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Blackbirds

Blackbirds

Titel: Blackbirds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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Raketen an meiner Zunge vorbeigeschossen – ich wollte die Zähne schließen und sie am Kommen hindern, aber sie kamen trotzdem. Die ganze Galle. Unaufhaltsam.«
    Miriam schaut ein letztes Mal auf die Flasche vor ihr. Mehr als halb leer inzwischen. Sie pfeift tief und langsam ein paar Töne, zieht dann die Flasche zu sich hin und trinkt. Und trinkt. Und trinkt. Jeder Schluck halsschwellend. Sie ist schon benebelt. Ihre Worte schon nuschelig. Da kann ich auch gleich reinen Tisch machen , denkt sie sich.
    Ihre Kehle brennt.
    Aber sie wird schnell taub.
    Sie keucht, schnappt nach Luft, dann wirft sie die Flasche über Pauls Kopf hinweg. Er zuckt zusammen, duckt sich und zuckt noch mal zusammen, als die Flasche auf den Beton knallt.
    »An jenem Abend«, fährt sie fort, wobei sie einen kleinen Rülpser unterdrückt, »geht Ben ins Bad, den Kopf wahrscheinlich voll von all der Kotze, die aus meinem asozialen Mund gekommen ist, und er setzt sich in die Duschkabine, und er zieht die Socke von seinem linken Fuß. Dann steckt er sich den Doppellauf von einer verfickten Schrotflinte zwischen die Zähne – die beiden Läufe formen eine liegende Acht, was man eine Lemniskate nennt, ein Zeichen der Unendlichkeit, was für eine Ironie, nicht wahr? –, und dann krümmt er den großen Zeh um den Doppelabzug. Ein Zucken des Zehs. Peng. Er war so freundlich, es in der Dusche zu tun, damit seine Mutter so wenig wie möglich sauber zu machen hatte. Netter Bursche bis zum bitteren, blutgetränkten Ende.«
    Den nächsten Rülpser unterdrückt Miriam nicht. Sie würgt Whiskey-Atem hoch. Ihre Augen tränen. Sie sagt sich, sie tränen bloß wegen des Whiskeys. Es ist eine gute Lüge; fast kauft Miriam sie sich ab.
    »Der eigentliche Sarkasmus daran ist, er hinterließ einen Abschiedsbrief. Na ja, eigentlich keinen Brief, sondern eher ... keine Ahnung, eine Postkarte. Er schrieb mit dickem schwarzem Filzstift auf ein Stück Papier: ›Sagt Miriam, es tut mir leid, was immer ich getan habe.‹«
    Sie stiert ins Leere, uncharakteristisch still.
EINUNDZWANZIG
    Der Koffer
    Sie stößt die Tür zum Motel auf (Motels, Motels, ständig noch ein Motel, noch ein Highway, noch ein Stopp auf ihrer landesweiten Rundreise durchs Nirgendwo) und findet Ashley nackt vor, auf dem Bett, den Schwanz in der Hand. Miriam kann den Fernseher nicht sehen, aber sie hört ein pornomäßiges Stöhnen, die Art Stöhnen, die Frauen im echten Leben nicht von sich geben.
    Ashley flippt aus, versucht nach seiner Hose zu greifen, die in einer Stofflache neben dem Bett liegt. Er greift daneben, und er rollt aus dem Bett und knallt mit der Schulter voran auf den Boden.
    »Scheiße! Hast du jemals was von Klopfen gehört?«
    Er zieht die Hose nicht an – er duckt sich bloß hinters Bett und benutzt es, um seine Nacktheit zu verbergen.
    Miriam marschiert ins Zimmer und klappt die Jalousien zu.
    »Ich habe für dieses Zimmer bezahlt«, sagt sie, dann wirft sie einen Blick über die Schulter. In der Glotze sind zwei blonde Schlampen mit Titten wie Milchkrüge in einer Neunundsechzig verschlungen. Sie machen sich übereinander her wie wilde Katzen. »Und offensichtlich hab ich auch für Lesbenporno bezahlt.«
    »Ich dachte, du wärst bei deiner Verabredung!«
    »Zieh dir ’ne Hose an! Wir müssen gehen!«
    »Gehen? Was? Was hast du angestellt?«
    Miriam hat ihren Siedepunkt erreicht. Sie fühlt sich wie ein in die Enge getriebenes Kaninchen und ist bereit, um sich zu schlagen.
    »Was ich angestellt habe?«, fragt sie. »Ich? Das ist ja echt großartig! Was hast du angestellt, lautet die Frage, die wir uns stellen sollten, Scheißkerl! Wieso interessiert sich wohl das FBI für dich?«
    Seine Reaktion überrascht sie: Er lacht.
    »Das FBI? Bitte! Haben die nichts Wichtigeres, um das sie sich sorgen müssen, wie zum Beispiel Pädophile oder Terroristen? Oder pädophile Terroristen?«
    Miriam reißt ihm die Jeans aus dem Schoß und wirft sie ihm ins Gesicht.
    »Hey, hör verdammt noch mal auf, darüber zu lachen, Smiley McGee! Wisch dir gefälligst das Grinsen aus dem Gesicht! Das hier ist ernst. Ich war am Motel oder dem Rasthaus oder wie zum Teufel die Dinger genannt werden, und diese beiden FBI-Agents kommen geradewegs zu mir hin, als könnten sie deinen Gestank überall an mir riechen. Ashley, die hatten ein Foto von dir!«
    Ashleys blasiertes Grinsen schwindet dahin. Es ist das erste Mal, dass sie ihn wirklich fassungslos sieht.
    »Was? Mein Foto? Im

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