Blacklist - Blacklist - Blacklist
und meine Bücher aus sämtlichen Botschaften rund um den Erdball verbannt haben. Meine und die von Dash.
Der Malteser Falke
und
Die Geschichte zweier Länder
werden keinen Unterstaatssekretär in Canberra moralisch korrumpieren. Dash, der arme Teufel, trinkt sich zu Tode, aber ich will mich nicht so ohne weiteres zerstören lassen.
Dieser Brief war ein Durchschlag und nicht unterzeichnet, aber die Wut war noch immer deutlich spürbar.
Amy hatte Recht gehabt: Das Pelletier-Archiv war gewaltig. Wir saßen uns in der Sondersammlung der University of Chicago an einem Tisch gegenüber, zwischen uns Boxen mit Papieren und Büchern. Als wir uns einschrieben, meinte der Bibliothekar, Pelletier sei wohl gerade sehr angesagt - wir wären schon die zweiten, die dieses Archiv innerhalb eines Monats verlangt hätten.
Mit dem Spürsinn der geborenen Detektivin sagte Amy, ja, ihr Cousin Marcus sei ihr immer um eine Nasenlänge voraus, und der Archivar bestätigte uns, dass Marcus Whitby sich das Archiv vor drei Wochen angesehen habe. Er sei aber nur einmal da gewesen, habe also offenbar das Gesuchte gleich beim ersten Mal gefunden. Wir konnten von Glück sagen, meinte er, dass Mike Goode, der Archivleiter, die Boxen geordnet und mit Etiketten versehen hatte.
Dennoch hatten wir einen riesigen Berg vor uns. Das Archiv war vermutlich der Traum jedes Literaturkritikers, aber definitiv der Alptraum jedes Detektivs. Pelletier hatte alles aufgehoben - Rechnungen, Räumungsbescheide, Speisekarten von besonderen Abenden. Er hielt sich selbst für historisch so bedeutsam, dass er von all seinen Briefen Durchschläge aufbewahrt hatte. Die meisten glichen dem Schreiben an Calvin, waren lange Tiraden gegen eine Person oder eine Sache. In den Dreißigern und Vierzigern war sein Stil energisch bis beißend - scharfsinnige Beobachtungen über Personen oder öffentliche Ereignisse.
Später lasen sich Pelletiers Äußerungen zusehends verbittert und aufgebracht. Er schrieb wütend an die
New York Times
wegen der Rezension von Ödes Land, an die University of Chicago, die ihn in den Sechzigern nicht mehr im Lehrkörper haben wollte, an den Hausbesitzer, der die Miete erhöht hatte, an die Wäscherei, weil sie ein Hemd von ihm verloren hatte. Amy und ich blickten uns verstört an: Was hatte Marc bei seiner ersten Durchsicht in diesem Wirrwarr entdeckt?
Der
Herald Star
hatte einen zweispaltigen Nachruf über Pelletier gebracht. Ich las ihn auf biografische Daten hin. Er war 1899 in Lawndale an der West Side von Chicago geboren, hatte ein Jahr lang an der University of Chicago studiert, sich dann 1917 freiwillig zum Kriegsdienst in Frankreich gemeldet und bei seiner Rückkehr der radikalen Arbeiterbewegung angeschlossen, die in Chicago und Umgebung agitierte.
Pelletier machte kein Geheimnis daraus, dass er in den Drei ßigern und Vierzigern Kommunist gewesen war. Die Geschichte zweier Länder basierte auf seinen Erlebnissen im Spanischen Bürgerkrieg, wo er 1936 und 1937 fünfzehn Monate in der Abraham Lincoln Brigade kämpfte. Die Figuren des Romans waren wohl reale Personen, nur oberflächlich verändert und teilweise höchst abfällig geschildert, wie beispielsweise Picasso und Hemingway. Ferner wurde der Leser Zeuge der Diskussionen über das Kriegsgeschehen, wie sie in einer kommunistischen Zelle stattfanden; vermutlich gab es auch hierbei für die Figuren reale Vorlagen aus Pelletiers eigener Zelle in Chicago.
Als Pelletier vor dem Abgeordneten Walker Bushnell und dem House Un-American Activities Committee aussagen musste, wollte man ihn dazu zwingen, die Figuren in seinem Roman zu identifizieren, doch er weigerte sich mit der Begründung, es sei ein rein fiktionales Werk, weshalb er zu einer Haftstrafe von sechs Monaten für Missachtung des Kongresses verurteilt wurde. Als Schriftsteller, der auf der schwarzen Liste stand, hatte er danach Schwierigkeiten, einen Verlag zu finden, und verfasste unter dem Pseudonym »Rosemary Burke« Liebesgeschichten. Er erlag am Donnerstag im Alter von vierundsiebzig Jahren einer Lungenentzündung, die sich infolge von Unterernährung verschlimmert hatte.
Pelletier hatte vor Die Geschichte zweier Länder einen Roman geschrieben, und zwei weitere im folgenden Jahrzehnt. Alle vier waren kommerziell erfolgreich und wurden von der Kritik gelobt, wiewohl sich die Rezensenten einig waren, dass es sich bei Geschichte zweier Länder um sein Meisterwerk handelte. Dann entstand eine Pause von über zehn
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