Blacklist - Blacklist - Blacklist
das bereits für einen privaten Auftraggeber erledigt, wollte er natürlich wissen, für wen. Er meinte, Sie seien am Sonntag bei dem Treffen gewesen, bei dem vereinbart wurde, Whitby ein zweites Mal zu obduzieren. Und Captain Mallory war überhaupt nicht froh darüber, dass Sie mich im Namen der Familie Whitby beauftragt hatten, es ihm aber nicht sagten.«
»Ich war bei diesem Treffen«, gab ich zu. »Weil ich im Verdacht stehe, einen ägyptischen Jungen vor dem FBI zu verstecken, nicht weil ich zu einer Diskussion über Verbrechensbekämpfung geladen war. Was haben Sie bei der Autopsie rausgekriegt?«
»Verflucht, Warshawski, erst täuschen Sie mich, dann wollen Sie wissen, was ich rausgekriegt habe, so läuft's nicht.«
»Verflucht, Vishnikov, wieso rufen Sie mich an, um mich anzuschreien, anstatt alles vernünftig durchzusprechen?«, sagte ich wutentbrannt. »Ich habe Sie in gutem Glauben beauftragt, ich habe einen privaten Bestatter beauftragt, die Leiche zu Ihnen zu bringen, alles, wie Sie es verlangt hatten. Was haben Sie rausgefunden?«
»Ich sage Ihnen jetzt für lau, was ich schon Mallory gesagt habe: Er hat keinerlei äußere Verletzungen. Whitby wurde nicht erschossen, nicht erstochen, nicht erschlagen, bevor er in diesem Teich landete. Er ist ertrunken.«
»Und der Alkoholgehalt im Blut?«
»Die toxikologische Analyse kommt heute Abend oder morgen rein. Die können Sie sich von Mallory holen. Ich werde Ihnen nichts berechnen, weil die Stadt denselben Auftrag erteilt hat, aber die Analyse werden Sie sich nicht umsonst anschauen.«
Er unterbrach die Verbindung. Klack, als hacke man einer Leiche den Kopf ab. Ich betrachtete erschöpft meine Hände. Ich hatte mir so viel erwartet von der Obduktion. Ich war so sicher gewesen, dass Vishnikow irgendeine Verletzung finden würde… und der Golfwagen war doch durch den Tunnel gefahren - aber vielleicht stammten die Reifenspuren auch nicht von einem Golfwagen. Sherlock Holmes hätte einen Golfwagen ausgemessen, Gipsabdrücke von den Reifen gemacht und sie mit den Spuren in dem Tunnel verglichen. Womöglich hatte ich Verbindungen gesehen, wo es keine gab, weil ich einen Mord sehen wollte, wo es nur einen rätselhaften Unfall gegeben hatte.
Mein Vater hatte mir immer Vorhaltungen gemacht wegen meiner emotionalen und vorschnellen Urteile. »Verlass dich nicht so sehr auf deine Gefühle, Hitzkopf. Nimm dir Zeit und denk alles in Ruhe durch. Du kannst dir selbst eine Menge Kummer ersparen und mir auch.«
Das hatte er nicht nur einmal gesagt, aber ich erinnerte mich am deutlichsten an einen Tag, an dem er mich im Büro des Schulrektors abholen musste. Ich hatte versucht, einen Sitzstreik gegen die Verweisung eines Schülers zu organisieren. Ich glaubte, sie wollten Joey von der Schule werfen, weil er in einer Baracke lebte und stank, aber dann stellte sich heraus, dass er die Umkleidekabinen in Brand gesteckt hatte. Jetzt fragte ich mich, ob ich mich von meinen Gefühlen verleiten ließ, wieder einen Joey zu schützen, ob Benjamin Sadawi womöglich auch ein Brandstifter war. Ich schien nicht viel dazugelernt zu haben in den letzten fünfundzwanzig Jahren.
Ich drehte mit den Hunden eine kurze Runde, dann ging ich zu meinem Safe im Schlafzimmer und holte die Smith & Wes-son heraus. Ich fuhr zum Schießplatz und gab hundert Schuss ab, hauptsächlich um meinen Frust loszuwerden. Ich traf meist daneben, was meine Laune nicht besserte; als ich ins Büro fuhr, kam ich zu dem Schluss, dass ich meine Probleme wohl doch lieber mit Fingerspitzengefühl lösen sollte.
Als Bobby kurz nach zehn anrief, hatte ich das bereits wieder vergessen. Jetzt war er an der Reihe, mich herunterzuputzen, weil ich ihm nicht gesagt hatte, dass Vishnikov bereits an Whitbys Leiche arbeitete. »Du hast dir die ganze Diskussion darüber angehört, wo die Leiche ist und wer die zweite Autopsie machen soll und hast mit keinem Ton verlauten lassen, dass Vishnikov schon damit beschäftigt ist.«
»Ich war zwei Stunden lang rücksichtslos verhört worden. Wenn ich zu der Truppe irgendwas davon gesagt hätte, wäre ich noch zwei Stunden dort gesessen.«
»Aber später, als du mit mir alleine warst?«
»Bobby, du hast nach diesem ägyptischen Jungen gefragt, und ich war müde - ich hab's vergessen. Habt ihr ihn inzwischen gefunden?«
»Vicki, ich sage dir, das alles hier ist kein Scherz. Wenn du weißt, wo Benjamin Sadawi ist und du schweigst dich darüber genauso aus wie über die Obduktion,
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