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Black Rose

Black Rose

Titel: Black Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Black Rose
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nachdenklichen, merkwürdig besorgten Gesichtsausdruck
neigte Taylor den Kopf zur Seite. »Ja, es betrifft den Prozess … Diesen
angeblichen Selbstmord von St. James: Sie haben nicht gewusst, dass sie das
sagen würde – oder etwas in dieser Art –, bis sie es im Zeugenstand äußerte,
nicht wahr?«
    Morrison beugte sich vor und sah Taylor prüfend in die
Augen.
    »Sie waren im Gerichtssaal und haben den Prozess verfolgt?«
    Taylor lächelte und schüttelte den Kopf. Er machte eine
weit ausholende Armbewegung. »Es ist wie bei diesem Zimmer. Wenn ich Sie bitten
würde, die Augen zu schließen und es zu beschreiben, könnten Sie mir nicht
sagen, in welcher Farbe die Wände gestrichen sind – darauf würde ich wetten.«
Er überlegte einen Moment. »Es würde Ihnen nicht auffallen, wenn Sie eines
Morgens hereinkämen und sämtliche Bilder und Möbel wären verschwunden – solange
Sie noch einen Platz zum Arbeiten hätten. Ja, ich war da und habe den Prozess
beobachtet. Habe selten einen Tag verpasst, und es gab Zeiten, in denen ich
dachte, Sie sähen mir direkt ins Gesicht, aber Sie haben gar nichts gesehen,
nicht wahr? Das ist der Grund, weshalb Sie so gut in dem sind, was Sie tun: Ihre
perfekte oder nahezu perfekte Konzentration.«
    Morrison versuchte zu ergründen, weshalb Taylor sich tage-,
ja wochenlang in den Gerichtssaal gesetzt hatte, um den Prozess zu beobachten.
    »Sagen wir so: Ich hatte ein gewisses Interesse daran«,
erwiderte Taylor ausweichend. Sein Blick war nun argwöhnisch: »Meine Frage war:
Sie haben nicht gewusst, was sie sagen würde, nicht wahr?«
    Beide waren sie entschlossen, erst eine Antwort vom anderen
zu erhalten.
    »Sie haben es nicht gewusst«, beantwortete Taylor seine
Frage selbst, als Morrison nicht reagierte. »Sie wussten es nicht, und dann
blieb Ihnen keine Wahl. Sie hatten es schon in Betracht gezogen – diese Frage,
die Sie Rufus Wiley am Ende Ihrer Befragung stellten: ob St. James bei ihrem
letzten Telefonat nicht deprimiert gewirkt habe. Das war brillant, wirklich ein
Geniestreich!«
    Taylor lachte wie über einen Witz, den nur er verstehen
konnte, und wandte sich ab. Ein merkwürdiges Lächeln umspielte seine Lippen,
als er Morrison erneut ansah. »Da muss sie zum ersten Mal daran gedacht haben,
diese Geschichte für sich zu nutzen, um so ihre Haut zu retten. Sie lernt schnell,
nicht wahr?«
    Morrison machte Anstalten aufzustehen. »Hören Sie, ich weiß
nicht, warum Sie den Prozess beobachtet haben. Ich weiß auch nicht, warum Sie
mit mir reden wollten – aber der Prozess ist vorbei. Es gibt nichts weiter zu
besprechen.«
    Taylor ignorierte ihn. »Das war eine brillante Vorstellung,
nicht nur gestern – obwohl Ihr Schlussplädoyer zum Besten zählt, was ich je
gehört habe –, sondern während des ganzen Prozesses. Mir war klar, dass Sie
gewinnen würden, doch bis sie in den Zeugenstand trat und ihr Lügenmärchen
erzählte, wusste ich ehrlich gesagt nicht genau, wie Sie es anstellen würden.«
    Taylor wandte sich zum Fenster hin und verfiel in ein
langes brütendes Schweigen. Als er sich schließlich wieder zu Morrison umdrehte,
ließ das Licht, das durch die Vorhänge fiel, die Bewegungen seiner Augen
flüchtig und geheimnisvoll erscheinen, als wüsste er mehr, als ihm lieb war,
mehr sogar, als er wissen sollte.
    »Sie haben die juristischen Schwierigkeiten, in denen sich St.
James befand, recht groß herausgestellt: wie ihn die Tatsache, angeklagt worden
zu sein, wohl belastet hat und ihn noch deprimierter gemacht haben muss, als er
wegen seiner gescheiterten Ehe ohnehin schon war. Hat Mrs. St. James je
darüber gesprochen – ich meine, über die juristischen Schwierigkeiten, in denen
sich ihr Mann befand? Hat sie je etwas darüber gesagt, was er dagegen zu
unternehmen gedachte?«
    »Nein, sie …«, entgegnete Morrison, bevor er sich besann. »Ich
kann Ihnen wirklich nichts darüber sagen …« Er schüttelte den Kopf und fragte
sich, warum er das Bedürfnis empfand, sich zu entschuldigen. Mit zusammengekniffenen
Augen musterte er sein Gegenüber. »Ich weiß nichts über die Dinge, die St.
James vielleicht getan hat. Und selbst wenn ich es wüsste: Sie wissen genauso gut
wie ich, dass ich meiner Mandantin gegenüber der Schweigepflicht unterliege.
Also, was ist der wahre Grund für Ihren Besuch? Warum haben Sie den ganzen
Prozess verfolgt? Ich kann mich an nichts erinnern, was vor Gericht zur Sprache
kam und in irgendeiner Form mit Ihren Ermittlungen zu tun

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