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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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mich dort treffen wollten – ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, was sie mir bringen wollten, irgendwelche Drogen. Ich hatte nämlich diese kleine geheime Verbindung von Mädchen, die stets taten, was ich von ihnen verlangte. Aber sie hatten Verspätung. Macht nichts, dachte ich mir. Ich amüsierte mich ganz gut alleine, trank Roggenwhiskey aus der Flasche, rauchte Zigaretten und ließ den lieben Gott einen guten Mann sein.
    Die Tür öffnete sich, und da stand er. Carl Keener.
    Er war ungefähr in meinem Alter, vielleicht zwei Jahre älter, und hatte dunkle Augen wie glühende Kohlen. Er war stark, drahtig, mit kräftigem Kinn und einem grausamen Lächeln.
    Ich hatte ihn vorher schon gesehen, er war nachts der diensthabende Wächter. Eine Leihgabe der Marineversorgung. Er hatte sich dort, wie mir damals nicht bekannt war, Ärger eingebrockt – Kämpfe mit vorgesetzten Offizieren und andere Dummheiten. Deshalb hatte man beschlossen, ihn für ein paar Nächte die Woche ans College auszuleihen. Das war damals gängige Praxis – Marineoffiziere galten als gute, ehrenhafte Männer. Wichtiger noch, man dachte, in ihrer Nähe seien schwache, leicht zu beeindruckende Mädchen sicher.
    Ich sagte ihm, er solle verschwinden. Ich mochte ihn nicht; und es gefiel mir nicht, wie er mich ansah.
    Er sagte, nein. Nein, das würde er nicht. Er wolle einen Drink, sagte er. Und eine Pall Mall.
    Und dann dachte ich – na ja, was ist schon dabei? Würde Mutter nicht vor Wut kochen, wenn sie erführe, dass ich mich mit einem gewöhnlichen Wachmann vergnüge, ob Marineoffizier oder nicht?
    Wir setzten uns hin und tranken dort in der Abstellkammer, mit dem Rücken an die Metallregale gelehnt, zwischen uns eine dicke Qualmwolke. Irgendwann sagte ich, dass es vielleicht an der Zeit wäre, die Abstellkammer zu lüften und einen Spaziergang zu machen.
    Er sagte: »Nein, ich will hierbleiben. Bei dir.«
    Dann legte er mir eine raue Hand auf die Hüfte. Ich wand mich aus seinem Griff, aber die Abstellkammer war kaum groß genug für uns beide – und er saß zwischen mir und der Tür.
    Er machte es wieder. Und ich ließ ihn. Nur um zu sehen, was dann passierte.
    Die Hand kroch an meiner Seite hoch. Eine grobe Berührung, wie von einem tolpatschigen Kind, das eine desinteressierte Katze streichelt. Und dann diese Art, wie er lachte: ein leises Kichern, als wüsste er über einen Witz Bescheid, den sonst niemand verstand. Seine Hand blieb nicht auf meiner Brust liegen – zu meiner Überraschung.
    Stattdessen fuhr sie an meinen Hals und griff dort fester zu. Nicht fest genug, um mich zu würgen, aber so, dass das Blut in meinem Kopf anfing zu pochen.
    Und wieder sagte ich ihm, nein. Es war Zeit, aufzuhören.
    Ich versuchte mich an ihm vorbeizuschlängeln, doch er hob mich hoch und warf mich zurück gegen das Regal.
    Das war der Moment, in dem ich anfing zu schreien. Ganz gleich, was ich bis dahin gemacht hatte, so war noch nie jemand mit mir umgegangen. Jungs waren schon öfter ungehörig mir gegenüber gewesen. Aber sie hatten mich in Ruhe gelassen, wenn sie glaubten, ich würde schreien, oder wenn sie merkten, dass ich kein albernes Mädchenspiel spielte.
    Ich stieß ihn erneut von mir fort, und seine Antwort war –
    Nun ja. Er packte eine Faustvoll meiner Haare und schmetterte meinen Hinterkopf gegen das Metallregal. Flaschen mit Fußbodenreiniger und Rollen brauner Papierhandtücher fielen auf den Boden. Ich fing an loszuschreien, da schlug er mir mit der Faust auf den Mund.
    Er … drehte mich um, drückte mein Gesicht gegen das Regal. Die Kanten schnitten mir in die Lippen und rissen mir die Wangen auf.
    Carl nahm einen Zug aus der Flasche – einen langen Zug, mit dem er sie leerte. Dann schlug er mir damit in den Rücken – zwischen die Schulterblätter.
    Dann hob er meinen Rock hoch und …
    Nun, es war schneller vorbei, als mir wahrscheinlich klar ist. In gewisser Hinsicht war es schlimmer, als ich es mir hätte vorstellen können, in gewisser Hinsicht besser. Es tat zwar weh, aber nur ein bisschen. Er war grob, doch nicht so grob, dass etwas … verletzt wurde. Der Schmerz war eher innerlich. Nicht bloß ein körperlicher Schmerz, sondern vielmehr der Schmerz zu wissen, dass diese Situation das war, wohin mich mein Leben geführt hatte. Der Schmerz der Erkenntnis, dass ich ein Mädchen mit guter Erziehung und von hoher gesellschaftlicher Stellung war – und meine Entscheidungen mich in eine Abstellkammer mit

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