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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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zweifellos beschleunigt.
    »Blöd von mir, daß ich die Nachmittagsdosis vergessen habe. Das ist mir noch nie passiert.« 1 Ich beobachtete ihn mit morbider Faszination, bemerkte die j Veränderungen in seiner Rede und seinem Verhalten, als die psychoaktiven Chemikalien das Zentralnervensystem erreichten, stellte den sich erweiternden Aufmerksamkeitsbereich fest, das Nachlassen der geistigen Ausfälle, des non sequitur, die Wiederherstellung erwachsener Konversationsmuster. Es war, wie wenn man in ein Mikroskop schaute und beobachtete, wie sich ein primitiver Organismus durch Zellteilung in I etwas wesentlich Komplizierteres verwandelte.
     
    Als das Medikament noch im Anfangsstadium seiner Wirkung war, sagte er:
    »Ich habe viele… Viele schlimme Dinge getan. Gus hat mich dazu veranlaßt. Sehr schlecht für- für einen Mann meiner Statur. Für jemanden mit meiner Erziehung.« Ich ließ es dabei.
    Und dann war er wieder voll bei Sinnen. Wach und offenbar ungeschädigt.
    »Was ist das? Thorazin?« fragte ich ihn.
    »Eine Variante. Ich komme seit einiger Zeit recht gut mit meiner eigenen pharmakologischen Versorgung aus. Habe eine Reihe von Phenothiazinen ausprobiert… Thorazin war gut, aber es hat mich zu benommen gemacht. Das war nicht günstig, besonders bei den Untersuchungen. Aber das hier ist ein neues Mittel,- und es ist wesentlich besser als die früheren. Ich bekomme es direkt vom Hersteller. Man braucht sich nur Muster zu bestellen und bei der Adresse den ›Dr. med.‹ nicht vergessen, dann schicken sie es, ohne daß man weitere Erklärungen abzugeben braucht. Im Gegenteil, die Arzneimittelfirmen sind nur allzu bereit, den Wünschen der Ärzte nachzukommen … Ich habe mir einen guten Vorrat davon angelegt. Aber ich muß die Nachmittagsdosis einnehmen, sonst gerät alles durcheinander - und das ist vorhin passiert, nicht wahr?«
    »Ja. Wie lange dauert es, bis die Wirkung voll einsetzt?«
    »Bei einem Mann von meiner Größe zwanzig bis fünfundzwanzig Minuten- bemerkenswert, finden Sie nicht? Rums, runter mit dem Zeug, ein bißchen warten, und das Bild wird wieder klar. So ist das Leben wesentlich leichter zu ertragen. Es tut nicht mehr so weh. Auch jetzt spüre ich, wie es wirkt; es ist wie schlammiges Wasser, das allmählich wieder kristallklar wird. Wo waren wir stehengeblieben?«
    »Wir sprachen von den bösen Spielen, die McCaffreys Perverse mit kleinen Kindern treiben.«
    »Ich gehöre nicht zu ihnen«, sagte er schnell.
    »Ich weiß. Aber Sie halfen, daß diese Perversen Hunderte von Kindern mißbrauchen konnten, schenkten McCaffrey Ihre Zeit und Ihr Geld und halfen auch dabei, Handler und der Gutierrez eine Falle zu stellen, genau wie Hickle. Sie haben der kleinen Sarah eine Überdosis gegeben, damit sie den Mund hält. Warum?«
    »Es ist alles vorbei, nicht wahr?« fragte er, und seine Stimme klang erleichtert. »Ja.«
    »Man wird mir die Konzession entziehen. Ich werde nicht mehr als Arzt praktizieren.«
    »Zweifellos. Halten Sie das nicht für das beste?«
    »Wahrscheinlich«, sagte er zögernd. »Trotzdem fühle ich, daß noch viel in mir ist, viel gute Arbeit, die ich leisten könnte.«
    »Sie werden Ihre Chance dazu bekommen«, versicherte ich ihm und merkte zugleich, daß die Wirkung der Tabletten nicht ganz perfekt war. »Man wird Sie für den Rest Ihres Lebens dorthin schicken,. wo Sie kaum Streßsituationen zu bewältigen haben. Kein Papierkram, keine Rechnungen, nichts von dem Betrieb in einer medizinischen Praxis. Kein Gus McCaffrey, der Ihnen sagt, was Sie zu tun haben, wie Sie Ihr Leben führen sollen. Nur Sie selbst - und Sie werden gut aussehen und sich wohlfühlen, weil man Ihnen weiter Ihre Medikamente zur Verfügung stellen wird. Sie werden mit Menschen zusammenkommen. Menschen, die Hilfe nötig haben. Sie sind ein Heiler, also werden Sie in der Lage sein, anderen zu helfen.«
    »Ich werde anderen helfen«, wiederholte er. »Bestimmt.«
    »Ein menschliches Wesen hilft dem anderen. Ohne irgendwelche Einschränkungen.«
    »Ja.«
    »Ich habe gute Krankenbett-Manieren. Wenn es mir gutgeht. Wenn nicht, bringe ich alles durcheinander, und alles tut mir weh - selbst Ideen und Gedanken tun mir weh, und Gedanken können sehr schmerzhaft sein. Wenn das geschieht, bin ich nicht in Bestform. Aber wenn ich mich gut fühle, bin ich unschlagbar, falls es darum geht, den Menschen zu helfen.«
    »Das weiß ich, Doktor. Ich kenne Ihren Ruf.« McCaffrey hatte von einem angeborenen Zwang zum

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