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Black Rose

Black Rose

Titel: Black Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Black Rose
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Urlaub?«
    »Eigentlich weder das eine noch das andere. Ich bin einfach
nur hier«, erwiderte Morrison und starrte aus dem Fenster.
    Der Wagen verließ die Autobahn und bog in eine
vielbefahrene Straße ein. Je näher sie der Innenstadt kamen, umso zäher wurde der
Verkehr. Ständig hupte der Fahrer und stieß leise Flüche aus, bis er
schließlich zwanzig Minuten und ein paar Kilometer später durch das geöffnete
Tor des Hotels Villa Igiea fuhr.
    »Ein großartiges Hotel«, bemerkte er und nickte
anerkennend. »Das beste, das wir haben. Sie haben in Amerika davon gehört? Hat
es Ihnen jemand empfohlen?«, fragte er.
    »Es gibt eine Marina gleich hinter dem Hotel, nicht wahr?«,
wollte Morrison wissen. Er bezahlte den Fahrer und nahm seine Reisetasche. »Ein
paar Bekannte von mir haben dort ihr Boot liegen.«
    Das Hotel Villa Igiea sah aus wie ein maurisches Schloss:
mit seinen dicken sandfarbenen Mauern und dem zinnengeschmückten Flachdach. Das
Hotel war als Strandvilla für die Tochter eines italienischen Adligen erbaut
worden, in der Hoffnung, die Meeresluft werde sich für ihre chronisch schlechte
Gesundheit als heilsam erweisen, nachdem kein Arzt ihr hatte helfen können. Ob ihre
Gesundheit sich hier besserte oder ob sie einen frühen Tod erlitt, lag wie der
größte Teil der sizilianischen Geschichte hinter einem Schleier des Vergessens
verborgen und war damit sowohl für Deutungen als auch Zweifel offen. Doch
irgendwann um die Jahrhundertwende hatte man die Villa in ein Hotel verwandelt,
das zu einem bevorzugten Treffpunkt für die Angehörigen europäischer
Königshäuser geworden war, wie die zahlreichen Fotos auf den langen Korridoren
festhielten. Alle waren sie hierher gekommen, um die Sonne zu genießen, ohne
einen Gedanken daran zu verschwenden, wie nahe sie dem Armageddon waren. Der
Erste Weltkrieg fegte viele von ihnen von ihren Thronen, darunter den deutschen
Kaiser Wilhelm II. und den russischen Zaren Nikolaus, und veränderte so die
Bedingungen, unter denen ihre früheren Untertanen ihr Leben verbrachten.
    Als Morrison sich auf den Weg zu seinem Zimmer im dritten Stock
machte, achtete er nicht weiter auf die einst berühmten Gesichter. Seine
Gedanken waren zu sehr auf die eigene Vergangenheit konzentriert und auf das,
was er nach Monaten der Seelenqual, als er sich ziellos von Ort zu Ort treiben
ließ, hier dagegen unternehmen wollte. Er hatte von Anfang an gewusst, von dem
Tag an, als Taylor ihm die Wahrheit über Danielle und ihren Mann offenbart
hatte, dass er sich irgendwie Gerechtigkeit verschaffen musste. Doch zunächst
musste er seinen Schmerz überwinden, bevor er Pläne schmieden konnte. Danielle hatte
ihm alles genommen. Nichts konnte daran etwas ändern. Damit würde er für den
Rest seiner Tage leben müssen. Doch Danielle würde ebenfalls damit leben müssen
– nicht mit dem, was sie Morrison angetan hatte, sondern mit dem, was er ihr antun würde.
    Der Hoteldiener zog die Vorhänge auf und schob die
hölzernen Fensterläden in die Arretierung. »Eins unserer schönsten Zimmer «, sagte er stolz.
Er zeigte aus dem Fenster auf die von Palmen gesäumten Gärten und die gleich
dahinter liegende Marina.
    Morrison deutete auf die Yacht, die ein paar hundert Meter
außerhalb der Marina in offenen Gewässern vor Anker lag. »Haben Sie diese Yacht
schon mal gesehen?«
    »Die Black Rose? Ja,die kommt oft hierher.
Der Eigner unterhält eine Suite hier im Hotel.«
    Morrison gab ihm ein Trinkgeld, das höher war als auf
Sizilien üblich.
    »Unterhält eine Suite? Sie meinen: ständig, ob er nun hier
ist oder nicht?«
    »Ja, ständig. Signor
Orsini ist …«
    »Orsini? Ist das
der Name des Eigners?« Morrison blickte aus dem Fenster auf die Black Rose, die
leuchtend weiß in der heißen sizilianischen Sonne vor Anker lag. Er konnte
mehrere Menschen sehen, wahrscheinlich alles Mitglieder der Besatzung. Er
blickte über die Schulter. »Seine Frau – eine jüngere Frau, ziemlich schön?«
    Der Mann nickte.
    »Orsini. Ja, ich
glaube, ich bin ihnen schon mal begegnet.«
    Der Hoteldiener verließ das Zimmer. Morrison zog die Schuhe
aus und warf sein Jackett über einen Stuhl. In seiner Reisetasche wühlte er
nach dem kleinen Fernglas, das er mitgebracht hatte. Gegen die tiefe
Fensterfüllung gelehnt, korrigierte er die Einstellung, bis er jeden, der sich
auf das Deck der Yacht begab, klar erkennen konnte. Von Zeit zu Zeit legte er
das Fernglas auf die Fensterbank und blickte auf den Hof hinunter.

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