Blackhearts: Roman (German Edition)
Fluchtweg ist. Beck steht zwischen ihr und der Tür. Sie kann sich nicht wie Batman zum Oberlicht hochschwingen, doch rechts von ihr befindet sich noch ein Fenster.
Das könnte der Ausweg sein.
Sie nimmt das Messer anders in die Hand. Die Spitze zeigt jetzt nicht mehr nach oben, sondern nach unten, so dass es sich weniger zum Ein stechen , sondern zum Ein hacken eignet. Miriam macht eine Show daraus – das muss sie.
Ihre Finger umklammern das Messer so fest, dass das Blut aus ihren Knöcheln weicht.
»Sie ist eine Kämpferin«, sagt Beck zu seiner Mutter.
»Sie ist mehr als das«, erwidert Eleanor.
Miriam knurrt. »Ich bin hier im Zimmer. Ich kann euch hören!«
»Sieh dir nur an, wie sie dieses Buttermesser hält«, sagt Beck, indem er auf sie deutet.
Eleanor nickt. »Und sie schielt zum Fenster hoch.«
»Fickt euch beide! Perverse Schweine!«
»Miriam«, sagt Eleanor, »ich verstehe ja, dass Sie aufgebracht sind. Jeder wäre das. Sie haben viel durchgemacht. Bevor Sie jedoch irgendetwas Unbedachtes unternehmen, fühle ich mich verpflichtet, zwei Sachen zu erwähnen. Erstens: Wir haben das Mädchen. Wir haben Lauren Martin.«
Miriams Inneres verkrampft sich.
»Ich bin bereit, das Schicksal des Mädchens mit Ihnen zu erörtern, jedoch nur, wenn Sie so freundlich sind, mich ausreden zu lassen. Und das bringt mich zur zweiten Sache: Wenn Sie jetzt etwas Drastisches unternehmen, wird Ihnen möglicherweise nicht mehr das Privileg gewährt, zu erfahren, was wirklich hier vor sich geht. Und wir werden nicht für die Sicherheit Lauren Martins garantieren können. Darüber hinaus werde ich Ihnen nicht mein Angebot unterbreiten.«
»Schieben Sie Ihr Angebot Ihrem Sohn in den Arsch! Vorzugsweise mit einer in Stacheldraht gehüllten Faust!«
»Dann wollen Sie also keine Geschichte hören?«
Miriam antwortet nicht. Sie hockt bloß da und kauert wie ein wildes Kind am Kopfende des Betts.
Eleanor lächelt. »Ich nehme Ihr Schweigen als Einverständnis. Lassen Sie mich Ihnen davon erzählen, wie ich einmal von Carl Keener vergewaltigt wurde.«
FÜNFZIG
Eleanors Geschichte
Ich war kein braves Mädchen.
Meine Eltern stammten aus reichen Verhältnissen. Meine Mutter hatte Verbindungen zur Stahlindustrie und besonders zum Transportwesen. Mein Vater war auf einer Elite-Universität der Ivy League und war dort sehr erfolgreich; er forschte und lehrte in einer Reihe von Fächern. Von mir wurde erwartet, jemanden zu einem sehr glücklichen Ehemann zu machen. Aus diesem Grund war es unerlässlich, dass ich auf ein Frauencollege ging – um zu lernen, wieman kultiviert ist, intelligent, eine taugliche Ehefrau für einen verdienstvollen Mann von angemessener Bildung.
Aber ich war kein braves Mädchen.
Ja, ich war im Segelclub. Im Reitteam. Ich spielte Theater und sang im Chor. Und ich trank viel, rauchte Marihuana, probierte LSD und Zauberpilze; und auch wenn ich den Stoff nicht ausprobierte, kannte ich Mädchen, die Heroin von schwarzen Gentlemen im Ghetto besorgen konnten.
Ich war das, was man als Flittchen bezeichnen würde.
Ich war eine Enttäuschung für meine Eltern. Eine Tatsache, auf die ich recht stolz war, denn ich hatte kein Interesse daran, ihnen zu gefallen. Meine Mutter war eine heimliche Trinkerin, mein Vater abweisend und frostig. Ich hatte keine Brüder, keine Schwestern, und deshalb fiel die ganze Aufmerksamkeit mir zu. Es machte mir Freude, dieses Rampenlicht auf jede nur erdenkliche Art zu missbrauchen.
Das sprach sich rum, wie das bei Mädchen wie mir eben der Fall ist. Und ich trieb mich weiterhin hier und dort herum.
Mehrmals hatte ich Schwangerschaftsängste. Hatte Abtreibungen.
In einer Nacht betrank ich mich bis zum Blackout und wäre fast vom Dach eines Schulgebäudes gefallen. In einer anderen Nacht raste ich mit zwei Jungen aus einem katholischen College in ihrem Wagen durch die Stadt. Sie waren betrunken, und ich war stoned. Sie fuhren einen kirschroten Buick Riviera, nahmen eine Kurve zu eng, und das Auto geriet in eine Böschung und überschlug sich – wieder und wieder und wieder. Der eine Junge brach sich das Bein, der andere das Schlüsselbein. Ich hatte nur Beulen und Schrammen, ein paar hässliche Quetschungen. Perfekte Quetschungen, um sie meiner Mutter zu zeigen.
Auch diese Geschichte sprach sich herum.
Eines Nachts war ich im Kellergeschoss des Troxell-Gebäudes, unseres Wohnheims. Ich saß da unten in einer der Abstellkammern und wartete auf ein paar Mädchen, die
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