Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
Bäumen verdeckt sind- dann biegen Sie- mal sehen, rechts, ja, das stimmt, rechts ab, das ist die Charlemagne. Von da an fragen Sie sich einfach weiter durch.«
    »Vielen Dank«, sagte ich und zog meine Brieftasche heraus. »Das ist für Ihre Mühe.« Ich wollte ihm eine Fünfdollarnote reichen.
    Harm streckte mir die Hand entgegen - aus Protest, nicht, um das Geld einzustecken. »Vergessen Sie’s, Mister. Wir haben ja gar nix getan.«
    Doug, der fette Junge, schaute ihn wütend an und knurrte. »Arschloch, Dougie«, sagte der Bursche mit den fehlenden Zähnen. »Wir haben wirklich nichts für den Mann getan, was Geld wert gewesen wäre.« Trotz dem ungekämmten Haar und dem Steinbruch im Mund verfügte er über Intelligenz und eine gewisse Würde. Er war der Typ von jungem Kerl, wie ich ihn an meiner Seite wünschte, wenn es einmal hart auf hart kam. »Dann lassen Sie mich eine Runde ausgeben.«
    »Nee«, sagte Harm. »Wir können nix mehr trinken, Mister. In einer halben Stunde stehen wir am Golfplatz. An einem Tag wie heute ist es dort aalglatt. Er hier, der Affenarsch, wenn der noch einen Schluck trinkt, fällt er uns um und erschlägt uns alle dabei.«
    »Ach, leck mich doch, Harm«, sagte Doug ohne Überzeugung.
    Ich steckte das Geld wieder ein. »Dann danke ich Ihnen sehr.«
    »Nicht der Rede wert. Wenn Sie mal ein paar Häuser bauen, die nicht über die Gewerkschaft laufen, und wenn Sie einen brauchen, der sich richtig einsetzt, dann vergessen Sie Harmon Lundquist nicht. Meine Nummer steht im Buch.«
    »Ich werde daran denken.«
     
    Zehn Minuten bevor das Boot die Küste erreichte, stieg die Insel hinter einem Vorhang aus Regen und Nebel empor, ein länglicher, im Wasser hockender, grauer Felsblock. Wenn man von der Baumfrisur absah, die den äußeren Rand bedeckte, hätte es ebensogut Alcatraz sein können. Ich ging hinunter zum Wagendeck, setzte mich hinters Lenkrad des Nova und war bereit, als mich der Mann in Orange die Rampe hinunterwinkte. Die Szene draußen hätte so, wie sie war, direkt aus der Londoner City herübertransportiert worden sein können. Es gab genügend schwarze Melonen, schwarze Regenschirme und schwarze Mäntel, daß man den Picadilly Circus damit hätte füllen könen. Rosig-blasse Hände hielten Aktenköfferchen und die heutige Ausgabe des Wall Street Journal. Augen starrten geradeaus. Lippen waren griesgrämig zusammengepreßt. Eine Schwadron perfekter Gentlemen. Die ›Gentleman’s Brigade‹…
    Gleich hinter dem Hafen von Brindamoor befand sich eine Art kleiner Stadtplatz, dessen Häuser sich um eine riesige Ulme scharten. Es gab eine ganze Reihe von Geschäften, eine Bank mit Rauchglasfenstern, ein Maklerbüro, drei oder vier teuer aussehende Läden für Damen- oder Herrenkonfektion, mit konservativ gekleideten, gesichtslosen Kleiderpuppen in den Schaufenstern, einen Schlachter, einen Gemüseladen, ein Lebensmittelgeschäft, eine Reinigung- mit dem Postamt im selben Haus - eine Buchhandlung, zwei Restaurants - das eine französisch, das andere italienisch-, einen Souvenirladen und einen Juwelier. Alle Geschäfte waren geschlossen, die Straßen leer, und abgesehen von einem Schwarm Tauben unter der Ulme gab der Ort kein Lebenszeichen von sich. Ich folgte Harms Anweisungen und fand die Charlemagne Lane ohne größere Mühe. Tausend Meter vom Hauptplatz entfernt wurde die Straße enger und dunkler, war jetzt mit Mauern von Farn, Teufelsefeu und niedrigem Ahorn gesäumt. Das Grün wurde nur hier und da von Einfahrten unterbrochen- Schmiedeeisen oder Redwoodholz, die Gitter meist noch durch Stahlplatten auf der Rückseite verstärkt. Es gab keine Briefkästen an der Straße, keine Namensschilder. Die Besitztümer schienen alle mehrere Morgen groß zu sein. Ein paarmal konnte ich kurze Blicke durch Zäune oder Tore auf die Grundstücke dahinter werfen: meist leicht hügelige Grasflächen, Auffahrten, die mit Ziegel oder Naturstein gepflastert waren, die Häuser riesig und großzügig in der Anlage-Tudor-, Regency- oder Kolonialstil -, in den Auffahrten Rolls Royce-, Mercedes- und Cadillac-Limousinen, dazu die praktischeren und ebenso teuren Vettern mit Vierradantrieb, teils echt, teils imitiert mit Holz verkleidet, Land Rover, Volvos und ein paar Kleinwagen. Ein- oder zweimal sah ich Gärtner, die im Regen arbeiteten, wobei ihre Mähmaschinen spuckten und rülpsten.
    Die Straße ging noch etwa eine halbe Meile weiter, die Grundstücke wurden immer größer, die Häuser waren immer

Weitere Kostenlose Bücher