Blackout
Leben erwartet, daß jemand sie um Informationen bitten würde.
»Was wollen Sie denn wissen? Die Insel ist langweilig.«
»Scheißlangweilig«, bekräftigte der Dicke.
»Ich suche ein bestimmtes Haus auf der Insel und hab’ leider keinen Plan auftreiben können.«
»Haha - gibt auch keinen. Die Leute da drüben verstecken sich vor dem Rest der Welt. Sie haben sogar ihre eigenen Polizisten, die machen dir schon die Hölle heiß, wenn du mal in die falsche Richtung spuckst. Ich und Doug und die anderen arbeiten auf dem Golfplatz, bringen den Rasen in Ordnung, sammeln Dreck und Laub und solches Zeug ein. Aber an Feierabend geht’s nix wie auf das Boot und zurück, Mann. Wir wollen unsere Jobs behalten, und deshalb kümmern wir uns nur um das, was man uns befiehlt - sonst um gar nix.«
»Jaaa«, sagte der fette Junge. »Wir schießen keine Biber, die’s dort gibt, und werden auf keine Partys eingeladen. So halten es die Leute, die für die da drüben arbeiten, seit eh und je - mein Dad hat auch in Brindamoor gearbeitet, bevor er in die Gewerkschaft eingetreten ist, und ich tue das gleiche, bis er mich auch hineinbringt. Dann können mir diese Einsiedler gestohlen bleiben. Er sagt, sie haben sogar ein Lied darüber gehabt, früher: Schuft’ dich tot, aber dann schnell aufs Boot.« Er lachte und gab seinem Freund einen Schlag auf den Rücken. »Was wollen Sie denn finden?« Der Großzügige zündete sich wieder eine Zigarette an und klemmte sie in die Lücke, wo seine oberen Schneidezähne fehlten. »Das Hickle-Haus.«
»Sind Sie verwandt mit denen?« fragte Doug. Seine Augen hatten die Farbe des Meers: grau, dazu etwas blutunterlaufen und jetzt besorgt, als ob er etwas gesagt hätte, das man vielleicht gegen ihn verwenden könnte.
»Nein, ich bin Architekt und dabei, mich ein bißchen in der Gegend umzusehen. Man hat mir gesagt, daß das Hickle-Haus besonders interessant wäre. Angeblich das größte auf der Insel.«
»Mann«, erwiderte der junge Kerl, »die sind alle groß. In eines von denen geht unser ganzer Block spielend rein.«
»Architekt, hä?« Das Gesicht des Großzügigen begann interessiert zu strahlen. »Wie lange muß man dafür auf die Schule gehen?«
»FünfJahre aufs College.«
»Vergiß es«, neckte ihn der Fette. »Du bist ein Spinner, Harm. Müßtest erst einmal Schreiben und Lesen lernen.«
»Leck mich«, sagte sein Freund gutmütig. Und zu mir: »Ich hab’ letzten Sommer auf dem Bau gearbeitet. Architektur ist, glaube ich, verdammt interessant.«
»Stimmt. Ich baue meistens Privathäuser. Und natürlich sehe ich mich immer nach neuen Ideen um.«
»Ja, klar. Sonst wird’s einem schnell langweilig.«
»Mein Gott, Mann«, schalt der andere, »wir tun ja auch nichts Interessantes, oder? Denen ihren verdammten Dreck wegräumen, aber in dem Klub geht’s lustig zu. Matt und ich haben letzte Woche ein paar gebrauchte Präser gefunden, am elften Loch, und uns entgeht das alles, oder?«
»Ich brauch’ diese Leute nicht, um Spaß zu haben«, sagte der Großzügige. »Aber wenn Sie was über Häuser wissen wollen, müssen Sie Ray fragen.« Er drehte sich zur Seite und beugte sich zu einem der Schlafenden hinüber, der neben dem Burschen mit dem Pornoheft saß. Der Lesende ließ sich noch immer nicht drausbringen, hatte die Nase im Heft und schaute nicht einmal auf. Als Harm ihm einen Puff gab, sah er uns beide an, und sein Gesichtsausdruck wirkte wie der eines Mannes, der entweder völlig verblödet oder total besoffen war. »Hä?«
»Ray, du Arsch, da ist einer, der will was über das Hickle-Haus wissen.«
Der Junge blinzelte, schien nicht zu verstehen.
»Ray hat zuviel Acid eingeworfen und kommt jetzt nicht mehr runter.« Harm grinste, daß man seine Mandeln sah. »Komm schon, Mann: Wo ist das Hickle-Haus?«
»Hickle«, sagte Ray. »Mein Alter hat dort gearbeitet- ein unheimliches Haus, das. Unheimlich. Ich glaub’, es ist in der Charlemagne. Mein Alter hat dort-«
»Schon gut, Mann.« Harm drückte Rays Kopf wieder nach unten, und der Benommene kehrte zu seinem Porno-Comic zurück. »Auf der Insel hat man komische Namen für die Straßen, Mister. Charlemagne, Alexander, Suleiman.« Eroberer. Der kleine Scherz der Superreichen war vergeudet bei denen, die er treffen sollte.
»Die Charlemagne ist eine Straße, die ins Inland führt. Sie gehen am Hauptplatz vorbei, dann am Markt, ungefähr eine Viertelmeile- aber passen Sie gut auf, weil die Straßenschilder fast überall von
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