Blackmail: Thriller (German Edition)
Dreck auf mich selbst, aber was sollte aus meiner Familie werden? Meinen Eltern? Was aus Tim? Ich könnte ihm kein Vater mehr sein. Und schlimmer noch, was würde er von mir denken? Er würde in dem Glauben aufwachsen, dass ich der letzte Abschaum bin, vielleicht sogar ein Killer.«
»Also hast du den Tatort verlassen.«
Drew nickt. »Ich zog Kate vom Wasser weg, ließ sie aber im Freien liegen, sodass sie leicht zu finden war. Ich hatte mir überlegt, einen anonymen Anruf zu machen.«
»Hast du?«
Er schweigt und schüttelt den Kopf.
»Warum nicht?«
Drew beugt sich vor und untersucht den Vergaser des Fourwheelers. »Ich war eine ganze Weile dort. Ich bin kein Detective, aber ich habe genug gelesen, um zu wissen, dass man Spuren hinterlässt, wohin man auch geht. Es regnete ziemlich heftig. Ich dachte mir, dass der Regen bis zum nächsten Morgen sämtliche Spuren fortwaschen würde, die ich hinterlassen hatte.«
»Das und noch mehr«, sage ich leise und wundere mich immer mehr über Drews Handlungsweise. »Der Regen hat auch sämtliche Spuren des richtigen Killers weggewaschen. Außerdem hätte er Kate um ein Haar in den Mississippi gespült.«
Drew sagt nichts.
»In dieser Geschichte stehst du alles andere als heldenhaft da. Ein Cop an meiner Stelle würde dir jetzt deine Rechte vorlesen.«
Drew sieht mir in die Augen. »Wahrscheinlich. Aber Katehätte nicht gewollt, dass ich Tims Bild von mir um ihrer Totenwürde willen zerstöre.«
»Ihre Mutter vielleicht schon. Du hast gesagt, der Erpresser hätte sich angehört wie ein jugendlicher Schwarzer. Was hat ein jugendlicher Schwarzer hier unten am St. Catherine’s Creek verloren? Ich kann mich nicht erinnern, je einen von ihnen hier unten gesehen zu haben.«
»Wann warst du zum letzten Mal hier?«
»Als wir Jungen waren.«
»Und das ist dreißig Jahre her, Penn. In den letzten zehn Jahren wurden mehrere Wohnblocks, in denen immer nur Weiße wohnten, von Schwarzen übernommen. Viele ihrer Kinder spielen unten am Wasser. Rauchen Dope, haben Sex, was auch immer.«
»Glaubst du, dass irgendein jugendlicher Schwarzer dich erkannt haben könnte?«
»Warum nicht? Ich habe eine Menge schwarzer Patienten.«
»Aber vorhin hast du gesagt, wer immer dich beobachtet hat, war wahrscheinlich der Killer.«
»Das glaube ich, ja.«
»Du glaubst, Kate wurde von einem schwarzen Jungen ermordet?«
»Warum nicht? Von irgendeinem irren Teenager.«
»Hier geht es um ein Kapitalverbrechen, Drew. Mord in Verbindung mit Vergewaltigung.«
»Passiert doch ständig.«
»In Houston vielleicht, oder in New Orleans. Natchez ist ein Universum weit davon entfernt. In Houston gab es im vergangenen Jahr zweihundertvierunddreißig Morde. In Natchez gab es zwei. Im Jahr zuvor keinen einzigen.«
»Sicher. Aber in den letzten zwanzig Jahren hatten wir ein paar andere üble Verbrechen.«
Er hat recht. Nicht einmal Natchez ist von den Geißeln der modernen Zeit verschont geblieben – Mord an Fremden und Sexualmord.
»Allerdings glaube ich jetzt, dass es nicht nur ein Jugendlicher war«, fährt er fort. »Wir wurden eben beschossen, als wir den Burschen auf dem Motorrad verfolgt haben. Das bedeutet, dass es wenigstens zwei Leute sind, vielleicht mehr. Möglicherweise hatte Kate unten am Wasser auf mich gewartet, und eine Horde geiler Teenager hat sich dort herumgetrieben und sie entdeckt. Und dann haben sie es ihr besorgt, ob sie wollte oder nicht. Genau wie diese Wilding-Typen im Central Park, du erinnerst dich?«
Ich antworte nicht. Als Staatsanwalt habe ich herausgefunden, dass ich mir eine Person, die in enger Beziehung zu einem Opfer stand, genauer ansehen sollte, wann immer diese Person berühmte Fälle von Übergriffen und Morden durch Minderheiten als Parallelen zitiert. Was ich in den vergangenen fünf Minuten erfahren habe, hat meine Wahrnehmung von Kates Ermordung – und der Rolle, die Drew dabei gespielt hat – grundlegend geändert.
Als unsere Schulsekretärin an jenem Abend das Treffen des Elternbeirats mit der Todesmeldung unterbrach, hatte Drew bereits ziemlich genau gewusst, was sie sagen würde. Er hatte erst ein paar Stunden zuvor ihr Herz massiert und ihre toten Lippen geküsst in dem Versuch, ihr wieder Leben einzuhauchen. Ich hatte Drew niemals als doppelzüngig empfunden, doch ich schätze, wir alle sind zu allen möglichen Dingen fähig, wenn es um unsere Selbsterhaltung geht.
»Was jetzt?«, fragt er.
»Du erzählst der Polizei von deiner Beziehung zu
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