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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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lebendig verspeisen.«
    Wir fuhren ins Oomasa in Little Tokyo. Das Restaurant war voll besetzt, vorwiegend mit japanischen Gästen. Das war kein In-Lokal mit Lackschirm-Eleganz und gewachsten Pinientheken. Das Dekor zeigte rotes Lederol, Sessel mit steifen, hohen Lehnen und einfache weiße Wände, die lediglich ein paar Nikon-Reklamekalender zierten. Das einzige Zugeständnis an den Stil des Hauses war ein riesiges Aquarium, das man von der Sushi-Bar aus im Blick hatte und in dem sich phantastische Fische durch eisklares Wasser mit sprudelnden Bläschen bewegten. Sie atmeten und zuckten, Mutationen, die nur in der ausgesuchtesten Gefangenschaft überleben konnten, Produkte von vielhundertjähriger, sorgfältiger orientalischer Spielerei mit der Natur: Löwenköpfe mit Gesichtern, die von glänzenden, himbeerroten Auswüchsen fast verdeckt waren, glupsch-äuige, schwarze Muränen, Fische, die ihre Augen ständig zum Himmel drehten, ryukins, die so überladen waren mit Flossen, daß sie sich kaum bewegen konnten. Wir starrten sie an und tranken Chivas.
    »Dieses Mädchen«, sagte Milo. »Die mit ihr das Apartment geteilt hat. Ich hatte das Gefühl, daß sie mir helfen könnte. Daß sie etwas über den Lebensstil von Elaine wußte, vielleicht auch etwas über sie und Handler. Aber sie war wie zugenagelt, verdammt.«
    Er trank aus und winkte nach einem zweiten Drink. Er kam, und Milo kippte die Hälfte hinunter.
    Eine Kellnerin trippelte auf Geishafüßchen herbei und reichte uns heiße Handtücher. Wir wischten uns die Hände und das Gesicht ab. Ich fühlte, wie sich meine Poren öffneten, wie sie hungrig nach Luft schnappten.
    »Du müßtest doch eigentlich gut mit Lehrerinnen reden können, oder? Das hast du sicher oft genug getan, damals, als du dir das Leben noch auf anständige Weise verdient hast.«
    »Es gibt Lehrer, die die Psychologen hassen, Milo. Sie sehen uns als Dilettanten, die theoretische Perlen der Weisheit fallen lassen, während sie die Dreckarbeit leisten.«
    »Hm.« Der Rest des Whiskys verschwand. »Macht nichts, ich werde mit ihr reden. Wo finde ich sie?«
    »In derselben Schule, wo auch die Gutierrez gearbeitet hat. In West Los Angeles, nicht weit von dir.« Er schrieb die Adresse auf eine Papierserviette und gab sie mir. »Sie heißt Raquel Ochoa.« Er buchstabierte es, wobei seine Stimme schleppend wurde und er einzelne Buchstaben verschluckte. »Aber vergiß deinen Dienstausweis nicht.« Er gab mir einen Klaps auf den Rücken.
    Über uns war plötzlich ein schleifendes Geräusch zu vernehmen. Wir blickten auf und sahen den Sushi-Koch, der uns anlächelte und sein Messer wetzte.
    Wir bestellten. Der Fisch war frisch, der Reis nur ein wenig süß. Der wasabe, der grüne Meerrettich, reinigte meine Nasenhöhlen. Wir aßen schweigend vor einem Hintergrund von samisen-Musik und fremdem Geschnatter.

13
    Ich erwachte so steif wie gestärkt; ein kompletter Muskelkater hatte von mir Besitz ergriffen, Souvenir meines Tänzchens mit Jaroslav. Ich bekämpfte ihn dadurch, daß ich zwei Meilen den Canyon hinunterjoggte und wieder zurück. Danach übte ich Karatebewegungen auf der hinteren Terrasse, zum amüsierten Kommentar eines Spottdrosselpaars, das seinen Hauskrach lange genug unterbrach, um mich zu betrachten, und dann das ausstieß, was bei Vögeln unserem verächtlichen Schnauben entspricht.
    »Kommt mal runter, ihr süßen kleinen Vögelchen«, knurrte ich, »dann zeig’ ich euch, wer von uns der stärkere ist.« Sie antworteten mit fröhlichem Tschilpen.
    Der Tag drohte ein Lungenreißer zu werden; die schmierigen Finger der Luftverschmutzung reichten schon über die Berge und versuchten, den Himmel zu erwürgen. Meine Brust schmerzte in schöner Harmonie zu der Steifheit in meinen Gliedern, und gegen zehn entschloß ich mich, mit meiner Gymnastik in der sogenannten frischen Luft aufzuhören. Ich dachte mir, daß ich den Besuch in der Schule, wo Raquel Ochoa lehrte, am besten in der Mittagspause plante, in der Hoffnung, daß sie dann für mich Zeit hatte. Das gab mir noch genügend Spielraum für ein langes, heißes Bad, eine kalte Dusche und ein sorgfältiges zubereitetes Frühstück mit Rührei, Pilzen, Sauerteig-Toast, gegrillten Tomaten und Kaffee.
    Ich zog mich lässig an, eine dunkelbraune Hose, ein helles Kordsakko, ein kariertes Hemd und eine braune Strickkrawatte. Bevor ich losfuhr, wählte ich eine mir inzwischen vertraute Nummer. Bonita Quinn kam an den Apparat. »Ja?«
    »Mrs. Quinn,

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