Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blackmail: Thriller (German Edition)

Blackmail: Thriller (German Edition)

Titel: Blackmail: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
sie ziemlich sicher noch in der Schule. Sie hat die Schule wahrscheinlich gegen drei verlassen. Ich bin um halb vier aus der Praxis verschwunden. Ich brauche zehn, zwölf Minuten bis zu der Stelle am Bach. Ich habe nicht zu Hause geparkt, weil ich ungeduldig war. Ich habe den Wagen hinten auf einem leeren Grundstück in Pinehaven abgestellt und bin von Süden her zum Treffpunkt gekommen.«
    »Hat dich jemand gesehen?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Aber es könnte sein. Die Erpresser beispielsweise. Sie könnten deinen Wagen gesehen haben und dir gefolgt sein.«
    »Vielleicht. Aber das kann ich mir nicht vorstellen. Man kann die Stelle nicht von der Straße einsehen, wo ich den Wagen geparkt hatte.«
    Drews Stimme wird leiser, und ich habe Mühe, ihn zu verstehen. »Ich habe sie aus dreißig Metern Entfernung gesehen. Sie lag am Ufer, den Kopf im Wasser. Ich sagte mir, dass es nicht Kate sein konnte. Mein Verstand wollte nicht akzeptieren, was meine Augen sahen. Doch irgendwie wusste ich es trotzdem. Ich rannte zu ihr und sah auf sie herunter, und ich … ich … Sie hatte ihre Tennissachen an. Das Hemd und der Sport-BH waren bis zum Hals nach oben geschoben, und sie war von der Hüfte abwärts nackt. An ihrer Schläfe war frisches Blut … Kapillarblutungen rings um die Augen. Ich wiegte ihren Kopf und …«
    Drew schlägt sich die Hand vor den Mund, als seine Stimme versagt. Er schluchzt unterdrückt. Dann spricht er monoton weiter. »Ihre Augen waren weit offen, die Pupillen starr und geweitet. Ich war sicher, dass sie tot war, versuchte aber trotzdem, sie wiederzubeleben. Ich habe zehn Minuten ihren Herzmuskel massiert, konnte sie aber nicht reanimieren.«
    »Hast du nicht den Notarzt gerufen?«
    »Ich hatte mein Handy im Wagen gelassen.«
    Ich frage mich, ob das die Wahrheit ist. »Hättest du Hilfe herbeigerufen, wenn du es bei dir gehabt hättest?«
    »Verdammt, ja!«
    »War sie noch warm?«
    Drew wird ganz still. »Ja. Sie war noch warm.«
    »Okay. Also wusstest du, dass sie tot war. Was geschah dann?«
    »Ich bin durchgedreht … Alles, was ich seit Monaten in mir zurückgehalten hatte, brach mit einem Mal aus mir heraus. Ich weinte, redete mit mir selbst und schrie den Himmel an wie Captain Ahab .«
    »Und dann hast du gesehen, dass jemand anders da war?«
    »Gesehen habe ich niemanden. Aber da war jemand.«
    »Woher willst du das wissen, wenn du nichts gesehen hast?«
    Drew ballt die rechte Hand zur Faust und öffnet sie wieder. »Ich habe ihn gespürt .«
    »Und wie?«
    »Wie es in den Horrorfilmen gezeigt wird. Deine Kopfhaut juckt, und dir bricht der Schweiß aus. Man kann spüren, wenn man von jemandem beobachtet wird.«
    Das ist ein weit verbreiteter Glaube, hat aber nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Umfangreiche Experimente haben diese Art von »Intuition« als falsch widerlegt. »Das war bloß Verfolgungswahn.«
    Drew schüttelt den Kopf. »Ich gehe seit Jahrzehnten zur Jagd. Im Gehölz war jemand, der sich vor mir versteckt hat. Er war ganz nah, und er wusste, wie man eine Deckung ausnutzt, sonst hätte ich ihn bestimmt gesehen.«
    Endlich stelle ich die offensichtliche Frage. »Wenn es sich wirklich so abgespielt hat – wieso warst nicht du es, der Kates Tod gemeldet hat?«
    Drew blickt mich an, als würde ihn das selbst verwirren. »Beinahe hätte ich es getan. Mein erster Impuls war, sie in die Arme zu nehmen wie ein Baby und nach oben zu meinem Wagen zu tragen. Ich wollte sie nach Hause zu ihrer Mutter bringen und alles beichten.«
    So verwegen es sich anhören mag, ich spüre, dass er die Wahrheit sagt. Als Staatsanwalt habe ich viele Geständnisse gehört, in denen Mörder genau diesen inneren Drang geschildert haben. Einige haben ihm sogar nachgegeben.
    »Hast du sie in die Arme genommen?«
    »Nein. Ich wollte flüchten, tat es dann aber doch nicht. Nur ein Feigling würde abhauen, sagte ich mir. Ich musste mich den Dingen stellen. Doch als ich dasaß und in ihre leeren Augen schaute – Augen, in die ich noch am Abend zuvor gesehen hatte, als wir uns liebten, Augen, die so lebendig waren, dasdu es dir nicht vorstellen kannst –, fing ich an, die Situation von außen zu sehen. Was würde ich damit erreichen, wenn ich die Affäre beichtete? Kate war tot. Würde ich beichten, dann würde ich meine Zulassung als Arzt verlieren und wahrscheinlich ins Gefängnis wandern. Vielleicht würde man mich sogar verdächtigen, sie ermordet zu haben. Ehrlich, in diesem Augenblick gab ich einen

Weitere Kostenlose Bücher