Blacklist - Blacklist - Blacklist
geladenen Damen hatte ihn während eines Dinners im Garten verloren und würde sich freuen, ihn zurückzubekommen.
Meine Finger waren vom kalten Wasser geschwollen, und der Ring ließ sich nicht über den Knöchel schieben, aber normalerweise hätte er mir gepasst. Als ich ihn im Badezimmerspiegel betrachtete, wie er an meinem durch die Tauchaktion ziemlich ramponierten Finger saß, fand ich ihn noch grotesker. Er hatte zweifellos einer Person gehört, die mehr Geld als Geschmack hatte - obwohl die Armen sich vermutlich nur einbilden, besseren Geschmack zu haben, damit ihre miese Lage ihnen nicht so bewusst wird. Ich steckte den Ring in meine Jeans und zog los, um mich für meine Schleichtour auszustatten.
In dem Megastore gegenüber bekam ich Aspirin, Orangensaft, Strümpfe, neue Batterien für die Lampe, Arbeitshandschuhe mit Gummi an den Innenseiten und ein dunkelblaues Sweatshirt mit Kapuze - alles für insgesamt dreiundzwanzig Dollar. Mir schwante, dass diese Sachen Sklaven in China oder Burma hergestellt hatten. Das steht nie drauf: hergestellt von Arbeitssklaven, damit Sie es billig kriegen, aber bei dreiundzwanzig Dollar für ein Sweatshirt, Arbeitshandschuhe und so fort sollte man eigentlich Bescheid wissen. Ich jedenfalls sollte Bescheid wissen. Ich hätte nach Hause fahren können, um das ganze Zeug inklusive meiner Pistole von dort zu holen, aber ich bin Amerikanerin - ich will alles schnell, billig und einfach haben.
Im Motel trank ich die Hälfte des Orangensafts und schluckte zwei Aspirin, was ungefähr der Dosis entsprach, die sechs Stunden Schlaf ersetzt. Die anderen Sachen verstaute ich samt dem Messer und der Kopflampe in meinem Rucksack. Ich hängte das »Bitte nicht stören«-Schild an die Tür, falls ich das Zimmer heute noch mal benutzen wollte, aber meine Sachen lud ich ins Auto: Wenn alles glatt lief - und ich nicht schlappmachte -, wollte ich hinterher nach Hause fahren.
Ich war hellwach, so wie man sich manchmal fühlt, wenn man eigentlich völlig erschöpft ist. An der Einfahrt zur Coverdale Lane stellte ich den Wagen hinter einem Gebüsch ab. Ich wollte mich Larchmont Hall zu Fuß nähern, um niemanden aufzustören, der dort vielleicht herumlungerte.
Vor vier Tagen hatte ich mich auf dem Weg gegruselt; die Strecke schien mir endlos, die Tiere auf ihren nächtlichen Streifzügen kamen mir wie gefährliche Bestien vor. Inzwischen kannte ich mich in der Gegend so gut aus, dass ich im Laufschritt unterwegs war. Ich hatte die Kopflampe umgeschnallt, aber die Straße lag im fahlen Mondlicht, künstliches Licht war nicht nötig.
Die Bewegung lockerte meine Muskeln, und die Wirkung des Aspirins setzte ein. Ich dehnte die Arme. Zwischen den Schultern schmerzte ein Muskel so heftig, dass ich zusammenzuckte. Ich hoffte, dass ich den heute Nacht nicht mehr brauchen würde.
Zweimal kamen Autos vorbei, und ich versteckte mich im Gebüsch. Ich hätte auch die Abkürzung über die Felder nehmen können, aber auf dem Asphalt machte ich weniger Geräusche. Ich ging davon aus, dass Renee Bayard erst morgen früh den Sheriff verständigen würde, aber sicher war ich nicht - der Wabash Cannonball vergeudete keine Zeit, und wenn Renee glaubte, dass ihre Enkelin einen Mörder deckte, würde sie bestimmt sofort zur Tat schreiten. Ich nahm auch an, dass Catherine heute Nacht nicht noch einmal versuchen würde, sich davonzuschleichen, aber auch da konnte ich mir nicht sicher sein.
Als ich auf die Zufahrt von Larchmont kam, lief ich langsamer und blieb ab und an stehen, um zu lauschen. Mir war beim Laufen warm geworden, und ich spürte die kühle Winterluft am Rücken. Blätter und dürre Gräser raschelten im Wind, und ich blieb immer wieder stehen - nervös, wie ich war, glaubte ich ständig, jemanden durchs Unterholz schleichen zu hören.
Am Haus umrundete ich erst mal die Nebengebäude, um sicherzugehen, dass sich niemand dort versteckt hielt. Ich hatte die unangenehme Vorstellung, dass Renee Bayard oder der Sheriff irgendwo hervorspringen würden, begegnete aber zum Glück keinem. Als es am Teich plötzlich laut knackte, lag ich sofort flach am Boden, mit rasendem Puls; dann sah ich erst die Weißwedelhirsche, die panisch flüchteten.
Schließlich ging ich zum Haupteingang des riesigen Hauses, der unter einer von weißen Säulen gestützten Kuppel lag. Ich ließ mir keine Zeit mehr zum Zögern, sondern legte die letzten zwanzig Meter im Laufschritt zurück, sprang hoch und bekam eine der Querstreben
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