Blackmail: Thriller (German Edition)
aufzutischen. Ihr scharf angebratener Wels dampft auf dem Teller, und meine Ente ist perfekt gebraten. Das einzige Problem ist: Ich habe keinen Hunger mehr. Nachdem der Kellner gegangen ist, sage ich leise: »Wenigstens weiß ich jetzt, wo du stehst.«
Sie legt die Hände zusammen, als wollte sie beten. »Tu das nicht, Penn. Lass uns von hier weggehen und woanders leben. Irgendwo, wo dieser Konflikt nicht der Mittelpunkt unseres täglichen Lebens ist.«
Ich deute auf ihren Teller. »Willst du nicht essen?«
Sie starrt auf ihren Wels und verzieht das Gesicht. »Ich weiß, du hasst alles, was ich gesagt habe. Wäre ich noch die Gleiche wie vor fünf Jahren, würde ich die Frau beschimpfen, die ich heute bin. Für jeden, der diese Stadt nicht kennt, mag ich mich anhören wie ein einheimischer Bauerntrampel. Aber es gibt keinen besseren Lehrer als die Erfahrung.«
»Warum wechseln wir nicht das Thema, solange wir beim Essen sind?«
Caitlin nickt, hebt ihre Gabel und löst ein Stück aus dem Fisch.
»Wir können uns über alles unterhalten, nur nicht über Rassenprobleme, Politik oder die bevorstehende Mordanklage gegen Drew«, sage ich.
Ihr Blick zuckt zu mir hoch.
»Nicht«, warne ich sie.
»Penn, was ist nur los? Wir haben während des gesamten Del-Payton-Falles zusammengearbeitet. Ich habe dir bei deinen Ermittlungen geholfen, und du hast mir Teile der Story geliefert.«
»Das war eine andere Situation.«
»Tatsächlich? Oder war es vielmehr so, dass du mich damals als Gegenleistung ausnutzen konntest?«
Ich gebe es nicht gerne zu, aber da könnte sie nicht ganz unrecht haben.
»Sag mir nur eins«, fährt sie fort. »Hat dich die Möglichkeit einer Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters daran gehindert, Drews Verteidigung zu übernehmen?«
Ich seufze schwer. »Wahrscheinlich.«
Tiefe Traurigkeit erscheint in ihren Augen. »Du entwickelst dich jetzt schon zu einem Politiker.«
»Nein. Zu einem Realisten.«
»Ich hatte befürchtet, du würdest Drew nicht verteidigen, weil du glaubst, dass er Kate ermordet hat.«
»Nein.«
»Gut. Das freut mich.« Sie nimmt ein kleines Stück Fisch und schiebt es sich in den Mund. »Der Fisch ist perfekt gewürzt. Wow.«
»So kriegst du ihn in Boston nicht.«
Caitlin verdreht die Augen.
»Was denkst du über Drew und Kate?«, frage ich. »Nicht den Fall – ihre Beziehung.«
Sie nimmt einen großen Schluck Wein. »Ich kann es verstehen. Sie haben beide etwas aus dieser Beziehung gewonnen, das sie gewollt, vielleicht sogar gebraucht haben.«
»Was hat Drew gewonnen?«
»Die Bewunderung eines schönen und brillanten jungen Mädchens. Er konnte Thomas Wolfes Regel durchbrechen, dass kein Weg zurück führt, und er bekam die Chance zu einem ganz neuen Leben mit einem Menschen, der ihm selbst sehr ähnlich war. Das ist für jemanden wie Drew eine Droge, stärker noch als Heroin.« Caitlin lächelt eigenartig. »Kannst du dir die Ekstase vorstellen, wenn er mit Kate geschlafen hat? Es muss sich für ihn angefühlt haben wie ein evolutionäres Nirwana, weißt du?«
Nein, weiß ich nicht, geht es mir durch den Kopf, doch ein Bild von Mia erscheint vor meinen Augen. »Und was hat Kate davon gehabt?«
»Abgesehen vom Offensichtlichen? Der Freud’schen Geschichte?«
»Du meinst Drew als Vaterfigur?«
»Sicher«, sagt Caitlin und lacht. »Kates Vater hat die Familie verlassen, als sie sechs war – was sie im Übrigen mit Mia Burke gemeinsam hat. Ich glaube nicht, dass Mia ihren Vater je gekannt hat.«
»Nein. Er ließ seine Tochter im Stich, als sie zwei war.«
»Jede Liebe ist von Natur aus wechselseitig«, sagt Caitlin, während sie nachdenklich auf ihrem Essen kaut. »Die Steigerung, die Kates Selbstvertrauen erfahren hat, muss gewaltig gewesen sein. Indem sie von Drew begehrt wurde, fühlte sie sich nicht nur geliebt, sondern auch würdig, geliebt zu werden. Man kann den Wert dieses Gefühls für eine heranwachsende Frau gar nicht hoch genug einschätzen. Abgesehen davon hatte sie noch weitere Vorteile. Ihre Beziehung mit Drew verschaffte ihr wahrscheinlich einen Vorsprung von wenigstens fünf Jahren vor ihren Klassenkameraden, was Reife und Beziehungen angeht.«
»Hört sich an, als hättest du kein Problem mit dem, was passiert ist.«
Caitlin zuckt die Schultern. »Ich weiß, dass die Leute sich über derartige Affären aufregen, aber was erwarten sie denn? Die Hälfte aller Models, die wir in Magazinen sehen, sind höchstens sechzehn oder siebzehn. Die
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