenen durch Ihr eigenes ersetzen?«,
fragte Morrison mit einem Anflug von Sarkasmus.
Danielle zupfte ihn am Ärmel. »Der Wagen wartet draußen«, flüsterte
sie voller Panik. »Wir sind fast da.«
»Die Anklage mag nicht in der Lage gewesen sein, es zu
beweisen – Ihr Anwalt hat die Geschworenen vielleicht davon überzeugt, dass es
berechtigte Zweifel an der Beweisführung gab –, aber glauben Sie wirklich, man
nimmt Ihnen ab, dass es Selbstmord gewesen ist?«
Diesmal kam die Frage von einer Frau, einer Reporterin
eines Privatsenders mit harten Augen und einem schmallippigen Grinsen. Danielle
zog Morrison am Arm, entschlossen, ihn aus der Tür zu bekommen. Doch er rührte
sich nicht, sondern starrte die Reporterin mit einem eisigen Gesichtsausdruck
an.
»Wie können Sie so etwas sagen? Aber von Leuten wie Ihnen darf
man wohl nichts anderes erwarten.«
Dann waren sie aus der Tür. Kaum hatten sie in dem
wartenden Wagen Platz genommen, fing Danielle auch schon an zu schluchzen.
»Es wird nie vorbei sein, oder? Das werden sie alle über
mich sagen, nicht wahr? Jeder wird denken, dass ich ihn ermordet habe und damit
durchgekommen bin.«
»Ich weiß, du hast geglaubt, so handeln zu müssen. Ich
weiß, dass du …«
»Du weißt überhaupt nichts! Du hast nicht die leiseste
Ahnung von dem, was passiert ist! Niemand hat das, und niemand wird auch je
etwas erfahren!«
Der Wagen fuhr gerade den Nob Hill hinauf. Danielle klopfte
gegen die Trennscheibe. »Ich fahre nicht ins Hotel. Sie können uns beide beim
Haus von Mr. Morrison absetzen.«
Nachdem der Wagen weggefahren war und sie die Halle
durchquert hatten, nachdem sich die Fahrstuhltür hinter ihnen geschlossen
hatte, begann Morrison zu wiederholen, was er hatte sagen wollen.
»Du hast mir gesagt, es sei wegen seines Gesichtsausdrucks
gewesen, nachdem er mit dir im Bett fertig war – dieser Ausdruck, der besagte,
er könne mit dir machen, was immer er wolle, und du könntest nichts dagegen
unternehmen. Willst du mir jetzt etwa sagen, das alles sei nicht wahr gewesen?
Nicht das sei der Grund gewesen, weshalb du ihn umgebracht hast, sondern etwas
anderes?«
Ihr Blick wirkte gehetzt. Morrison hatte das Gefühl, dass
sie ihm die Wahrheit erzählen wollte, die ganze Wahrheit über jene Nacht auf
der Black Rose, doch irgendetwas schien sie daran zu hindern.
»Was war es? Was ist in der besagten Nacht wirklich
passiert?«
»Das kann ich dir nicht sagen, ich kann es nicht.
Vielleicht eines Tages, aber nicht jetzt, nicht heute Abend, nicht nach all
dem, was passiert ist.«
Der Fahrstuhl kam mit einem Ruck zum Stehen. Hand in Hand
gingen sie
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