Blacklist - Blacklist - Blacklist
Ballantine in der Bar rumgehangen, in der sich linke Aktivisten und Arbeiterführer trafen.
Marc hatte dieses Manuskript gelesen. Wenn er nun darauf zu Llewellyn gegangen war und gesagt hatte: »Ich mache mir Gedanken, Sir, wegen eines Manuskripts von Armand Pelletier. Es lässt Rückschlüsse zu, dass Sie in den vierziger Jahren mit dem Kommunismus sympathisiert haben.«? Vielleicht legte Llewellyn keinen Wert darauf, dass seine Parteifreunde oder Segelkumpel davon Wind bekamen. Wenn er Marc nun gebeten hätte, ihn abends zu treffen - »Fahren Sie mit mir nach New Solway. Ich zeige Ihnen, was hinter den Kulissen bei diesen Leuten los war«, wäre der sicher nur zu gerne mitgekommen. Llewellyn kannte schließlich viele Leute in New Solway. Er war das einzige schwarze Mitglied des Golfclubs von Anodyne Park. Julius Arnoff war ebenso seine Rechtsvertretung wie die von Geraldine Graham und Calvin Bayard - bei einem beiläufigen Gespräch mit seinem Klienten hatte Arnoff Llewellyn wahrscheinlich erzählt, dass die Nou-nous ausgezogen waren; so ein Jammer, Larchmont Hall steht jetzt leer, im Zierteich treiben tote Karpfen…
»V. I.! Wachen Sie auf, Sie sind wie gelähmt.« Amy rüttelte mich am Arm. »Sagten Sie nicht, dass Sie um vier einen Termin haben? Es ist zwanzig vor vier, und Sie starren seit zehn Minuten ins Leere.«
Ich sah sie blinzelnd an und versuchte, mir die Dringlichkeit des Termins ins Gedächtnis zu rufen. »Zwanzig vor vier? Ja, dann sollte ich wohl los.«
Ich wollte das Manuskript in meinen Aktenkoffer packen, bis mir im letzten Moment einfiel, dass es Eigentum der Bibliothek war. »Sorry. Hören Sie, der Leseraum schließt in einer Stunde. Meinen Sie, Sie könnten das bis dahin noch durchlesen? Oder es kopieren? Wenn es so ein Klee-Dingsda sein sollte -«
»Roman à clef«, korrigierte Amy und buchstabierte mir den Ausdruck. »Ein Schlüsselroman. Ich kann ihn natürlich lesen und Ihnen sagen, was ich davon halte und ihn kopieren, aber es bleibt ein Roman, auch wenn es ein Schlüsselroman ist, und Sie können ihn nicht als Beweis benutzen.«
Der Bibliothekar näherte sich und bat uns, die Gespräche draußen fortzusetzen, man hätte sich über den Lärm beklagt. Amy ging mit mir nach draußen.
»Das hab ich auch nicht vor«, sagte ich. »Aber in dem Artikel über Com-Thought, den Sie gefunden haben, stand doch, dass die Organisation in einer Bar namens Flora's an der West Side begründet wurde, in der es keine Rassentrennung gab und in der sich linke Intellektuelle und Führer der Arbeiterbewegung trafen. In Pelletiers Roman gibt es eine Bar an der West Side, die Goldie's heißt und in der sich Künstler und Führer der Arbeiterbewegung treffen. Dieses Manuskript wirft Licht auf das Leben einiger Personen. Selbst wenn Pelletier manches der Story wegen verfälscht hat oder weil er sich als Opfer von Bayard oder Llewellyn betrachtete, scheint es doch so gewesen zu sein, dass Llewellyn und Ballantine und Geraldine in der Zeit vor den McCarthy-Anhörungen mit Pelletier und Calvin Bayard befreundet waren. Sie haben alle mit dem Kommunismus geliebäugelt. Das ist möglicherweise auch das Geheimnis, das Taverner fünfzig Jahre lang bewahrt hat. Allerdings erklärt es nicht, warum Taverner den Mund hielt, bis er von Marc Besuch bekam.«
Ich trat wütend nach einem Stein. »Verflucht noch mal! Ich muss los. Hören Sie, lesen Sie das Teil einfach, bitte! Ich rufe Sie heute Abend an.«
»Geht klar. Ich werde das erhabene Werk studieren und Ihnen eine Kopie davon machen. Und nun laufen Sie, es sei denn, Sie wollen diese Klienten unbedingt loswerden.« Amy gab mir einen Schubs, damit ich mich in Bewegung setzte.
Ich sprintete an den Studentenwohnheimen hinter der Bibliothek vorbei zur Fifty-fifth Street, wo ich den Wagen geparkt hatte. Meine Klienten saßen im West Loop, am Wacker Drive, den die Stadt in Einzelteile zerstückelt hat; als ich endlich einen Parkplatz ergattert hatte und zu dem Gebäude rannte, war ich schon über zwanzig Minuten zu spät. Meinem Ruf nicht förderlich. Zu allem Überfluss hatte ich auch noch vergessen, mir einen Stift einzustecken, und musste mir von den Klienten einen ausborgen. Und am übelsten war die Tatsache, dass es mir nur mit Mühe gelang, mich auf ihr Anliegen zu konzentrieren, was unfair war, da sie ihre Rechnungen immer pünktlich zahlen. Als ich im Aufzug nach unten einen Blick auf meine Notizen warf, musste ich feststellen, dass ich mehrmals wie ein
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