Blacklist - Blacklist - Blacklist
einerlei. Ich schmecke und spüre schon den Baldachin der Freiheit über mir.
Ihre Unterschrift war nach dem K unleserlich, wie auch auf den Unterlagen in der Harsh Collection.
Ich drehte die beiden Briefe hin und her, als könnten sie mir mehr offenbaren. Marcus Whitby hatte sie entdeckt und war damit zu Olin Taverner gegangen. Das hätte wohl auch Sherlock Holmes gefolgert. Vielleicht aber auch nicht. Aber Whitby hatte Taverner aus irgendeinem Grund aufgesucht, und welcher Grund sollte das sein, wenn nicht diese beiden Briefe. Er hatte sich nach dem Foto erkundigen wollen, das Taverner damals an den Unipräsidenten geschickt hatte.
Wenn Whitbys Notizblock nur den Aufenthalt unter Wasser überlebt hätte oder ich schlau genug gewesen wäre, ihn feucht zu halten, bis ich ihn bei Cheviot Labs abgab. Marc hatte sich während der Unterhaltung mit Taverner Notizen gemacht, das hatte Taverners Pfleger gesagt; der graue Matsch, den Kathryn Chang in einer Schutzhülle versiegelt hatte, war alles, was von dem Notizbuch übrig geblieben war. Kathryn hatte einzelne Seiten lösen und Fragmente retten können, aber nur ein paar Worte waren entzifferbar:
informieren, Schande, und, leid, jetzt, das, tot, sechzig.
Daraus hätte nicht mal die Enigma-Maschine irgendeinen sinnvollen Satz bilden können.
Ich nahm mir noch einmal Kathryn Changs Begleitbrief vor. Den letzten Absatz hatte ich noch nicht gelesen. Darin schrieb sie, Whitbys Palm Pilot habe sich auch in dem Terminplaner befunden. Sie könnte ihn an die Elektronikabteilung weiterreichen, vielleicht konnte man die Daten noch retten, »aber das könnte ziemlich teuer werden, dafür bräuchte ich in jedem Fall Ihr Einverständnis«.
Da sie für die Arbeit an den Papieren bereits achtzehnhundert Dollar berechnete, graute mir vor der Vorstellung, was sie wohl mit »ziemlich teuer« meinen könnte. Ich schrieb die achtzehnhundert auf die Kostenliste für die Whitbys. Da stand inzwischen schon einiges, und ich wusste nicht, wie viel davon Harriet übernehmen würde - kostspielige Laboruntersuchungen hatte sie beispielsweise nicht offiziell genehmigt. Ich blickte sehnsüchtig auf meine offene Akte für Darraugh, aber diese Kosten konnte ich ihm nicht aufs Auge drücken. Ich rief Kathryn Chang an und sagte, sie solle noch warten mit dem Palm Pilot.
Das gerettete Material enthielt jede Menge Informationen, aber mir fehlte irgendein Anhaltspunkt oder Schlüssel, um die Zusammenhänge zu begreifen. Ballantines Unterlagen in der Harsh Collection waren nicht sehr ergiebig gewesen, aber vielleicht waren die von Pelletier aufschlussreicher - falls sie überhaupt vorhanden waren.
Ich rief Amy Blount an und beschrieb ihr den Inhalt der Briefe. »Pelletier hatte offenbar eine engere Beziehung zu Kylie Ballantine, als ich vermutet habe; vielleicht finden wir in seinen Unterlagen mehr darüber. Wissen Sie, ob irgendwo Dokumente von ihm öffentlich zugänglich sind?«
Die Nachricht, dass Marc tatsächlich Originaldokumente aufgetrieben hatte, weckte bei Amy das Jagdfieber. Sie konnte es kaum erwarten, die Briefe selbst zu sehen, und wollte sich sofort nach Pelletiers Nachlass erkundigen.
Während ich auf ihren Rückruf wartete, las ich die Briefe noch einmal. Taverner hatte Ballantine gesagt, sie solle sich bei »ihresgleichen« erkundigen. Ich fand die Formulierung mit dem Bezug auf Rasse und Abstammung widerwärtig, fragte mich aber auch, wen er gemeint haben könnte. Augustus Llewellyn vielleicht, der in diesem Drama auf jeden Fall eine Rolle gespielt hatte. Andrerseits konnte auch jemand, von dem ich nichts wusste, Ballantine denunziert haben. Sie gehörte dem Federal Negro Theater Project an, sie hatte jeden zeitgenössischen schwarzen Schriftsteller und Künstler von Rang und Namen gekannt - vielleicht hatte Taverner Shirley Graham, Richard Wright oder sonst wen gemeint. Die Vorstellung, dass einer von ihnen Kylie an das HUAC verraten haben sollte, war absurd, aber auch Augustus Llewellyn war ein unwahrscheinlicher Kandidat für eine solche Tat.
Ich starrte auf die Papiere, bis mir die Buchstaben vor den Augen tanzten. Schließlich legte ich sie beiseite und erledigte anstehende Arbeiten für einen zahlenden Klienten, öde Ermittlungen, die ich schon seit einer Woche vor mir herschob. Als ich mich gerade in die Hintergründe einer uralten Versicherungstransaktion vertieft hatte, rief Larry Yosano an, der Laufbursche von Lebold & Arnoff. Ich hatte vergessen, weshalb ich ihn gestern
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