Blackmail: Thriller (German Edition)
den Mord an Kate verurteilt werden.«
»Das verstehe ich. Aber Sie sollten mich nicht hassen, Mann. Sie haben nie in meiner Haut gesteckt. Sie wissen nicht, wie ich zu dem geworden bin, was ich bin.«
»Ich weiß, dass Sie eine harte Kindheit hatten. Aber so geht es vielen anderen Menschen auch. Trotzdem tun sie später nicht die Dinge, die Sie getan haben.«
Das schien ihn köstlich zu amüsieren. »Nicht viele Menschen hatten eine Kindheit wie ich, Mr Cage.«
Das ist der Grund, warum ich hier bin, erkannte ich. Er will, dass ich Verständnis für ihn empfinde. Er will, dass ich mir seine Geschichte anhöre und ihm sage, dass er im Grunde genommen gar kein so schlechter Mensch ist. Ich habe eine Menge Kriminelle kennen gelernt, die so sind wie er. Markogehört zu jenen Leuten, die niemals glauben, dass es ihre Schuld war, ganz gleich, was sie tun. Es hatte überhaupt keinen Sinn, ihn anzuhören, außer meine Neugier über Kates letzte Minuten zu befriedigen. Doch das war Grund genug.
»Sagen Sie, was Sie mir sagen möchten«, antwortete ich.
»Ich brauche eine Zigarette.«
»Ich brauche einen Ferrari.«
Marko prustete vor Lachen. »Das ist gut! Das gefällt mir!«
Ich blickte auf meine Uhr. »Sie haben fünf Minuten, Marko.«
»Was schätzen Sie, was werden die mit mir machen?«
»Nicht das, was Sie verdienen, fürchte ich.«
»Und was verdiene ich?«
»Den ›Großen Schlaf‹.«
»Was?«
»Das ist ein Buch.«
»Ich glaube nicht, dass die irgendwas mit mir machen werden«, sagte er wie ein Spieler, der die Chancen eines bedeutungslosen Spiels einschätzt. »Nicht, nachdem sie meine Geschichte gehört haben. Das hier ist Amerika, Mann. Ich hab die Talkshows gesehen. Sie werden für mich kämpfen.«
Er hat bereits alles geplant!, dachte ich. Er sieht sich bereits im Interview-Karussell. »Werden Sie zuerst bei Larry King auftreten oder bei Oprah Winfrey?«
»Genau!« Er lachte noch lauter. »Das ist es! Larry King Live! cnn. Die Leute werden mich sogar zu Hause in Kroatien sehen!«
»Die Uhr tickt, Marko.«
»Ja, sicher. Ich weiß. Okay. Ich komme aus Srebece, ja? Das ist ein kleines Dorf nicht weit von Dubrovnik. Ich bin dort aufgewachsen, bis ich neun Jahre alt war. Ich hatte eine Familie. Schwester, Bruder, Mama, Papa. Alle waren glücklich. Dann kamen die Serben. Es war nicht wie bei cnn, okay? Sie kamen in der Nacht und traten die Türen ein. In allen Häusern, sämtliche Türen. Die Soldaten machten, was sie wollten,nahmen sich, wozu sie Lust hatten. Alles. Geld, Möbel, Autos, Frauen.«
Marko schniefte und blickte sich in seinem Krankenzimmer um. »Als sie zu unserem Haus kamen, aßen wir zu Abend. Rotkohl, ich erinnere mich noch heute daran. Als Papa vom Tisch aufstand, schlugen sie ihn mit einem Gewehrkolben. Fünf Soldaten waren bei uns im Haus. Zwei ältere, drei junge. Alle mit Kalaschnikows. Sie schlugen meinen Vater zu Boden. Nach ihm meinen Bruder Karol. Karol war sechzehn. Dann nahmen sie meine Mutter und meine Schwester mit in die Schlafzimmer. Drei Kerle. Papa versuchte sie aufzuhalten, also schoss der älteste der Kerle ihn in den Bauch. Papa lag am Boden und hielt seine Eingeweide, während Mama und Katrina in den Schlafzimmern schrien.«
»Wo waren Sie?«
»Einer der Soldaten hielt mich fest. Als er mich losließ, um sich eine Zigarette anzustecken, wollte ich zu Mama rennen. Da stach mich der alte Soldat mit dem Bajonett nieder. Einfach so, in den Bauch. Es hat nicht mal weh getan. Es war so, als hätte mir jemand die Luft genommen. Als wäre ich von einem Fußball in den Bauch getroffen worden.«
Marko klimperte mit den Handschellen. »Diese Vergewaltigungen dauerten endlos. Mama und Katrina hörten nicht auf zu schreien. Sie wehrten sich gegen die Bastarde. Schließlich brachten die Soldaten sie wieder nach vorne. Keine Sachen mehr an und blutig überall. Dann sagte der alte Kerl, dass er eine Show wollte. Er befahl meinem Bruder, es mit meiner Schwester zu machen. Können Sie das glauben? Karol sagt Nein, das kann er nicht. Der Kerl sagt: ›Mach es, oder ich töte deine Mutter, du stinkender Kroate.‹ Heute weiß ich, dass er uns sowieso alle umbringen wollte, aber damals … ich war ein dummer kleiner Junge. Die Serben haben das mit allen gemacht, Mann. Besonders mit den Muslimen.«
»Wie die Chinesen in Tibet.«
»Was?«
»Als die chinesische Armee in Tibet einmarschiert ist, haben sie die buddhistischen Mönche gezwungen, ihre Glaubensbrüder zu töten. Weil
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