Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
geöffnet. Ich berührte ihren Arm. Sie versteifte sich augenblicklich.
    »Sarah«, flüsterte ich, »ich bin’s, Alex. Es ist alles gut. Du bist sicher und geborgen.«
    Während ich sprach, beruhigte sie sich. Ich redete weiter, wußte, daß das, was ich sagte, weniger wichtig war als die Art, wie ich es sagte. Ich behielt die leise, rhythmische Sprechweise bei, redete beruhigend auf sie ein. Hypnotisch. Bald danach rutschte sie im Bett weiter nach unten. Ich half ihr beim Hinlegen. Ihre Hände entkrampften sich. Ich redete unablässig auf sie ein. Ihre Muskeln entspannten sich, die Atmung wurde langsam und regelmäßig. Ich sagte ihr, sie solle die Augen schließen, und sie tat es. Dann streichelte ich ihre Schulter und versicherte ihr immer wieder, daß alles gut sei und daß sie keine Angst zu haben brauche. Sie kuschelte sich in Embryostellung ins Bett, zog sich die Decke über den Oberkörper und die Schultern und steckte den Daumen in den Mund.
    »Schalten Sie das Licht aus«, sagte ich. Gleich danach war es dunkel im Raum. »Lassen wir sie allein.« Dann gingen die drei hinaus.
    »Du wirst jetzt ruhig weiterschlafen, Sarah, und du wirst eine friedliche, erholsame Nacht haben mit schönen Träumen. Wenn du morgens aufwachst, wirst du dich sehr gut und erholt fühlen.«
    Ich hörte sie schon ein wenig schnarchen.
    »Gute Nacht, Sarah.« Ich beugte mich über sie und gab ihr einen leichten Kuß auf die Wange.
    Sie murmelte ein Wort.
    »Da-da.«
    Ich schloß die Tür zu ihrem Zimmer. Bonita war in der Küche und rang die Hände. Sie trug einen schäbigen Männerbademantel. Das Haar hatte sie nach hinten zu einem Knoten gebunden und mit einem Schal bedeckt. Sie sah blasser aus als am Vormittag mit dem Staubsauger.
    Towle beugte sich über seine schwarze Tasche. Er ließ sie zuschnappen, richtete sich auf und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Als er mich sah, ging er in Positur und funkelte mich an, offenbar bereit, mir wieder eine Lektion zu erteilen. »Ich hoffe, Sie sind jetzt zufrieden«, sagte er. «
    »Kommen Sie mir nicht damit«, warnte ich ihn. »Nicht mit ›Ich hab’s doch gleich gesagt‹.«
    »Jetzt sehen Sie vielleicht, warum ich zögerte, mit dem Bewußtsein des Mädchens herumzupfuschen.«
    »Niemand hat hier mit irgend etwas herumgepfuscht.« Ich fühlte, wie sich die Spannung in meinem Inneren zusammenballte. Er war das Inbild aller heuchlerischen Autoritätsfiguren, die ich verachtete.
    Jetzt schüttelte er herablassend den Kopf.
    »Offenbar braucht Ihre Erinnerung eine Auffrischung.«
    »Offenbar sind Sie ein scheinheiliges Arschloch.«
    Die blauen Augen schleuderten Blitze. Er preßte die Lippen zusammen.
    »Was sagen Sie, wenn ich Sie vor den Disziplinarausschuß der staatlichen Gesundheitsbehörde zitiere?«
    »Tun Sie das, Doktor.«
    »Ich überlege es mir ernsthaft.« Dabei sah er aus wie ein kalvinischer Prediger, ganz ernst und verklemmt und selbstgerecht.
    »Tun Sie es, und ich freue mich schon auf eine Diskussion über die ordnungsgemäße Anwendung von Aufputschmitteln bei Kindern.«
    Er lächelte. »Einem Mann wie Ihnen wird es nicht gelingen, meinem Ruf als Arzt zu schaden.«
    »Das ist sicher.« Ich hatte die Hände zu Fäusten geballt. »Sie haben zweifellos eine Legion von loyalen Anhängern. Wie diese Frau da drinnen.« Ich zeigte auf die Küche. »Sie bringen ihre Kinder zu Ihnen, menschliche Wracks, und Sie, der große Zauberdoktor, pfuschen an ihnen herum, ohne sich allzu eingehend mit ihnen zu befassen, geben ihnen ein nettes Aufputschmittel und machen sie mit Hilfe der Chemie-Mittel zu Wesen, wie sie der Spezifikation entsprechen. Sie machen sie nett und ruhig und unterwürfig und gehorsam. Leicht benommene kleine Zombies. Sie sind mir ein verdammter Held!«
    »Ich brauche mir das nicht anzuhören.« Er machte eine Bewegung in Richtung auf die Tür.
    »Nein, das brauchen Sie nicht. Aber warum gehen Sie nicht hinein und sagen dieser Frau, was Sie in Wirklichkeit von ihr denken? In Ihren Augen ist sie- wie haben Sie gesagt? GBP, ganz beschissenes Protoplasma. Und, ja, schlechte Gene und beschränkt.« Er blieb abrupt stehen.
    »Ruhig, Alex.« Milo, von der Tür her, warnend.
    Bonita kam aus der Küche herüber.
    »Was ist hier los?« wollte sie wissen. Towle und ich standen einander gegenüber wie zwei Boxer nach dem Gong. Er änderte seine Haltung und lächelte sie charmant an. »Nichts, meine Liebe. Nur eine berufliche Diskussion. Doktor Delaware und ich haben

Weitere Kostenlose Bücher