Blackmail: Thriller (German Edition)
fliehen?«
Das Grinsen verschwindet aus Byrds Gesicht. »Manchmal denke ich, damals war es besser, ja.«
»Öffnen Sie die Tür.«
Der Sheriff wirft Shads Schlüssel vor mir zu Boden, wendet sich ab und steigt wieder die Treppe hinauf.
Ich schließe auf, werfe Shads Schlüssel in einen Mülleimer in der Ecke und gehe hinaus in die Nacht.
Als ich auf der Straße stehe und das mächtige weiße Gerichtsgebäude betrachte, geht mir alles mit schwindelerregender Geschwindigkeit durch den Kopf, was ich bisher noch nicht über Drew wusste. Seine Fingerabdrücke in Kates Schlafzimmer. Die Aufzeichnungen der Telefongesellschaft bezüglich der Gespräche, die Kate geführt hat. Die Zeugin, die Kate und Drew auf dem Parkplatz gesehen hat. Jedes dieser Indizien ist ein weiterer Stein in dem Puzzle, das letztendlich zu Drews Untergang vor Gericht führen könnte. Kein Beweis für einen Mord, natürlich nicht, doch genügend Beweise für verderbte Lasterhaftigkeit in den Augen einer konservativen Jury. Und mit einer Sache hatte Shad recht: Wenn das Sperma, das man in Kates Rektum gefunden hat, zu Drews DNA passt, dann klingt Shads Theorie von Vergewaltigung und Mord aus Rache ein ganzes Stück plausibler. Kein Mitglied einer Jury des Staates Mississippi wird glauben wollen, dass eine Schülerin einer Highschool analen Sex zur Entspannung praktiziert hat. Ich bin nicht sicher, ob ich es selbst glaube. Wäre nicht die Verbindung zwischen Cyrus und Kate, und läge Brightside Manor nicht so nah am St. Catherine’s Creek, ich bekäme es allmählich mit der Angst zu tun.
Mein Handy summt. Auf dem Display steht mia, doch als ich antworte, höre ich nur Schluchzen.
»Mia? Bist du das?«
Sie weint, kein Zweifel. Das Herz hämmert mir schlagartig bis zum Hals. »Ist alles in Ordnung mit Annie?«
»Ja, aber es ist etwas Schreckliches passiert!«
»Erzähl es mir.«
»Chris Vogel ist tot.«
Chris Vogel ist ein Schüler der St. Stephen’s, ein Junior und der Star unseres Basketballteams. Ich habe ihn vor zwei Tagen gesehen, wie er in der Einfahrt eines Nachbarn in der Innenstadt Dreipunktwürfe trainiert hat. »Bist du sicher?«
»Ja. Alle reden darüber.«
»Wie ist er gestorben?«
»Ertrunken … im Lake St. John.«
Lake St. John. Der gleiche See, wo der Ecstasy-Rave gestern Nacht stattgefunden hat. Ich steige in meinen Saab, lasse den Motor an und biege auf die leere Straße ein. »Wann ist das passiert, Mia?«
»Heute Abend.«
»Weißt du irgendwelche Einzelheiten?«
»Mehr als mir lieb sind. Wie es aussieht, ist Chris nach der Party gestern Nacht nicht in die Stadt zurückgekehrt. Er und Jimmy Wingate haben heute in der Schule blaugemacht. Alle dachten, sie hätten einen Kater, weil sie auch nicht an die Handys gegangen sind. Aber wie es aussieht, sind sie oben am See geblieben, im Haus der Wingates. Sie wollten nur nicht, dass die Lehrer erfahren, wo sie stecken. Sie waren die ganze Zeit betrunken und wahrscheinlich auch high, wenn man an die ganze Scheiße denkt, die gestern Abend da oben war.«
»Du meinst Drogen?«
»M-hm.«
»Woher weißt du das alles?«
»Christy Blake hat mich angerufen und mir von Chris erzählt, aber sobald das Gespräch zu Ende war, rief ich Jimmy Wingate an. Wir waren gute Freunde, als wir noch kleiner waren. Er ist in ziemlich mieser Verfassung. Es hat ihn schwer mitgenommen, Chris ertrinken zu sehen.«
Ich will mehr wissen, doch ich höre es lieber von Angesicht zu Angesicht. »Ich bin in drei Minuten zu Hause. Erzähl mir alles, wenn ich da bin, okay?«
»Bitte beeil dich, ja?«, schluchzt Mia ins Telefon.
Ich unterbreche die Verbindung und trete das Gaspedal durch. Ich habe noch nie gesehen oder gehört, dass Mia die Fassung verloren hätte. Doch heute Nacht ist das kein Wunder. Der Tod ist schon für Erwachsene nicht leicht zu verdauen, doch für Heranwachsende kann er ein lähmender Schock sein. Den Kreislauf voller Hormone und in der besten körperlichen Verfassung ihres Lebens betrachten sie den Tod als einverschwommenes, schattenhaftes Ereignis, das in unbegreiflich weiter Zukunft wartet. Der plötzliche Verlust eines der ihren – insbesondere eines Schulhelden wie Chris Vogel – perforiert ihre Illusion von Unsterblichkeit. Ihr seid nicht immun, spricht das Schicksal und sagt Worte von äußerster Endgültigkeit.
Zwei Highschool Kids tot, in zwei Tagen?, fragt eine ungläubige Stimme in meinem Kopf. Und das an einer Schule mit lediglich fünfhundert Schülern? Wie
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