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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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wieder aufwacht - um sie zurückzuhypnotisieren, oder was weiß ich.«
    »Dieses Arschloch. Das kommt nicht von der Hypnose. Das Kind hat Schlafprobleme wegen all der Betäubungsmittel, die er in den kleinen Körper hineingepumpt hat.« Aber ich war alles andere als sicher. Schließlich war sie nach der Sitzung auf dem Strand tatsächlich unruhig gewesen. »Ich bin davon überzeugt, daß du recht hast, Alex. Ich wollte dir nur die Möglichkeit geben, daß du hierher kommst, damit du weißt, was hier vor sich geht. Wenn du willst, daß ich Towle sage, er soll es vergessen, dann tue ich das.«
    »Bleib noch einen Moment dran.« Ich schüttelte den Kopf, versuchte ihn klarzubekommen. »Hat sie irgend etwas gesagt, als sie aufgewacht ist - irgend etwas Zusammenhängendes?«
    »Ich hab’ nur noch den Schluß davon mitbekommen. Sie sagten, es ist schon das vierte Mal heute nacht. Sie hat nach ihrem Daddy gerufen: ›Oh, Daddy, Daddy, Daddy‹ - etwa so, aber sehr laut. Es hat ziemlich scheußlich ausgesehen, und es hat sich auch nicht gut angehört, Alex.«
    »Ich bin sofort dort, so schnell ich kann.« Dann gab ich der schlafenden Mumie neben mir einen Kuß aufs Hinterteil, stand auf und fuhr in meine Kleidung.
     
    Ich brauste über den Pacific Coast Highway in Richtung Norden. Die Straßen waren leer und schmierig-feucht durch den Nebel, der vom Meer hereindrang. Die Lichter am Ende des Piers waren weit entfernte Nadelspitzen. Draußen am Horizont schaukelten ein paar Trawler. Um diese Zeit jagten die Haie und andere Meeresräuber am Grund des Ozeans. Ich mußte daran denken, wieviel grausames Gemetzel unter der glitzernden, schwarzen Haut des Wassers stattfand und wie viele der nächtlichen Jäger an Land lauerten, versteckt in dunklen Einfahrten, hinter Mülltonnen, zwischen den Blättern und Zweigen der Büsche in den Vororten - schweratmend, mit wilden Blicken.
    Während ich fuhr, entwickelte ich eine neue Evolutionstheorie. Das Böse hatte seine eigene, metaphorische, Intelligenz: Die Haie und die Schlangen mit den rasiermesserscharfen Zähnen, die schleimigen, giftigen Wesen, die sich im Treibschlamm verbargen, hatten den Weg nicht, wie es hätte sein müssen, für die fortschrittlichen Amphibien, Reptile, Vögel und Säugetiere freigegeben. Und ein einziger Quantensprung hatte das Übel aus dem Wasser an Land kommen lassen. Vom Hai zum Gewaltverbrecher, vom Aal zum Bauchaufschlitzer, von der Giftschnecke zum Schädelspalter, erfüllt von Blutdurst bis ins Mark.
    Die Dunkelheit schien sich gegen mich zu pressen, beharrlich und stinkend. Ich drückte den Fuß aufs Gaspedal und kämpfte mich hindurch.
    Als ich den Apartmentkomplex erreicht hatte, wartete Milo schon an der Tür auf mich.
    »Sie hat gerade wieder angefangen.«
    Ich hörte es, bevor ich ins Schlafzimmer kam.
    Das Licht war schummerig. Sarah saß aufrecht im Bett, ihr Körper war starr; sie hatte die Augen weit aufgerissen, blickte aber ins Leere. Towle, in Sportkleidung, stand auf der anderen Seite.
    Das Kind schluchzte; es war das Geräusch eines verletzten Tiers. Es jammerte und stöhnte und schwankte dabei vor und zurück. Dann wurde das Stöhnen immer lauter, nahm zu wie eine Sirene, bis die Kleine schrie, und ihre dünne Stimme war ein durchdringender, kreischender Anschlag auf die Stille des Hauses.
    »Daddy! Daddy! Daddy!«
    Das Haar klebte ihr an der Stirn, glänzend von Schweiß.
    Bonita versuchte, sie festzuhalten, aber sie wehrte sich und schlug und kratzte. Die Mutter war hilflos.
    Das Schreien schien eine Ewigkeit zu dauern, dann endlich hörte es auf, und das Kind begann wieder zu stöhnen.
    »O Doktor«, flehte Bonita Towle an, »jetzt geht es wieder los.
    Tun Sie doch etwas.«
    Towle erblickte mich.
    »Vielleicht kann Doktor Delaware helfen.« Ein übler, hämischer Ton..
    »Nein, nein, der soll ihr nicht nahekommen. Er ist ja an allem schuld!«
    Towle bestritt es nicht. Ich hätte schwören können, daß er mich selbstgefällig angrinste.
    »Mrs. Quinn-« begann ich.
    »Nein! Bleiben Sie fort! Raus mit Ihnen!«
    Ihr Schreien brachte Sarah wieder in Fahrt, und das Kind begann erneut nach seinem Vater zu brüllen.
    »Hör auf!«
    Bonita drückte die Hand auf den Mund ihrer Tochter. Schüttelte sie hin und her.
    Towle und ich setzten uns zu gleicher Zeit in Bewegung. Wir zogen Bonita weg, und er nahm sie beiseite und sagte etwas zu ihr, das sie anscheinend beruhigte.
    Ich trat neben Sarah. Sie atmete schwer. Ihre Pupillen waren weit

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