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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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öffentlichen Bibliothek von Queens. »Ist das unsere Tarnung?«, fragte ich.
    »Eine Tarnung brauche ich nicht«, erwiderte er, »aber ich dachte, es wäre schön, wenn wir unsere Unterstützung für solche Einrichtungen bekunden würden. Viele Unirdische arbeiten in den öffentlichen Büchereien – oder nutzen das Wissen, das dort bewahrt wird. Es wäre schrecklich, wenn sie eines Tages geschlossen würden.«
    Dem Wachmann erklärten wir, dass wir uns der Protestdemonstration auf den Rathausstufen anschließen wollten, dann durften wir durch einen Metalldetektor auf das Gelände. Seit einem Schulausflug in der dritten Klasse war ich nicht mehr in der City Hall gewesen, und ich hatte beinahe vergessen, was es für ein schönes Gebäude war. Die palladianische Sandsteinfassade leuchtete im nachmittäglichen Sonnenlicht. Aber als wir näher kamen, sah ich auf und entdeckte, dass die Statue der Justitia oben auf dem Uhrenturm noch schimmerte, obwohl der Himmel sich im Osten
bereits verdunkelte. Die Statue auf dem Verwaltungsgebäude wurde schon vom Nebel verschluckt.
    Die Demonstranten auf der Treppe trugen Banner, auf denen Slogans standen wie »Mit mehr Bildung gegen die Wirtschaftskrise« und »Licht aus in den Bibliotheken – NEIN«. Als wir an ihnen vorübergingen, stimmte Oberon einen Schlachtgesang an: »Rettet unsere Bibliotheken! Rettet unsere Bibliotheken!« Die übrigen Demonstranten fielen sofort ein, aber wir gingen weiter, unter dem Torbogen hindurch, an der Bronzestatue von George Washington und der Marmorrotunde vorbei, aber statt dann die ausladende Freitreppe hinaufzusteigen, führte mich Oberon zu einem Werksfahrstuhl, der in ein Kellergeschoss hinunterfuhr. Die Tür öffnete sich auf einen schlecht beleuchteten Flur. Wir folgten dem Korridor nach rechts, bis wir an seinem Ende an eine Tür mit einer Milchglasscheibe kamen, auf der in goldenen Buchstaben stand: SEKRETARIAT DES TAXATORS. Ein kleines Holzschild, das an einem Haken über diesem Fenster hing, verkündete: »Bitte einzeln eintreten«, und ein weiteres Holzschild auf einem reich verzierten, gusseisernen Fuß trug die Aufschrift: »Bitte hier anstellen«. Etwa ein Dutzend Leute hatte bereits eine ordentliche Schlange gebildet, und jeder hielt ein gelbliches Papier in Händen. Oberon ging an der Schlange vorbei und griff nach dem Türknauf.
    »Hey, Kumpel«, raunzte ihn der grobschlächtige Mann an, der ganz vorn stand, »hinten anstellen, klar?«
    »Ja, ich verstehe, Mr. …« Oberon nahm dem Mann den Zettel aus den breiten Pranken. Das Papier war beinahe durchscheinend und hatte die Farbe abgeschnittener Fingernägel; es gab ein Geräusch, als ob es mitten durchrisse,
aber der Bogen blieb heil. »Mr. Arnold A. Herkimer, wohnhaft Corona Boulevard, Flushing, New York«, sagte Oberon, ohne auf das Blatt zu sehen. Ein Blick verriet mir, dass Name und Adresse stimmten. »Schauen wir doch mal nach, was Sie für ein Problem haben.«
    Sehr geehrter Mr. Herkimer,
     
    Ihnen wird zur Last gelegt, gegen den City Code #73197-PYT-C2 verstoßen zu haben. Bitte melden Sie sich im Amtszimmer des Taxators der Stadtkasse, Raum B7, City Hall, wo über Ihre Geldbuße entschieden wird. Hinweis: Alle Bußgelder müssen in Münzen entrichtet werden.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ignatius T. Ashburn III.
    Sekretariat des Taxators
    Als er mit dem Lesen fertig war, hielt Oberon den Brief ans Licht, woraufhin sich ein Wasserzeichen aus spiralförmigen Linien zeigte, die sich zu drehen begannen. Ich sah weg, als mir schwindlig wurde, und bemerkte, dass Mr. Herkimers Augen schnell hin und her glitten.
    »Na schön«, sagte Oberon und gab Arnold Herkimer seinen Brief zurück, »das scheint alles in Ordnung zu sein. Ich werde mich beim Sekretariat für Sie einsetzen.«
    »Vielen Dank, Sir«, sagte Arnold Herkimer, dessen Augen immer noch von einer Seite zur anderen huschten, als ob er ein Tennismatch verfolgte. »Das wäre sehr nett. Ich kann mir überhaupt nicht denken, was ich falsch gemacht haben soll …«

    »Oh, können Sie das wirklich nicht, Arnie?«, fragte Oberon und schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Dann gehen Sie noch einmal gründlich in sich, ob Ihnen nicht doch etwas einfällt, während ich in der Zwischenzeit hineingehe.«
    Arnold Herkimer lief tiefrosa an, während Oberon sich zu mir hinunterbeugte und in mein Ohr flüsterte: »Er verspielt die Sozialhilfe seiner 97-jährigen Mutter im Casino von Atlantic City und erzählt ihr, er würde mit dem

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