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Blacklist - Blacklist - Blacklist

Titel: Blacklist - Blacklist - Blacklist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky , Pößneck GGP Media GmbH
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und für seine Familie arbeitete -, taute der Archivar auf. Mr. Whitby sei ein wirklich gebildeter Mann gewesen. Von denen kämen ja nicht viele hierher, sondern hauptsächlich Studenten, die für Seminararbeiten ein paar Informationen über Martin Luther King brauchten. Natürlich erklärte er gerne jungen Leuten, wie man ein Archiv benutzt, aber es sei doch sehr befriedigend, die Sammlung jemandem zur Verfügung zu stellen, der sie wirklich zu schätzen wusste.
    Reed führte mich in einen klimatisierten Raum mit Fotos von schwarzen Dichtern und Künstlern an den Wänden. Unter dem freundlichen Blick von Gwendolyn Brooks und Langston Hughes sah ich die Unterlagen durch, mit denen Marcus Whitby sich beschäftigt hatte. Briefe und andere Dokumente wurden in Plastikhüllen aufbewahrt. Ich versuchte, sie zu überfliegen und dabei nach Namen und Ereignissen Ausschau zu halten, die mir etwas sagten, aber Kylie Ballantine hatte eine feine, krakelige Handschrift gehabt und häufig mit Bleistift geschrieben, weshalb die Texte mühevoll zu entziffern waren. Manchmal hatte sie sich auf Seiten aus Schulheften Notizen gemacht, manchmal auf dünnem, grünen Papier, auf dem die helle Schrift kaum mehr zu erkennen war.
    Ich las ihren Briefwechsel mit Franz Boas, der an der Columbia University lehrte, über ihre Entdeckungen in Afrika, mit Hallie Flanagan über die Arbeit an Regeneration , ihren erbosten Brief an die Frau von W.E.B. DuBois, als der Kongress das Federal Theater Project aufgab.
    Wir haben wertvolle und wichtige Arbeit geleistet. Die Behauptung, dass ein Ballett wie Regeneration oder Ihr Stück Swing Mikado von kommunistischem Gedankengut beeinflusst sind, nur weil wir versuchen, die Wahrheit über die Rassentrennung in diesem Land zu sagen, führt mich direkt in Versuchung, wirklich mit dem Kommunismus zu liebäugeln. Ich weiß nicht, wovon ich jetzt leben soll - ich werde wohl wieder ernsthaften kleinen Mädchen das Tanzen beibringen und dafür Geld nehmen von deren Mütter, die sich das hart erarbeiten, indem sie weißen Leuten die Wäsche waschen, damit ihre Töchter in meinem Studio das erlernen können, was in Afrika ihr angestammtes Recht gewesen wäre.
    Das Archiv war lückenhaft; manchmal fand ich Briefe von Kylie an Shirley Graham, aber keine Antwort dazu, dann wieder Briefe oder getippte Mitteilungen an Kylie selbst, ohne dass man feststellen konnte, was sie zuvor geschrieben hatte. Einige getippte Briefe aus der zweiten Hälfte der Vierziger stammten von einem Komitee ohne Namen (»…das Komitee ist Ihnen sehr dankbar für Ihre Mitwirkung an der Benefizveranstaltung. 1700 Dollar kamen zusammen, die unser Schirmherr um dieselbe Summe ergänzte.« »Das nächste Treffen des Komitees findet am 17. Juni in der Ingleside Church statt.«).
    Direkt vor dem Zweiten Weltkrieg hatte Kylie Ballantine von der University of Chicago Geld für ein Forschungsprojekt in Afrika erhalten. Wie und wo sie die Kriegsjahre verbrachte, ging aus den Unterlagen nicht hervor, aber 1949 unterzeichnete sie einen Vertrag mit der University of Chicago Press für ein Buch mit dem Titel Tanzrituale der Bantu. Sie bekam fünfhun dert Dollar dafür. Vielleicht war das 1949 das übliche Honorar.
    In ihrem zweiten Buch beschäftigte sie sich explizit mit der Sklaverei und den Tänzen, die sie in Amerika entdeckt und nach Afrika zurückverfolgen konnte. Der größte Sprung: Afrikanische Tänze in der Sklaverei war nicht bei einem kleinen Univerlag erschienen, sondern bei Bayard Publishing. Das erstaunte mich: Vielleicht hatte Tanzrituale sich besser verkauft als erwartet. Vielleicht hatte Ballantine von ihren Tantiemen leben können. Oder vielleicht hatte Calvin Bayard sie persönlich gekannt und wollte sie fördern.
    Ich starrte auf das Bayard-Logo auf dem Titelblatt, den gezackten Umriss eines Löwen, als könne es mir etwas verraten, dann blätterte ich das Buch durch. Aufnahmen von Masken, von scheu lächelnden afrikanischen Mädchen, die Tanzschritte vorführten, oder von scheu lächelnden afroamerikanischen Mädchen, die offenbar dieselben Schritte einstudiert hatten - das ließ sich ohne Erläuterung nicht erkennen. Ich las einzelne Absätze über die Orte, an denen Kylie Ballantine sich aufgehalten hatte, über ihre Eindrücke, über ihre Vergleiche mit den Tänzen im amerikanischen Süden. Sie äußerte sich erbittert über die arrogante Haltung weißer Amerikaner zum afroamerikanischen Tanz.
    Sie missachten die Geschichte von

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