Blacklist - Blacklist - Blacklist
wohnen, bis - bis alles klarer ist. Im Büro haben sie mir gesagt, ich kann so lange wegbleiben, wie es nötig ist.«
»Aber ich kann nicht nach Hause fahren, wenn mein Schatz hier in der Leichenhalle in einer Schublade liegt«, jammerte Mrs. Whitby.
»Harry hat Recht; wir können nicht Gott weiß wie lang in diesem Hotel bleiben«, sagte Mr. Whitby. »Aber wenn du noch länger bleiben willst, könnten wir wohl in Marcs Haus wohnen.«
»Erst, wenn die Spurensicherung dort war«, sagte ich.
Sie debattierten noch eine Weile weiter, während ich auf den Lake Shore Drive einbog. Der See, der zur Zeit den niedrigsten Wasserstand dieses Jahrhunderts hatte, war düster und reglos, nicht dramatisch wie sonst in stürmischen Wintern, sondern still und stumm wie ein Tier im Winterschlaf. Mrs. Whitby, die wortlos geradeaus starrte, kam mir ähnlich apathisch vor.
Als ich vor dem Drake anhielt, hatten sie sich immer noch nicht entschieden, wer bleiben und wer nach Hause fahren sollte, aber Mr. Whitby hatte klargestellt, dass ich mit »meiner Sache« weitermachen sollte. Amy stieg mit der Familie aus, aber nachdem sie Harriet und Marcs Eltern zum Abschied umarmt hatte, ließ sie sich auf dem Beifahrersitz nieder.
»Ich kann Sie am Zug absetzen«, sagte ich, »aber nicht nach Hause fahren.«
»Ich dachte, ich komme mit, vielleicht brauchen Sie mich ja.«
Ich machte den Mund auf, um Widerspruch zu äußern, und schloss ihn dann wieder. Ich brauchte Hilfe, und Amy war eine erfahrene Rechercheurin. Ich lud sie ein, mit in mein Büro zu kommen, weil ich von dort aus bei der Polizei anrufen wollte. »Wir warten deren Reaktion ab und entscheiden dann, was wir als Nächstes machen.«
Amy zog die Augenbrauen hoch, als sie die unordentlichen Aktenstapel sah, verkniff sich aber jeden Kommentar. Sie setzte sich auf Mary Louises Stuhl und sah mir zu, während ich den Anruf machte. Ich probierte es als Erstes bei Terry Finchley, einem Detective in der Abteilung für Gewaltverbrechen des First District. Als Mary Louise noch bei der Polizei gearbeitet hatte, war er ihr Vorgesetzter gewesen. Er war auch ein guter Freund eines Cops aus Chicago, den ich geliebt und verloren hatte, und er hat mir nie ganz verziehen, wie ich mit Conrad umgegangen war. Dennoch arbeiten wir gelegentlich zusammen, und er nimmt meine Meinung ernst.
Nachdem ich die Lage geschildert hatte, sagte Finchley: »Das ist ein rechtliches Problem, Vic. Er ist im DuPage County gestorben. Er gehört denen.«
»Aber, Finch, er wohnte hier in der South Side. Sein Wagen steht dort, und jemand hat Sachen aus seinem Haus verschwinden lassen.«
»Ein Auto vor einem Haus, aus dem Sachen verschwunden sind, ist kein Beweis für ein Verbrechen, Vic. Ich kann kein Team von der Spurensicherung hinschicken und auch keins vom Twenty-first District verlangen. Dort ist kein Verbrechen begangen worden.«
»Einbruchdiebstahl -«
»Deiner Ansicht nach. Er kann seine Aufzeichnungen verbrannt haben. Er kann bei einem Computerabsturz all seine Dateien verloren haben. Da kommen wir nicht ins Geschäft, Vic. Du kannst natürlich mit dem Captain reden, aber ich kann das nicht auf mich nehmen.«
Der Captain war Bobby Mallory, ältester Freund meines Vaters bei der Polizei. Wie Finch zollt er meiner Arbeit Respekt, sähe mich aber lieber in einem anderen Beruf. In seinem Fall hat das nichts mit meinem einstigen Liebsten zu tun, sondern mit der Tatsache, dass ich die Tochter seines besten Freundes bin. Er würgte mich noch früher ab als Finch und äußerte dann abschließend: »Soweit ich informiert bin, kann deine Intuition nicht als hinlänglicher Grund dafür gelten, dass wir eine Leiche aus dem DuPage County übernehmen. Wir haben fünfhundert unaufgeklärte Mordfälle hier in der Stadt. Ich hab keine Lust, mir Stress auf den Hals zu ziehen, indem ich für den fünfhundertsten sorge. Eileen möchte, dass du zum Abendessen kommst. Ruf sie an und mach einen Termin aus. Ist der nette Knabe von dir immer noch Held in Afghanistan?«
»Irgendwas wird er da schon sein«, knurrte ich erbost.
»Gib auf dich Acht, bis er heimkommt.«
Sollte heißen, lande nicht in anderen Betten, auch wenn Odysseus in den Armen einer englischen Journalistin liegt. Beim Gedanken daran knallte ich heftig den Hörer auf.
»Sie erleben nicht gerade meine größten Erfolge«, teilte ich Amy mit. »Aber ich kann zumindest noch nachfragen, ob der Gerichtsmediziner vom Cook County die Obduktion privat machen würde.«
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