Blackout - Kein Entrinnen
Wasseroberfläche eines Sees schwamm – ein Glück, dass der Monkey nichts Dummes von uns verlangte, wie zum Beispiel in den See zu fahren. In diesem Fall hätte ich mich nämlich geweigert und vermutlich eine Meuterei am Hals gehabt. Auf der Brücke sah Mahir plötzlich mit weit aufgerissenen Augen auf. »Shaun?«
»Was?«, fragte ich. »Werden wir verfolgt?«
»Nein. Die Anweisungen …« Er räusperte sich, sah wieder auf den Bildschirm und las vor: »›Schaltet euren Störsender ein, stellt ihn auf Kanal acht. Andernfalls bekommt ihr keine weiteren Anweisungen.‹ Wir haben doch keinen Störsender, oder?«
»Nun ja, das ist eine seltsame Geschichte … Hey, Becks!« Ich sah in den Rückspiegel. Sie wandte sich um, und unsere Blicke trafen sich im Spiegel. »Könntest du die Batterien wieder in den Störsender tun und ihn einschalten? Das Textadventure will uns ein bisschen aufmischen.«
»Wird gemacht, Boss«, rief Becks und legte ihre Pistole weg.
Ich hatte den Störsender nicht komplett schrotten wollen. Aber so exklusiv das Agora auch war, gewisse Dinge hätte es wohl doch nicht gern gesehen. Deshalb hatten wir uns schließlich darauf geeinigt, den Störsender nach offensichtlichen Wanzen abzusuchen und die Batterien herauszunehmen, bevor wir eincheckten. Nun war ich froh, dass wir es so gemacht hatten. Wenn der Monkey wusste, dass wir einen Störsender hatten, wäre er wahrscheinlich verärgert, wenn wir ihn geschrottet hätten.
»Dieser Typ hält sich wohl für den beschissenen Zauberer von Oz«, grummelte ich. »Ich mag es nicht, wenn ich ausspioniert werde.«
»We’re off to see the Wizard«, trällerte Maggie fröhlich.
»Bevor du anfängst, vor lauter Freude Leute umzubringen, interessiert es dich vielleicht zu erfahren, dass wieder ein paar Anweisungen eingetroffen sind«, sagte Mahir trocken. »Maggie, bitte reize ihn nicht. Er hat eine harte Woche hinter sich und ist bissig.«
»Spielverderber«, sagte Maggie.
»Danke«, sagte ich. »Wohin geht’s?«
»Am Ende der Brücke nach rechts«, teilte mir Mahir mit.
Danach wurde nicht mehr gescherzt. Welche Prüfungen auch immer wir hatten ablegen müssen, anscheinend hatten wir sie bestanden, denn die Anweisungen dirigierten uns ohne Umwege über eine Reihe immer schmaler werdender Straßen, bis wir eine Seitengasse voller Schlaglöcher in einem der ältesten Teile von Seattle entlangfuhren. Was für ein himmelweiter Gegensatz zum kultivierten Prunk des Agora und selbst zu den einigermaßen sauberen Straßen Berkeleys, in denen ich aufgewachsen war. In diesem Viertel war die Hälfte der Häuser bereits vor Jahren niedergebrannt und nie wieder aufgebaut worden. Der Rest der Gebäude war von jenen lächerlichen Zäunen umgeben, die unmittelbar nach dem Erwachen beliebt geworden waren, als sich die Leute panisch vor dem nächsten Angriff hatten schützen wollen.
»Es gibt noch immer Leute, die in solchen Gegenden wohnen?«, fragte Maggie. Ihre Heiterkeit war dahin. Mit geweiteten Augen starrte sie zum Fenster hinaus und sah gleichermaßen entsetzt und verblüfft aus.
Ich zuckte mit den Schultern. »Wo sollen sie denn hin?« Die Frage klang rhetorisch, aber sie war es nicht. In beinahe jeder Stadt gab es Viertel wie dieses, die trotz ihrer laxen Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen geduldet wurden, weil man nicht wusste, wohin mit den Leuten, die in diesen allmählich einstürzenden Bauten wohnten. Eines Tages würden sie alle abgerissen werden, doch bis dahin taten die Leute, was sie immer taten: Sie überlebten irgendwie.
»Nimm die nächste Einfahrt rechts«, sagte Mahir. »Oder um genauer zu sein, hier steht: ›Biegt beim Bus des Serienkillers rechts ab.‹«
»Meinst du den großen weißen, der so aussieht, als hätte man ihn einmal in Brand gesteckt?«
»Ist anzunehmen.«
»Achtung, Rechtskurve.« Ich beugte mich übers Lenkrad, während der Wagen holpernd eine Einfahrt hinunterfuhr, die in einem noch schlimmeren Zustand als die hiesigen Straßen war, und wir wurden durchgeschüttelt, dass mir schier die Eier um die Ohren flogen. Ich biss die Zähne zusammen, krampfte meine Hände ums Lenkrad und hielt am Ende der Sackgasse vor dem einzigen Haus an, das den Eindruck erweckte, dass es Leben enthalten könnte. »Und jetzt?«
»Ähm.« Mahir sah auf. »Jetzt sollen du und ich unsere Hände aufs Armaturenbrett legen, und Maggie und Becks sollen sie hinter den Kopf tun.«
»Was?«, fragte Becks.
»Das steht da … oh, wartet, da ist
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