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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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die Treppe hoch, versucht leise zu sein – eine unmögliche Aufgabe. Die Treppe bewegt sich, quietscht, ächzt wie eine alte Frauauf dem Sterbelager. Miriam lässt sich auf Hände und Knie sinken.
    Am Ende der Treppe späht sie durch die helle Ritze unter der Tür hindurch. Dort sieht sie ihren Ausgang. Die Dimensionen des Kellers und was sie von draußen gesehen hat, als sie auf dem Schrottplatz war, lassen bestenfalls den Schluss zu, das hier sei ein Zweizimmerhäuschen. Die Tür, die sie nun sieht, muss also der Weg nach draußen sein.
    Es ist eine Holztür mit einem alten krummen Glasfenster, dahinter eine Fliegengittertür.
    Durch das Glas sieht sie, dass die Nacht hereingebrochen ist.
    Aber plötzlich wird ihr die Sicht versperrt.
    Zwei schwarze Säulen, zwei dunkle Stiefel.
    Keener.
    Schlüssel klirren. Sie hört ein Vorhängeschloss dumpf gegen die Tür schlagen, während sie die Stufen hinunterhastet – und dabei um ein Haar ausrutscht, fällt und sich ihren verdammten Dummkopfhals bricht.
    Sie stellt sich neben Annie Valentine, die angefangen hat, hin und her zu schaukeln. Das Geräusch, das aus der Kehle des Mädchens dringt, ist das eines verwundeten Tieres, dessen Bein in eine Falle geraten und verstümmelt worden ist.
    »Ich werde uns hier rausbringen!«, sagt Miriam. Sie humpelt wieder in den Kohleraum und greift sich eine Handvoll Kohlenstaub vom Boden. Dann stellt sie sich unter der Glühbirne auf. Sie versucht, ihr Gleichgewicht zu finden – eine beinah unmögliche Aufgabe, denn ihr ganzer Körper fühlt sich wie ein kleines Schiff auf sturmgepeitschter See an.
    Keener öffnet die Tür. Geht langsam die Treppe hinunter.
    Er hat einen alten Schlagstock aus Holz in der Hand; dasLederband ist um sein Handgelenk gewickelt. Am Ende des Schlagstocks sind zwei Metallsonden.
    Sie knistern und sprühen Funken.
    Ein Viehtreiber aus den Neunzehnhundertfünfzigern.
    Was schlimmer ist, er trägt die Maske: das Gewand des Schnabelarztes, der gekommen ist, um zu säubern. Leichter Rauch dringt aus dem Schnabel, und Miriam gerät der Geruch von brennenden Kräutern und Blumen in die Nase – Wren, Tavena, Valentine, ich, auf Tische geschnallt, Stacheldrahtknebel, Kopf auf dem Richtblock, Zunge in der Hand . Sie muss die Dunkelheit zurückkämpfen, die sie zu Fall bringen will.
    Die Augenlöcher der Maske sind mit Glas bedeckt. Eine Schutzbrille, nachträglich auf der Außenseite des Leders angebracht und mit Messingstiften befestigt.
    Trotzig bläst Miriam den Kohlenstaub von ihrer Hand.
    Er überzieht die Schutzbrille. Keener wischt ihn ab.
    Dann stößt er ihr den Viehtreiber in den Bauch.
    Alles gleißt auf. Es kommt Miriam vor, als würde die nackte Glühbirne über ihr plötzlich zur Supernova: der Raum heiß und weiß, als wäre sie in einem Blitzstrahl gefangen.
    Und dann liegt sie auf dem Boden – sie erinnert sich nicht, wie sie dahin gekommen ist –, mit zuckenden Extremitäten und sich krümmenden Fingern und Zehen.
    Das Verwundetes-Tier-Geräusch wird lauter, ein schreckliches Jaulen: wie eine Katze mit vier gebrochenen Beinen, ein Kaninchen in den Zähnen des Fuchses.
    Es ist Annie Valentine.
    Keener schleift sie an den Haaren die Treppe hoch.
    Die Beine des Mädchens treten um sich, und er rammt ihr den Viehtreiber direkt unters Schlüsselbein. Miriam streckt die Hand aus, doch stellt fest, dass sämtliche Synapsen und Schaltkreise in ihr immer noch fehlzünden. Alles, was siezustande bringt, ist sich in Embryonalhaltung zusammenzurollen.
    Keener zerrt Annie die Stufen hoch und durch die Tür, knallt sie hinter sich zu. Das ganze Haus wackelt.
    Miriam hört seine stampfenden Schritte über sich. Den Körper, der hinter ihm über den Boden rutscht.
    Hat er die Tür abgesperrt?
    Sie hat das Schloss nicht wieder einschnappen gehört.
    Miriam versucht, die Fassung wiederzuerlangen. Scheiße, sie muss zuerst die Seele in ihrem Körper wiederfinden! Es ist, als wären die Sehnen, die ihre Willenskraft mit den Muskeln, ihren Verstand mit den Gliedmaßen verbinden, alle zerfranst oder durchtrennt. Die Kiefersperre will nicht weggehen. Ihre Finger sind gekrümmt, sodass ihre Hände wie Tierpfoten aussehen. Miriam hat das Gefühl, als müsste sie sich gleich einpinkeln.
    In diesem Moment sieht sie Annie Valentine. Sie sitzt dort, wo sie gerade gesessen hat.
    Zusammengerollt.
    Ins Nichts starrend.
    Wie ist das möglich?
    War das Ganze ein Traum? Wacht sie gerade auf? War das alles eine Vision des

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