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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Entsetzen, daß ich mich mit vollem Tempo dem Ende der Straße näherte, wobei gleich dahinter ein hoher Kiesberg einer Baustelle in die Höhe ragte. Es gab keinen Ausweg - die Straße endete an der Baustelle und war zusätzlich durch Schlackesteine, Holzstapel und weitere Berge von ausgehobenem Grund blockiert. Wenn mich der Aufprall gegen den Kiesberg nicht umbrachte, dann würde ich irgendwo hängenbleiben, so unbeweglich wie Petersilie im Aspik, eine perfekte, passive Zielscheibe…
    Der Mann auf dem Motorrad mußte ähnliche Gedanken haben, denn er begann mit einer Serie gut überlegter Aktionen. Als erstes nahm er die rechte Hand vom Lenker, verlangsamte die Fahrt und kam auf die linke Seite, um bereit zu sein, wenn meine Flucht ihr Ende fand.
    Ich dagegen tat das einzige, was mir jetzt noch übrigblieb: Ich trat voll auf die Bremse. Der Seville zuckte, rutschte heftig, drehte sich, schaukelte in der Federung und drohte umzukippen. Ich wollte, daß er weiterrutschte, daher versuchte ich es mit Gegenlenken. Daraufhin drehte sich der schwere Wagen wie ein Rotorblatt.
    Plötzlich warf mich ein heftiger Stoß quer über den Sitz. Das vordere Ende meines Wagens schien außer Kontrolle geraten zu sein und prallte mit dem Motorrad zusammen, als es seine Drehung vollendete. Das leichtere Fahrzeug wurde von dem schweren Wagen in die Luft geschleudert und segelte in hohem Bogen über den Kieshaufen. Ich sah, wie sich Mann und Maschine trennten, wie das Motorrad stieg, dann wie in einem Trickfilm nach unten stürzte, wobei der Fahrer noch höher flog, eine Vogelscheuche, die sich von ihrer Stange gelöst hat, und dann scheinbar langsam nach unten fiel und ungesehen hinter dem Kiesberg landete.
    Der Seville blieb stehen, und sein Motor starb ab. Ich zog mich hoch. Mein verletzter Arm war gegen die Beifahrertür geschmettert worden und schmerzte wieder stark. Von der Baustelle her kein Lebenszeichen. Ich stieg leise und vorsichtig aus dem Wagen, duckte mich dahinter und wartete dort, bis sich meine Sicht klärte und meine Atmung verlangsamte. Noch immer nichts. Ich sah ein Brett vor mir, schnappte es, benützte es wie eine Leiter und umrundete die Baugrube, wobei ich mich so dicht wie möglich an den Boden drückte. Als ich die andere Seite der Baustelle erreicht hatte, sah ich, daß hier schon teilweise ein Fundament gelegt war - ein rechter Winkel aus Beton, aus dem Eisenstangen ragten wie Stengel ohne Blüten. Jetzt sah ich auch die Überreste des Motorrads, ein Haufen verbogenes Metall, und den zersplitterten Windschutz.
    Ich mußte noch ein Stück weiter durch den Schlamm kriechen, bis ich den Fahrer fand. Er war in einem Graben an der Kreuzung zweier Betonarme gelandet, an einer Stelle, wo der Boden mit den Abdrücken eines Raupenfahrzeuges aufgewühlt war. Daneben befand sich eine zerbrochene Duschkabine aus Fiberglas. Der Körper lag halb unter einem Haufen Isoliermaterial.
    Der Schutzhelm war noch auf seinem Kopf, aber er hatte keinen Schutz geboten vor der Eisenstange, die sich jetzt durch die Kehle des Fahrers bohrte.
    Ich kniete nieder und löste den Gurt des Helms, versuchte, ihn abzunehmen. Das Genick war unnatürlich verbogen, und ich merkte, daß es unmöglich war, den Kopf frei zu bekommen. Mir drehte sich bei dem Anblick der Magen um. Ich erhob mich, wandte mich um und übergab mich in den Schlamm. Mit bitterem Geschmack im Mund, die Augen voller Tränen, dazu schwer und laut atmend, kehrte ich zu meiner schrecklichen Aufgabe zurück. Schließlich gelang es mir, den Helm vom Kopf zu lösen, und der Schädel sackte zurück auf den Boden. Ich starrte hinunter in das leblose, bärtige Gesicht von Jim Halstead, dem Trainer von La Casa de los Ninos. Er hatte die Lippen im Tod zurückgezogen, eine Maske spöttischen Grinsens. Seine Augen waren offen, das Weiße blutunterlaufen. Er weinte scharlachrote Tränen.
    Ich wandte mich ab von ihm und sah etwas Metallisches, das in der Sonne funkelte. Ich ging hin, fand die Waffe und betrachtete sie: ein mit Chrom plattierter 38er. Ich steckte ihn in meinen Hosenbund.
    Der Boden strahlte Hitze aus, und es stank nach etwas, das brannte. Geschmolzener Teer. Giftmüll. Nicht absaugbar… Eine Drossel landete auf Halsteads Gesicht und pickte nach seinen Augen.
    Ich fand ein staubiges Stück Segeltuch mit Flecken von getrocknetem Zement.
    Der Vogel floh, als ich mich näherte. Ich bedeckte den Leichnam mit dem Segeltuchfetzen und beschwerte die Ecken mit großen Steinen, dann

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