Blackout
fünfhundert Dollar. Von da an war sie dem Instrumentenbau verfallen. Zwei Wochen später zog sie nach Los Angeles, wo wesentlich mehr Musiker lebten, ließ sich nieder und gründete die Werkstatt. Als ich sie kennenlernte, fertigte sie zwei Instrumente monatlich an und befaßte sich nebenher mit Reparaturen. Man hatte bereits Artikel über sie in Fachzeitschriften veröffentlicht, und sie war auf vier Monate im voraus ausgebucht. Aus dem Versuch, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, war eine ordentliche Existenz geworden.
Ich liebte sie wahrscheinlich seit dem Tag, als ich sie zum erstenmal sah, aber ich brauchte zwei Wochen, um mir darüber klarzuwerden.
Nach drei Monaten begannen wir darüber zu sprechen, ob wir zusammenziehen sollten, aber es kam nicht dazu. Nicht daß es philosophisch-geistige Hindernisse von der einen oder anderen Seite gegeben hätte, aber ihr Haus war zu klein für zwei, und in meinem Haus gab es keinen Platz für ihre Werkstatt. Es klingt unromantisch, wenn man sich durch so weltliche Dinge wie Wohnraum und Komfort an Gemeinsamkeiten hindern läßt, aber wir hatten es so gut miteinander, während wir zugleich unsere Privatsphäre behielten, daß der Anreiz, die Dinge zu ändern, fehlte. Oft blieb sie über Nacht bei mir, oft schlief ich bei ihr auf dem Loft. Und an manchen Abenden gingen wir unsere eigenen Wege.
Es war kein schlechtes Arrangement.
Ich trank einen Schluck Kaffee und schaute den Kuchen an.
»Bedien dich, Schatz.«
»Ich will nicht vor dem Essen essen.«
»Vielleicht gehen wir gar nicht mehr zum Essen aus.« Sie streichelte meinen Hals und Nacken. »Oh, was bist du wieder verspannt.« Jetzt begann sie meine Nackenmuskeln zu kneten. »So steif warst du schon lange nicht mehr.«
»Es gibt einen guten Grund dafür.« Und ich berichtete ihr von Milos Besuch am Vormittag, von seinem Mordfall, von Sarah und Dr. Towle.
Als ich fertig war, legte sie beide Hände auf meine Schultern. »Alex, willst du dich wirklich in so etwas einmischen?«
»Habe ich eine andere Wahl? Ich sehe die Augen dieses Mädchens im Schlaf vor mir. Sicher, ich war ein Trottel, daß ich mich da hineinziehen ließ, aber nun stecke ich drin.« Sie schaute mich an. Die Mundwinkel bewegten sich zu einem zarten Lächeln. »Du fällst wirklich auf alles rein. Aber du bist so lieb.«
Sie kraulte mich unterm Kinn. Ich drückte mich an sie und begrub mein Gesicht in ihrem Haar. Es roch nach Zitrone und Rosenholz.
»Ich liebe dich wirklich.«
»Ich liebe dich auch, Alex.«
Wir zogen uns aus, und als wir völlig nackt waren, hob ich sie hoch und trug sie auf meinen Armen über die Stufen, die hinauf in den Loft führten. Ich wollte keine Sekunde mehr von ihr getrennt sein und drückte meinen Mund auf den ihren, während ich mich auf sie legte. Sie kam mir entgegen, ihre Arme und Beine waren wie Ranken, wir stellten die Verbindung her, und ich war zu Hause.
8
Wir schliefen bis zehn Uhr abends, und als wir dann aufwachten, hatten wir beide einen Bärenhunger. Ich ging hinunter in die Küche und machte Sandwiches aus italienischer Salami und Schweizer Käse auf Roggenbrot, fand eine Karaffe mit Burgunder und brachte alles nach oben zu einem späten Souper im Bett. Wir gaben uns Knoblauchküsse, hatten Krümel auf dem Laken, umarmten uns, fielen wieder in Schlaf. Und wurden hochgeschreckt vom Klingeln des Telefons. Robin ging an den Apparat.
»Ja, Milo, er ist hier. Nein, macht nichts. Ich geb’ ihn dir.« Sie reichte mir den Hörer und vergrub sich unter die Decke. »Hallo, Milo. Wie spät ist es?«
»Drei Uhr morgens.«
Ich setzte mich auf und rieb mir die Augen. Das Stück Himmel, das ich durch das Oberlicht sehen konnte, war pechschwarz. »Was ist los?«
»Es ist wegen dem Kind - Sarah Quinn. Sie ist total ausgeflippt, ist schreiend aufgewacht. Bonita hat Towle verständigt, und der hat mich angerufen. Du sollst sofort hinkommen. Hört sich an, als ob er stocksauer wäre.«
»Der kann mich mal. Ich bin doch nicht sein Laufbursche.«
»Soll ich ihm das sagen? Er ist hier neben mir!«
»Bist du auch drüben? In ihrer Wohnung?«
»Na klar. Nicht Regen und nicht Sturm können einen Diener der Öffentlichkeit von seiner Pflicht abhalten und so weiter. Wir haben eine nette kleine Party hier: Der Doktor, Bonita und ich. Das Kind schläft. Der Doktor hat ihr irgendeine Spritze gegeben.«
»Typisch.«
»Das Kind hat seiner Mama alles von der Hypnose erzählt. Der Doktor will, daß du da bist, wenn sie
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