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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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offizielle Grund«, erklärte Ignatius und watschelte zu einem alten Fahrkartenschalter.
    »Es gab ein paar Zwischenfälle«, fügte Oberon hinzu.
    »Zwischenfälle?«, wiederholte ich.
    Ignatius schloss die Tür des kleinen Häuschens auf, öffnete sie aber nicht, sondern sah mich an. Im düsteren unterirdischen Licht glühten seine Augen rot. »Gestohlene Geldbörsen, entführte Kinder, verletzte Arbeiter, Verbrennungen …«
    »Verbrennungen?«
    »Von den Dampfleitungen«, erklärte Oberon. »Eine Sondereinsatztruppe, die eine vertrauliche Untersuchung durchführte, kam damals zu dem Schluss, das der Bahnhof in einem ›geologisch instabilen Gebiet‹ errichtet worden war und am besten für die Öffentlichkeit gesperrt würde.«
    »Seitdem gibt es kaum noch Zwischenfälle«, ergänzte Ignatius. »Solange ich ihm genügend Schätze bringe, ist er nur selten unterwegs.«
    »Selten?«, fragte Oberon. »Ich dachte, du hättest den ganzen Bereich gesichert, Ignatius.«
    »Es gibt Tunnel, von denen nicht einmal ich etwas weiß. Ich bin nur ein einzelner Drache. Wenn du einen besseren Service möchtest, musst du mehr Leute einstellen.«
    »Ich wünschte, das könnte ich, Ignatius, aber auch wir müssen sparen. Aber er ist jetzt da, oder nicht?«
    Ignatius schnupperte, und seine breiten Nüstern dehnten sich. »Würde ich sagen.« Dann öffnete er die Tür des Fahrkartenschalters und führte uns wieder eine Treppe hinunter. Die Stufen waren in den Felsengrund aus Granit geschlagen worden, dessen silberne und graue Adern im Licht von Ignatius’ roten Augen funkelten. Je tiefer wir kamen, desto mehr verstärkte sich ein intensiver Geruch,
der aus der Tiefe empordrang – eine Mischung aus verbranntem Toast, Kupfer und etwas leicht Süßlichem. Aber noch etwas fiel mir auf – Ignatius veränderte sich, je tiefer wir in die Erde hinabstiegen. Sein Rücken krümmte sich, und der Oberkörper näherte sich immer weiter dem Boden, bis er schließlich auf allen vieren lief. Ein gezackter, geschuppter Kamm brach entlang der Wirbelsäule aus seinem Oxford-Hemd. Unter dem zerrissenen Stoff glänzte seine Haut kupferfarben. Als wir eine verriegelte Tür am Ende der Treppe erreichten und er sich umwandte, hatte sich sein Gesicht in die langgezogene Schnauze eines Drachen verwandelt. Die roten Augen, die geblähten Nüstern erkannte ich jedoch wieder, ebenso die Stimme, die uns zur Eile drängte.
    »Irgendetwas hat ihn aufgebracht«, sagte er und öffnete die drei Riegel der Tür. »Wir sollten besser nachsehen, worum es geht.«
    Als die Tür aufschwang, erfüllte ein Brüllen den Treppenschacht. Es klang, als hielte eine U-Bahn direkt auf uns zu. Ich fragte mich, wie oft ich geglaubt hatte, unter meinen Füßen einen Zug vorbeifahren zu hören, dabei war es vermutlich dieses Geschöpf gewesen, das sich in den Tiefen der Erde regte.
    »Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?«, fragte ich Oberon. »Ich meine, wenn er erzürnt ist …«
    »Wenn Ddraik sich aufgeregt hat, dann sollten wir besser nachschauen, wieso«, antwortete Oberon. »Er ist sehr … sensibel.«
    Sensibel? Das wäre kaum das Wort gewesen, das ich gewählt hätte, um das Wesen zu beschreiben, das ich nun erblickte. Zwar war der Raum, den wir betreten hatten,
riesenhaft – wie bei dem Bahnhof über unseren Köpfen handelte es sich auch hier um ein Gewölbe, das in Guastavinos charakteristischem Fischgrätmuster gefliest war. Aber die Kacheln waren hier mit verschiedenen Metallen und Juwelen verziert, und die Säulen, die nahe den Wänden die mächtige Decke trugen, ragten zwei Stockwerke hoch auf. Das Geschöpf, das in der Mitte lagerte, nahm fast den ganzen Raum ein. Eine einzige seiner kupferroten Schuppen war so groß wie die Fahrertür eines Hummers, und das rotglühende Auge, das sich auf mich richtete, hatte den Durchmesser eines Kanaldeckels. Was mich jedoch am meisten ängstigte, war die Tatsache, dass ich ihn erkannte. Er sah Riesenmaul, dem Drachen, den ich aus meinen schlimmsten Alpträumen erschaffen hatte, zum Verwechseln ähnlich.
    »Aaaahhh«, fauchte er, und sein heißer Atem schlug gegen mein Gesicht. »Garet James. Ich habe darauf gewartet …« Er hielt inne, und eine lange, gespaltene Zunge schlängelte sich kurz aus seinem schiefen Maul. »Ich habe darauf gewartet, dich zu treffen. « Dann schnaufte er dreimal schnell hintereinander – ein Geräusch, das bei ihm vermutlich als Gelächter gelten konnte.
    »Woher weiß er, wer ich bin?«,

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