Blackout - Kein Entrinnen
noch eine Zeile. ›Macht schon, sonst schießt Foxy, bis ihr ganz außerordentlich tot seid.‹« Er runzelte die Stirn. »Das klingt nicht nett.«
»Ja, und wehtun wird es auch«, meldete sich eine lebhafte Frauenstimme. Es klang, als käme sie aus Mahirs Tablet-Computer. Wir sahen uns erstaunt an. Das Tablet trällerte: »Hi! Seht doch mal nach vorn!«
Wir blickten durch die Windschutzscheibe.
Vor dem Wagen stand eine kleine, zierliche Frau. Sie reichte mir wahrscheinlich gerade bis zur Schulter. Doch das spielte keine Rolle. Das Sturmgewehr, das sie auf die Scheibe gerichtet hatte, machte ihre geringe Größe mehr als wett.
»Ah«, sagte Mahir. »Ich glaube, wir sind den richtigen Weg gefahren.«
»Oder wir haben die hiesige Klapsmühle ausfindig gemacht.« Ich legte die Hände aufs Armaturenbrett. »Macht alle, was sie sagt. Wir spielen das Spiel fürs Erste mit.«
»Gute Entscheidung«, zirpte es aus dem Tablet.
»Mason …«, sagte Becks.
»Beruhig dich einfach, okay? Sie wussten, dass wir kommen würden. Lasst uns das auf ihre Weise machen und abwarten, was dabei rauskommt.«
Einer nach dem anderen folgten sie meinem Befehl. Becks rührte sich als Letzte, legte mürrisch die Knarre weg und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Dabei funkelte sie mich im Rückspiegel die ganze Zeit über böse an.
Als wir die gewünschte Haltung eingenommen hatten, kam das Mädchen mit dem Gewehr halb gehend, halb laufend zu uns herüber und blieb vor der Fahrertür stehen. Durch ihre Brille strahlte sie uns mit großen blauen Augen an wie ein Kind, das vor dem Weihnachtsbaum steht. Ihrer Größe zum Trotz zerstörten ihre Haare jedoch jede Illusion von Kindlichkeit. Heutzutage haben die meisten Kinder gebleichtes Haar, ein Zeichen, dass ihre Eltern die Sicherheitsvorschriften einhalten. Das Haar dieses Mädchens war jedoch rot, beinahe orangefarben, nur ab einer gewissen Länge waren sie gebleicht, und die Spitzen waren schwarz wie das Ende eines Fuchsschwanzes.
Mit dem Gewehrlauf klopfte sie gegen das Fenster und bedeutete mir auszusteigen. Ich kam der Aufforderung nach, bewegte mich aber langsam, für den Fall, dass es sie stören sollte, dass ich mich überhaupt regte.
»Hi!«, sagte ich, als die Tür offen war. Sie nahm die rechte Hand kurz vom Gewehr, um sich hinters Ohr zu fassen. Vermutlich schaltete sie das Funksignal aus, mit dessen Hilfe sie über Mahirs Tablet hatte sprechen können. »Ich bin die Füchsin. Willkommen in der Hirnschale.«
»Äh«, sagte ich gedehnt. »Sehr erfreut?«
»Ach, das ist bestimmt gelogen«, sagte sie und versprühte noch immer eine an Verrücktheit grenzende gute Laune. »Warum kommt ihr nicht rein? Die Katze hat heute Morgen Brot gebacken, und ich glaube nicht, dass es vergiftet ist oder so was! Und lasst eure Knarren im Auto liegen, sonst muss ich euch nicht nur umlegen, sondern ich werde eure Leichen so durch die Mangel drehen, dass man nicht einmal mehr mit einer DNS-Analyse herausfinden kann, wer ihr wart.« Ein letztes Mal strahlte sie uns an, und ihre weißen Zähne blitzten, bevor sie den Pfad zum Windfang hinunterging. Dabei hielt sie das Gewehr die ganze Zeit über auf uns gerichtet. Erst an der Veranda wandte sie sich um, sprintete die Stufen hinauf und verschwand durch die offen stehende Tür.
»Na toll«, sagte Becks leise. »Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, wie wir unsere heutige Quote an total Bekloppten vollkriegen sollen.«
»Vielleicht reicht das heute sogar für den Rest des Monats.« Ich schnallte mich los und glitt aus dem Wagen. Als ich draußen stand, zog ich die Pistolen aus meinem Hosenbund und legte sie auf den Sitz. »Legt alle eure Waffen ab. Wir sind zu ihnen gekommen, also müssen wir uns nach ihren Regeln richten.«
»Ja, denn um in einer feindseligen Umgebung zu überleben, muss man die total Bekloppten die Regeln diktieren lassen.« Mahir brachte es fertig, beinahe amüsiert zu klingen, obwohl er die Miene verzog, als er seine Pistole aus dem Holster unter seinem Arm zog.
»Danke für das Vertrauensvotum«, sagte ich freundlich, und er hatte immerhin den Anstand, verlegen dreinzuschauen. Ich beugte mich durch die offen stehende Tür zu ihm und knuffte ihm in den Arm. »Mach dir keine Sorgen. Die Irren haben dieses Irrenhaus schon ein paar Jährchen am Laufen gehalten. Da passen wir bestens dazu.«
Becks musste sechs Schießwaffen ablegen, bevor sie aussteigen konnte, und ich war überzeugt, dass sie noch immer irgendwo ein paar
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