Blackmail: Thriller (German Edition)
nickt, als hätte seine private Einschätzung sich bestätigt. »Ich möchte dich engagieren.«
»Mich engagieren?«
»Als Anwalt.«
Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. »Du weißt, dass ich nicht mehr praktiziere.«
»Du hast den Payton-Fall übernommen, diese alte Bürgerrechtsgeschichte.«
»Das war etwas anderes. Und es ist schon fünf Jahre her.«
Drew starrt mich im Dämmerlicht der Armaturenbeleuchtung an. »Das hier ist auch was anderes.«
Für den Mandanten ist es immer etwas anderes. »Sicher, Drew. Aber ich bin eigentlich kein Anwalt mehr. Ich bin Schriftsteller. Wenn du einen Anwalt brauchst, kann ich dir mehrere gute Leute empfehlen. Ist es ein Kunstfehler?«
Drew blinzelt erstaunt. »Ein Kunstfehler? Glaubst du, ich würde deine Zeit mit derartigem Mist verschwenden?«
»Drew … ich weiß nicht, worum es geht. Warum erzählst du mir nicht, was das Problem ist?«
»Ich möchte ja, aber … Penn, was ist, wenn du krank wärst? Sagen wir, du hättest Aids. Und du würdest zu mir kommen und sagen: Drew, bitte hilf mir. Als Freund. Ich möchte, dass du mich behandelst und mit niemandem darüber redest. Was, wenn ich antworten würde: Ich möchte ja gerne, Penn, aber das ist nicht mein Fachgebiet. Du musst zu einem Spezialisten.«
»Drew, komm schon …«
»Lass mich ausreden. Wenn du sagen würdest: Drew, als Freund, bitte tu mir den Gefallen. Bitte hilf mir. Weißt du was? Ich würde nicht eine Sekunde überlegen. Ich würde tun, was du möchtest. Dich ohne Aufzeichnungen behandeln, egal was.«
Das würde er, ich kann es nicht abstreiten. Doch hinter seinen Worten steckt mehr. Drew hat viele Dinge unerwähnt gelassen. Die Wahrheit ist, dass ich ohne Drew Elliott heute nicht mehr am Leben wäre. Als ich vierzehn Jahre alt war, wanderten Drew und ich in Arkansas vom Buffalo River weg und verirrten uns in den Ozark Mountains. Als die Dunkelheit hereinbrach, stürzte ich in eine Schlucht und brach mir den Oberschenkel. Drew war erst elf, doch er kletterte hinunter in die Schlucht, schiente mein Bein mit einem Ast, baute eine improvisierte Trage und schleppte mich durch die Nacht. Er zog mich vier Meilen weit durch die Berge, wobei er sich die Hand und zweimal fast den Hals brach. Kurz nach Sonnenaufgang kamen wir zu einer Gruppe von Zelten, wo jemand ein CB-Funkgerät hatte. Doch hat Drew ein Wort darüber erwähnt? Nein. Es ist mein Job, mich zu erinnern.
»Warum möchtest du mich engagieren, Drew?«
»Damit du mich berätst. Unter dem Schutz der Vertraulichkeit.«
»Dazu musst du mich nicht engagieren.«
Er zieht seine Geldbörse aus der Hosentasche, nimmt eine Zwanzigdollarnote heraus und schiebt sie mir zu. »Das weiß ich auch. Aber wenn du später im Zeugenstand befragt wirst – als Freund –, müsstest du lügen, um mich zu schützen. Wenn du mein Anwalt bist, wird unsere Unterhaltung durch das Vertraulichkeitsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant geschützt.« Er hält mir die Banknote immer noch hin. »Nimm schon, Penn.«
»Das ist verrückt.«
»Bitte, Mann!«
Ich falte die Note zusammen und stecke sie ein. »Okay. Was hat das zu bedeuten?«
Er sinkt in seinen Sitz zurück und reibt sich die Schläfen wie jemand, der eine Migräne bekommt. »Ich kannte Kate viel besser, als irgendjemand ahnt.«
Schon wieder Kate Townsend? Das Gefühl der Erschütterung, das ich im Konferenzzimmer gespürt habe, ist nichts im Vergleich zu dem, was ich jetzt empfinde. Erneut sehe ich Drew vor mir, wie er weinend am Tisch sitzt, als wäre ein Familienangehöriger gestorben. Noch während ich meine nächste Frage stelle, bete ich, dass ich mich irre.
»Willst du mir sagen, du bist mit dem Mädchen intim gewesen?«
Drew blinzelt nicht einmal, als er antwortet. »Wir haben uns geliebt.«
2
M ein Herz hämmert wie bei den allzu seltenen Gelegenheiten, wenn ich einen Trainingslauf mache. Ich sitze vor der St. Stephen’s, zusammen mit einem der bedeutendsten Alumnen, der diese Schule je besucht hat, und er erzählt mir, dass er eine Schülerin gevögelt hat. Eine Schülerin, die jetzt tot ist. Dieser Mann ist mein Freund, solange ich denken kann, und doch sind die ersten Worte, die über meine Lippen kommen, nicht die eines Freundes, sondern eines Anwalts. »Sag mir, dass sie achtzehn war, Drew.«
»Sie hätte in zwei Wochen Geburtstag gehabt.«
Ich sauge die Luft ein und schließe die Augen. »Es hätte genauso gut in zwei Jahren sein können. Das ist in Mississippi Unzucht mit
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