Blackout - Kein Entrinnen
Entfernungen. Nur die. Es ist eine Rechenaufgabe, eine ganz bösartige Rechenaufgabe. Man nehme fünf Blogger, teile sie in drei Gruppen und verteile sie über die Westküste der Vereinigten Staaten. Dann verhänge man Funkstille und löse die Apokalypse aus. Wenn nun Blogger A versucht, Blogger B zu erreichen, und dafür eine sichere DSL-Verbindung aus Labor X benutzt, wie lange dauert es dann, bis Blogger A einen vollständigen Nervenzusammenbruch erleidet?
Diese Frage stelle ich mir gerade.
Aus Auf die Kwong-Tour , dem Blog von Alaric Kwong,
1. August 2041. Unveröffentlicht.
ERHEBE DICH, SOLANGE DU KANNST.
Graffiti aus der Gefahrenzone Florida. Das Bild wurde unter
der Creative Commons Licence veröffentlicht.
22
»Da stimmt etwas nicht«, bemerkte Becks. »Hier gibt es zu wenig Überwachung.«
»Vielleicht passiert da gerade etwas.« Ich richtete den Großteil meiner Aufmerksamkeit auf mein Telefon. Ich scannte die Gegend nach Ortungsfrequenzen ab, die unsere Position verraten könnten. »Mahir? Wie sieht’s aus?«
»Der Verstärker sollte in ein paar Sekunden online sein.« Er lag rücklings auf dem Boden und befestigte das Gerät der Katze mit Magnethaken am Boden eines Servergestells. »Die ganze Sache erscheint mir immer noch komisch. Ich glaube, das ist die erste richtige Straftat, die ich für euch begangen habe.«
»Wir nehmen es in dein Arbeitszeugnis auf«, sagte Becks trocken.
»Jetzt haben wir’s.« Mahir schob sich unter dem Servergestell hervor, stand auf und klopfte sich den Staub von den noch immer tadellosen Hosen. »Das sollte reichen, bis sie es finden. Was sie nicht tun werden, wenn die Frau auch nur halb so gut ist, wie sie von sich glaubt.«
»Lass uns davon ausgehen, dass sie halb so gut wie Buffy ist, dann bekommt sie ein Jahr.« Ich nahm das Telefon herab. »In diesem Teil des Gebäudes rührt sich noch immer kein Sicherheitssystem. Entweder können wir unbehelligt verschwinden, oder sie haben uns einen Hinterhalt gelegt.«
Becks schnaubte. »Lass mich raten, was du als Nächstes sagen wirst. ›Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.‹«
»So ungefähr«, pflichtete ich ihr bei. »Lasst uns abhauen.«
Gerade als wir losgingen, wechselte das Licht über der Tür auf Gelb. »Es kam zu einem Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften«, verkündete eine ruhige Frauenstimme. »Bitte begeben Sie sich zum nächstgelegenen Labor und warten Sie auf weitere Anweisungen. Momentan werden keine Kontaminationsfälle bestätigt. Bitte begeben Sie sich zum nächstgelegenen Labor und warten Sie auf weitere Anweisungen. Bleiben Sie ruhig. Bitte begeben Sie sich zum nächstgelegenen Labor …«
Wir sahen uns gegenseitig an.
»Okay«, fragte ich. »Wer hat auf den Knopf gedrückt?«
Die Tür glitt auf. Wir sahen uns lieber gegenseitig an, als die Tür anzublicken.
»Ist das gut, schlecht oder katastrophal?«, fragte Mahir.
»Weiß nicht. Ist mir auch egal«, sagte Becks. »Vorwärts.«
Um den Serverraum zu finden, hatten wir uns tief ins Gebäude hineinwagen müssen und konnten nun nicht einfach zum nächsten Ausgang laufen. Ich bedeutete Becks durch ein Zeichen, sich als Erste hinauszutasten. Sie nickte, plötzlich wieder ganz bei ihrem Job, und verließ den Raum mit der Pistole auf Hüfthöhe. Ich winkte Mahir, dass er ihr folgen sollte, und ich bildete das Schlusslicht. Diese Vorgehensweise war nicht ganz so kaltblütig, wie man hätte meinen können. Becks war durchaus in der Lage, selbst zurechtzukommen, Mahir brauchte Deckung, und ich …
Ich war hier von allen am entbehrlichsten.
Wir arbeiteten uns durch die Korridore, versteckten uns, wann immer wir Schritte hörten, und mieden alle Räume, über deren Tür die Lampe rot leuchtete. Becks schlich jedes Mal als Erste um die Ecke und gab uns ein Zeichen, sobald sie sich vergewissert hatte, dass im nächsten Gang die Luft rein war. Ich blieb gerade lang genug zurück, um sicherzugehen, dass wir nicht verfolgt wurden. Wir kamen nur langsam voran, und es zerrte gewaltig an den Nerven. Im Grunde wäre mir ein Zombiemob lieber gewesen. Auf die hätte man wenigstens schießen können.
Schließlich standen wir alle an einer T-Kreuzung, an der links und rechts vollkommen identische Korridore abgingen. »Ich … ich kann mich nicht mehr erinnern, in welche Richtung wir hier müssen.« Becks klang panisch. »Ich weiß nicht, wo’s langgeht.«
»Du gehst da lang.« Ich zeigte nach links. »Ich geh in die andere Richtung.
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