Black Sun - Thriller
diese das Fortschreiten seiner Krankheit auf. Aber sie hatten einen merkwürdigen Nebeneffekt. Es heißt, er fühlt Dinge, sieht sie.«
Der Mann sprach mit unsicherer Stimme, und Danielle wusste nicht, ob seine Informationen sehr viel solider waren. Es klang auf jeden Fall sonderbar.
»Wie meinen Sie das?«, fragte sie. »Wie ein Hellseher?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Nein. Physikalische Dinge. Magnetanomalien. Elektromagnetische Störungen. Es heißt, er sieht über das normale menschliche Spektrum hinaus.«
»Kann er das wirklich?«
»Ich weiß es nicht«, sagte der Mann und hustete heftig. »Kang hat es geglaubt.«
»Warum ist er dann hier unten?«, fragte Danielle, dann fiel ihr auf, dass er die Vergangenheitsform benutzt hatte. »Glaubt er es jetzt nicht mehr?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Yuri hat nichts von dem getan, was von ihm verlangt wurde, egal welche Anreize sie ihm boten, wie sehr sie ihn schlugen. Egal womit sie drohten. Er spricht nur vor sich hin oder singt. Und er wich nicht von meiner Seite. Also hat Kang uns hier heruntergeschickt. Seine Männer erklärten Yuri, er würde mich sterben sehen, und dann hätte er nur noch seinen neuen Herrn, an den er sich klammern könne.«
Danielle sah den Jungen an, der sein Suppengebräu schlürfte. »Versteht er überhaupt, was Kang ihn fragt?«
»Ich glaube schon«, antwortete Petrow. »Er reagiert nur einfach nicht.«
Plötzlich blickte der Junge auf. Sein Blick huschte zur Aufzugstür. Nichts geschah, kein Laut war zu hören, aber
Sekunden später traf der Aufzug am Boden des Schachts ein, und die Tür öffnete sich.
Die Wachen traten mit ihren Elektroschockpistolen in der Hand heraus.
»Wie heißt du?«, fragte Danielle.
»Petrow«, sagte er. »Alexander Petrow.«
Er bekam einen neuen Hustenanfall, zwanzig Sekunden lang wurde sein Körper von Krämpfen geschüttelt, und als er diesmal den Stofffetzen vom Gesicht nahm, war er voller Blut.
13
Als Hawker nicht auf den Mann reagierte, der ihn befragte, hob einer der Schläger die Waffe und zielte auf sein Auge.
»Wenn ich tot bin, kriegt ihr bestimmt nicht mehr viel aus mir raus«, sagte er.
Der Schläger war unbeeindruckt, aber der Mann hinter Hawker lachte. »Nehmt ihn mit«, sagte er.
Sie verbanden Hawker die Augen und schleiften ihn in ein wartendes Fahrzeug. Nach einer kurzen Fahrt zum Hafen wurde er auf ein Schiff verfrachtet, eine dieselgetriebene Dschunke.
Als sie in den Hafen hinausratterten, versuchte er, Geschwindigkeit und Richtung zu erraten.
»Wo bringt ihr mich hin?«, fragte er nach ein, zwei Minuten.
»Das werde ich dir gern sagen, sobald du mir verraten hast, was du hier tust«, antwortete die russische Stimme.
Hawker erwiderte nichts. Er war immer noch bemüht, die Dynamik der Situation einzuschätzen. Warum sollte er, ein Amerikaner, einem Russen erklären müssen, was er in Hongkong trieb?
Der Motor unter Deck wurde auf Leerlauf heruntergefahren und dann ganz abgeschaltet. Bald erstarb auch der letzte Schwung des Boots, und es schaukelte in der Dünung hin und her.
»Steh auf«, sagte der Mann.
Hawker stand auf und hielt sich an der Reling fest. Einer der Männer riss ihm die Binde vom Kopf. Er begann sich langsam umzudrehen.
»Augen nach vorn!«
Ein Gewehrlauf wurde ihm in den Rücken gestoßen.
Hawker tat wie befohlen. Sie waren eine Meile weit draußen im Victoria Harbour und blickten auf die Wolkenkratzer Hongkongs zurück.
»Du bist ein Mann ohne Zuhause, wie ich höre. Ein Mann, der noch Schulden zu begleichen hat und selbst von seinem eigenen Land gesucht wird.«
Hawker reagierte nicht.
»Du läufst unter dem Namen Hawker«, sagte der Russe. »Eine interessante Metapher, dieses Wort. Da wo ich herkomme, bedeutet es einen Markthändler, einen Lockvogel, der Waren oder Dienstleistungen anbietet.«
Der Name war ihm als Codename zugefallen, den er aus seinen eigenen Gründen behalten hatte. Er versuchte es nicht zu erklären.
»Jedenfalls gehst du hier deinen Geschäften nach, groben wie feineren, nur dass es in diesem Fall auf Geheiß des Sicherheitsapparats deines eigenen Landes geschieht. Möchtest du uns sagen, warum?«
Hawker hielt sich an der Reling fest. Er vermutete, dass
der Mann die Antwort bereits kannte, oder zumindest eine Version davon. Er blieb stumm.
»Ach, komm«, sagte der Russe. »Du bist hier unter Freunden. Zum Beweis werde ich für dich antworten. Du bist hier, um etwas zu tun, das die Chinesen in Rage bringen
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